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DGB stellt Gutachten vorMehr Jobs, sinkende Löhne

Die Zahl der mies bezahlten Jobs steigt in Berlin, kritisiert der DGB. Schuld seien Leiharbeit und Minijobs.

Minijobs, Leiharbeit, Teilzeitarbeit - laut Deutschem Gewerkschaftsbund (DGB) arbeiten immer mehr Menschen in der Region in sogenannter atypischer Beschäftigung. Verbunden sei diese Entwicklung mit sinkenden Löhnen. "Viele Menschen können von ihrer Arbeit nicht mehr leben", sagte DGB-Bezirkschefin von Berlin und Brandenburg, Doro Zinke, am Mittwoch. Mehr als 1,1 Millionen Menschen müssten in beiden Bundesländern mit weniger als 1.100 Euro netto im Monat auskommen. Laut einem Gutachten, das der DGB am Mittwoch vorstellte, beziehen in der Hauptstadt rund 120.000 Beschäftigte zusätzlich zu ihrer Arbeit staatliche Sozialleistungen.

Die Anzahl der sogenannten Aufstocker sei damit innerhalb eines Jahres allein in Berlin um 3.500 Menschen gestiegen. Insgesamt sei in Berlin die Zahl der Minijobs, also der geringfügigen Beschäftigung, zwischen 2003 und 2011 von 140.000 auf 209.000 gestiegen. Betroffen ist laut DGB vor allem der Einzelhandel. Die Logik dahinter: "Eine Vollzeitstelle wird in mehrere Minijobs umgewandelt, um Sozialversicherung zu sparen. Damit ist auch die Altersarmut vorprogrammiert", so Zinke. Meist treffe das Frauen.

In der Metall- und Elektroindustrie gehe der Trend hin zur Leiharbeit und damit ebenfalls zu niedrigen Löhnen. Die Zahl der Leiharbeiter habe sich in Berlin laut DGB-Gutachten zwischen 2003 und 2009 mehr als verdoppelt. Dabei entwickle sich laut einer Umfrage der IG Metall die wirtschaftliche Lage in der Region positiv. Nur: Viele Arbeitnehmer hätten davon nichts. "Leiharbeit wird inzwischen fest im Betrieb eingeplant, die Bezahlung liegt dabei bis zu 50 Prozent unter den Tariflöhnen", sagte IG-Metall-Bezirkschef Olivier Höbel. Zwar gebe es eine EU-Richtlinie zur Leiharbeit, die besagt, dass Leiharbeiter unter den gleichen Bedingungen arbeiten müssten wie die Festangestellten, in der Realität sehe das oft anders aus.

Häufig würden Mitarbeiter entlassen, die dann wieder über eine Leiharbeitsfirma eingestellt werden sollen. Michael Walter, Chef der Ver.di-Fachgruppe Luftverkehr, schildert den Fall der Flughafenfirma Globeground Berlin (GGB): Noch im vergangenen Sommer streikten die Beschäftigten und forderten gleiche Löhne für ihre Kollegen bei der Tochtergesellschaft Ground Service Berlin (GSI). Die beiden Parteien einigten sich, rund 500 Mitarbeiter der GSI wurden in den regulären Tarifvertrag der GGB aufgenommen, so Walter. Doch nur bis Herbst: "Die befristeten Verträge von 300 Mitarbeitern wurden nicht verlängert", so der Ver.di-Experte. Stattdessen habe eine Leiharbeitsfirma den ehemals Beschäftigten neue Verträge angeboten - zu schlechteren Bedingungen.

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