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DFB-Frauen vor Spiel gegen SchottlandVerändernde Kraft in der Zentrale

Auch gegen Schottland setzt Bundestrainer Christian Wück voll auf Linda Dallmann. Lange war die begnadete Fußballerin im DFB-Team nur Ersatz.

Mit Übersicht am Ball: Linda Dallmann in der Partie gegen Österreich im Februar Foto: imago

Berlin taz | Die Geschichte mit den ausgefahrenen Ellbogen hat Linda Dallmann schon oft erzählt. Wer mit sechs Geschwistern, darunter vier Brüdern, aufwächst, der muss sich ein gewisses Durchsetzungsvermögen aneignen. Zumal die deutsche Nationalspielerin auch nur 1,58 Meter misst. Nun ist Körpergröße kein Qualitätsmerkmal im Fußball, doch in Dallmanns Umfeld kam immer mal wieder der Verdacht auf, diese Spielerin werde gerade bei den DFB-Frauen vielleicht übersehen.

Die 30-jährige Mittelfeldspielerin gilt bis heute als eine der besten Technikerinnen im Land

Erst unter Bundestrainer Christian Wück ist die Offensivallrounderin, die bei der SGS Essen zur Bundesligaspielerin wurde und 2019 zum FC Bayern wechselte, eine feste Größe. Für das Nations-League-Duell der deutschen Nationalelf gegen Schottland in Dundee (Freitag 20.35 Uhr/ZDF) ist Dallmann eingeplant. „Linda hat bewiesen – egal, ob sie von Anfang an spielt oder eingewechselt wird –, dass sie die Art des Spiels verändert. Sie merkt, dass sie ein fester Bestandteil ist“, sagte Wück auf der Abschlusspressekonferenz.

Über fehlende Anerkennung aus der Vergangenheit wollte die neben ihm sitzende Dallmann nicht klagen. „Man darf seine Wertschätzung nicht immer darüber definieren, ob man beginnt oder nicht. Das habe ich über meine Zeit gelernt, dass beide Rollen Vor- und Nachteile haben.“ Die 30-Jährige gilt bis heute als eine der besten Technikerinnen im Land. Ihre Dribblings und Drehungen könnten helfen, um eine „sehr robuste Mannschaft, die kompakt steht“ (Dallmann über die Schottinnen) auseinanderzureißen.

Hinzu kommt, dass Laura Freigang hinter den Spitzen bislang nicht überzeugt hatte. Auch wenn Wück betonte, dass er „über zwei unterschiedliche Spielertypen“ auf dieser Position sehr froh sei. Dallmann hat gerade erst Ende Februar in Nürnberg gegen Österreich (4:1) nach ihrer Einwechslung die entscheidende Besserung gebracht. Die zentrale Rolle ist für sie wie maßgeschneidert.

Verpasste Weltmeisterschaft

Mit ihren 65 DFB-Einsätzen hat sie zwar hinter der jetzt ausfallenden Sara Däbritz (106) und Lea Schüller (71) die meisten Länderspiele bestritten, aber gesetzt war sie selten. Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg bevorzugte gerne die athletische Komponente. Bei der Vize-Europameisterschaft 2022 kam Dallmann zwar in allen sechs Partien zum Einsatz, aber fünf Mal davon als Einwechselspielerin. Nur im bedeutungslosen letzten Gruppenspiel gegen Finnland (3:0) durfte sie starten, wo sie prompt von Milton Keynes die Auszeichnung zur Spielerin des Spiels entgegennahm. Die WM 2023 in Australien, die das Ende der Amtszeit von Voss-Tecklenburg bedeutete, verpasste Dallmann wegen eines Syndesmoserisses im Sprunggelenk.

Dass die DFB-Auswahl mit Blick auf die EM in der Schweiz (2. bis 27. Juli) nicht mehr konkurrenzfähig sein könnte, nur weil sich der FC Bayern (gegen Olympique Lyon) und VfL Wolfsburg (gegen den FC Barcelona) mit klaren Klatschen aus der Champions League verabschiedet haben, damit soll ihr niemand kommen. Der Sieg gegen England zur Wück-Premie­re in Wembley sei doch das beste Gegenargument. Dallmann sagt: „Wir haben das gemacht, worauf solche Gegner wenig Bock haben: alle zusammen verteidigt, was Deutschland über Jahre stark gemacht hat.“

Das Nationalteam sei noch immer ein Ort, wo die Spielerinnen „viel Energie und Feuer“ mitbrächten, betonte Dallmann. Ihr Versprechen: „Wir können mit jeder Nation mithalten.“ Was übrigens auch ihre beiden jüngeren Schwestern, Jule und Pauline, genau verfolgen, die derzeit für den Regionalligisten VfR Warbeyen kicken. Für eine Profikarriere, verriet Linda Dallmann grinsend, kämen beide indes nicht mehr infrage. Sie müssten gerade eher sehen, ob sie noch mal den Verein wechseln sollten, um Fußball und Beruf besser unter einen Hut zu bekommen.

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