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DIE EUROPÄISCHE ZENTRALBANK ERHÖHT ERNEUT DIE ZINSENSinnloser Zinsglaube

Nun hat die Europäische Zentralbank die Zinsen um 0,25 Prozent erhöht – mit der Begründung, die Inflationsrate im Euro-Raum liege mit 2,4 Prozent über der im Maastrichter Vertrag vereinbarten Obergrenze. Doch daran wird sich durch die Zinsanhebung wenig bis nichts ändern. Denn die Preissteigerungen sind nicht hausgemacht, sondern zum überwiegenden Teil importiert: Vor allem steigen die Preise für das Rohöl, die zudem in Dollar berechnet werden. Und alle Importe, die in starken Devisen bezahlt werden müssen, sind derzeit für die Käufer aus dem Euro-Raum teuer. Denn der Euro ist schwach und wird immer schwächer.

Hinter der Zinserhöhung steht also die eigentliche Absicht, der Euro-Schwäche beizukommen. Doch dem Euro ist durch eine Zinserhöhung nicht geholfen. Das müssten auch die Ratsmitglieder der Europäischen Zentralbank allmählich einsehen: Seit zehn Monaten schon setzen sie die Zinsen immer wieder hinauf – und trotzdem sinkt der Euro unbeeindruckt weiter.

Schade für die Europäische Zentralbank, aber der Wert des Euros richtet sich nicht nach ihren Wünschen, sondern nach Angebot und Nachfrage: Folglich ist der Euro schwach, weil keiner ihn will. Und je öfter er vergeblich starkgeredet wird, je öfter die Europäische Zentralbank die Zinsen hinaufsetzt und der Euro trotzdem nicht steigt, umso mehr schwindet das Vertrauen in die Währung und umso weniger werden die Anleger ihr Geld in Euro investieren. Wer einmal lügt . . .

Die jetzige Zinserhöhung ist aber nicht nur sinnlos, sie ist sogar unklug: denn höhere Zinsen machen Investitionen teurer, und damit riskiert die Europäische Zentralbank, den Wirtschaftsaufschwung wieder abzuwürgen. Das räumen nun sogar schon die Händler und Analysten ein, die bislang höhere Zinsen in der Euro-Zone gefordert haben, weil die höheren Zinsen in den USA den Dollar attraktiver als den Euro machten. Wenn jedoch das Wirtschaftswachstum gebremst wird, kostet das nicht nur Arbeitsplätze. Es führt auch dazu, dass noch mehr Geldanleger Europa den Rücken kehren.

Das Dümmste, was man zur Stärkung des Euro jetzt noch unternehmen kann, planen jedoch derzeit die Finanzminster Hans Eichel und Laurent Fabius: eine Werbetour zu den wichtigsten Finanzplätzen der Welt. Wenn es etwas gibt, was die Märkte nervös macht, dann sind es zwei Politiker, die durch die Welt ziehen und den Euro wie ein Produkt verkaufen wollen. Spätestens damit wird die Zinserhöhung der Europäischen Zentralbank vollends umsonst sein. KATHARINA KOUFEN

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