DAS NEUE GESETZ ZUR TEILZEITARBEIT WIRD WENIG BEWIRKEN: Das Recht zum Wünschen
Es gibt Gesetze, die kommen zu spät. Und es gibt Gesetze, durch die sich wenig verändern wird. Beides gilt bei dem neuen Gesetzentwurf für einen Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit. Auch wenn das keiner im Hause von Sozialminister Walter Riester (SPD) zugeben will: Durch diesen Entwurf wird sich kaum etwas bewegen lassen in der Wirtschaft. Denn Arbeitszeitkonzepte sind durch einen Gesetzentwurf nicht zu ändern, sie sind abhängig von Unternehmens- und Familienkulturen.
Riesters Idee an sich leuchtet ein: Beschäftigte sollen künftig einen Rechtsanspruch auf Teilzeit haben. Noch vor sechs Jahren, als der damalige Sozialminister Norbert Blüm (CDU) für seine Teilzeitkampagne warb, hätte so ein Gesetzentwurf als Revolution gegolten. Teilzeit galt damals als künftiges Wundermittel: Damit sollte die Arbeitslosigkeit verringert und die Aufteilung von Familien- und Erwerbsarbeit zwischen Männern und Frauen neu gestaltet werden. Es hat bisher kaum geklappt. 38 Prozent der Frauen arbeiten Teilzeit, aber nur 5 Prozent der Männer. Und das wird so bleiben.
Längst haben Studien ergeben, dass gerade viele jüngere Männer mit kleinen Kindern mehr ackern, mehr Geld verdienen und keinesfalls beruflich kürzer treten wollen. Zu groß ist bei den meisten die Angst davor, zurückzufallen in der Hetzjagd nach Ehre und Geld. Psychologen vertreten inzwischen die These, dass es für viele Männer nicht attraktiv sei, erstens als Teilzeiter im Beruf hintenan zu stehen und zweitens auch zu Hause nur die zweite Geige zu spielen. Der vernichtende Begriff „Teilzeitmann“ hätte rechtzeitig warnen müssen: Wer will das schon sein?
Die Männer werden also leider einen Rechtsanspruch auf Teilzeit kaum nützen, doch was ist mit den Frauen? 40 Prozent der vollzeitbeschäftigten Frauen würden ihre Arbeitszeit gerne verringern, so ergab eine Studie des Wirtschaftsinstituts DIW. Aber hier kommt es auf die Details an.
Es stimmt nämlich nicht, dass Mitarbeiter künftig jede gewünschte Wochenarbeitszeit durchsetzen können. Befürchtungen des Einzelhandels in dieser Richtung sind übertrieben. Laut Gesetzentwurf kann ein Arbeitnehmer nur „verlangen“, dass seine Wochenarbeitszeit „verringert wird“, und „erklären“, wie er sich die neue Arbeitszeit vorstellt. Der Arbeitgeber kann dem Teilzeitwunsch widersprechen, wenn „betriebliche Gründe“ entgegenstehen. Wohlgemerkt: Der Teilzeitwunsch kann aus unternehmerischen Gründen versagt werden und müsste dann vom Mitarbeiter eingeklagt werden. Keinesfalls dürfen die Beschäftigten die genaue Lage der Arbeitsstunden nach eigenem Gutdünken bestimmen. Genau das aber wäre attraktiv für Mütter: ein Arbeitszeitmodell durchzusetzen, das ihnen erlaubt, schon am frühen Nachmittag zu ihren Schulkindern nach Hause zu gehen. Eine solch sinnvolle Regelung wird nicht möglich sein mit Riesters geplantem Gesetz.
Die Teilzeitwünsche der Mitarbeiter umzusetzen bleibt also eine Frage der Unternehmenskultur. Einen Entwurf, der den Beschäftigten noch mehr Rechte eingeräumt hätte, könnte auch Riester niemals durchsetzen. BARBARA DRIBBUSCH
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