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DIE CDU MUSS BALD MEHR BIETEN ALS DEUTSCHNATIONALE FLOSKELNDas Band der patriotischen Sympathie

Es gibt kaum eine Gelegenheit, bei der CDU-Chefin Angela Merkel derzeit nicht wiederholt, wie gestört das Verhältnis der SPD zur Nation sei. Bei der Begründung ihrer forschen Attacke spielt Merkel bewusst den unschuldig naiven Ostbonus aus: Als frühere Bürgerin der DDR lasse sie sich eine solche Debatte nicht verbieten. Zumal doch die SED mit der 1974 geänderten DDR-Verfassung den Bezug zur deutschen Nation gestrichen habe.

Warum aber wiederholt Merkel ihre Attacken so penetrant? Weil die Planungen zum Wahlkampf begonnen haben. In den Parteizentralen wird nach einem griffigen Motto gesucht, das 2002 die Menschen mobilisieren soll. Schließlich sind die Zeiten unruhig, die Veränderungen in der Gesellschaft erheblich: Von Zuwanderung ist die Rede, von Globalisierung, von neuer Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt und dem Klonen von Tier und Mensch. Das schafft Ängste.

In der SPD-Zentrale im Berliner Willy-Brandt-Haus hat man daher schon das Stichwort von der „Sicherheit im Wandel“ ausgegeben. Das klingt heimelig und modern zugleich. Man ahnt auch schon, wer der große Steuermann sein wird, der das Schiff durch die stürmische See führt. Bei der CDU hingegen weiß man nur eines: Da sind die Ängste in der Bevölkerung und die eigenen vor einer erneuten Wahlniederlage. Wer aber die Union 2002 als Kandidat führen soll, das ist offen. Also greift man geschwind zum einigenden Band der konservativen politischen Wertschöpfung: eben zu Begriffen wie Nation, Vaterland, Patriotismus. Sie sind so diffus wie die Ängste, die man mit ihnen aufzufangen hofft. Das hat Methode. Indem man suggeriert, da gebe es etwas, das von Dauer ist, das allem Wandel widersteht.

Nur, ob sich die Partei mit dem nationalen Fundament, auf dem der Wandel sich vollziehen soll, einen Dienst erweist? Um Teile ihrer Wählerschaft zu sichern schon – doch was ist mit jenen, für die Vaterland und Nation nach einer Trutzburg mit schlecht durchlüfteten Zimmern klingt? Will die CDU 2002 nicht nur ihre Stammwähler erreichen, braucht sie ein modernes Gewand, muss sie mehr vermitteln können als nationalistische Ressentiments gegenüber den Sozialdemokraten.

Wer Begriffe einfach mal in den Raum wirft, wird sie irgendwann mit Inhalt aufladen müssen. Das kann mitunter gehörig schief gehen, wie die Unionsdebatte um die Leitkultur gezeigt hat. Bei Vaterland, Nation und Patriotismus wird es in Deutschland noch ungemütlicher. Der antidemokratische und antimodernistische Geist ist von jenen deutschen Vokabeln keineswegs so leicht zu trennen, wie es sich Merkel wohl vorstellt.

SEVERIN WEILAND

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