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DARA hat bisher kaum am Space-Cocktail geschlürft

■ Nach einem Jahr ist die „Deutsche Luft- und Raumfahrtagentur“ noch nicht voll funktionsfähig / Chef räumt Kompetenzschwächen ein

Hamburg (dpa) - Es war ein ganz persönliches Anliegen des bayerischen Ministerpräsidenten, Hobbyfliegers und Airbus -Aufsichtsratsvorsitzenden Franz Josef Strauß, die deutschen Raumfahrtaktivitäten zu zentralisieren. Ihm schwebte gar ein eigenes Ministerium vor. Entstanden ist schließlich - nach seinem Tode - die DARA, die Deutsche Agentur für Raumfahrtangelegenheiten GmbH - eine Zentrale, die unter anderem auch vom Bonner Forschungsminister Heinz Riesenhuber engagiert gefördert wurde. Vor einem Jahr nahm die Agentur mit zunächst sieben Mitarbeitern ihre Arbeit auf. 1991 soll die Aufbauphase abgeschlossen sein.

Strauß wollte sich wohl über eine derartige neue Einrichtung - vorbei an der Deutschen Forschungs- und Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt (DLR) - Einfluß auf den zukunftsträchtigen Technologiebereich Raumfahrt sichern. Dabei durfte er auch ein anderes seiner Steckenpferde, den Münchener Luftfahrt-Konzern Messerschmitt-Bölkow-Blohm, im Blick gehabt haben. DARA-Generaldirektor wurde denn auch Wolfgang Wild, zuvor Wissenschaftsminister in der bayerischen Staatsregierung. Ein anderer CSU-Politiker, Erich Riedl, Parlamentarischer Staatssekretär im Bonner Wirtschaftsministerium, ist Koordinator der Bundesregierung für Luft- und Raumfahrt.

Mit hohen Erwartungen belegt (Riesenhuber: „Wir erwarten von DARA sehr viel“), soll die neue Zentrale die Brücken schlagen zwischen Regierung und Raumfahrt-Industrie einerseits sowie zwischen Regierung und europäischer Weltraumbehörde ESA andererseits. Auf diese Weise soll die deutsche Position im internationalen Raumfahrt-Reigen gestärkt und für die heimische Industrie bei der Vergabe von Aufträgen bei internationalen Projekten eine größere Ernte eingefahren werden.

Ein Jahr nach Aufnahme der Arbeit am 17.Juli 1989 ist die DARA jedoch noch nicht richtig in Gang gekommen. Per Gesetz wurden ihr inzwischen hoheitliche Aufgaben im Bereich der Raumfahrt übertragen. Die Agentur bekommt unmittelbar über einen Staatssekretärausschuß und einen Kabinettsausschuß politische Vorgaben gesetzt. DLR und Bonner Ministerien vor allem Forschungs- und Postministerium - müssen Verantwortung abgeben. Im Hause von Christian Schwarz -Schilling machte man bisher jedoch keinerlei Anstalten, Management und Vergabe eigener Raumfahrtprojekte aus den Händen zu geben.

Nach anfänglichen Kompetenzrangeleien zwischen DLR und DARA zeigt die Kölner Forschungsanstalt mittlerweile zwar ihren guten Willen.

Doch die Personalpolitik der DARA im ersten Jahr lähmte offenbar beide Einrichtungen. Politische Vorgabe war, im flexiblen Austausch mit der Industrie hochqualifiziertes Forschungs- und Management-Personal in die DARA zu locken. Doch die Gehälter des mittleren Managements der DARA konnten die Forscher und Manager aus der Industrie nicht zur Agentur bewegen. Aus der Not heraus gab die DARA inzwischen den Mitarbeitern der DLR-Projektträgerschaft, die sie zuvor noch verschmäht hatte, Übernahmegarantien.

Nach wie vor in der Schußlinie der Kritiker ist DARA-Chef Wild. Ihm werden Kompetenzschwächen vorgehalten, die der Wissenschaftler - Wild ist Physiker - durchaus selbst einräumte. Zudem sind Kenner der Raumfahrtszene weiterhin skeptisch, ob Wild der Mann ist, der der deutschen Industrie in der Auseinandersetzung vor allem mit den Franzosen einen angemessenen Teil vom internationalen Raumfahrt-Kuchen abschneiden kann. Zugleich wird kritisiert, daß über die Daimler-Tochter Deutsche Aerospace (DASA) die Anstrengungen der DARA nach der Fusion von Daimler-Benz und MBB fast ausschließlich einem Konzern zufließen würden.

Die Ziele sind hoch gesteckt, doch wird die Zentralisierung der deutschen Raumfahrtaktivitäten durch Eifersüchteleien zwischen den Ministerien erheblich verzögert.

Bisher erhielt die DARA nur vom Forschungsressort konkrete Aufträge. Zudem meinen Fachleute, daß die Personalvorgabe von 300 Mitarbeitern etwa um die Hälfte aufgestockt werden müßte, wenn die gewünschte Effektivität erreicht werden solle. Dies bedeute aber auch ein erheblichen größeren finanziellen Rahmen.

Für das Jahr 1990 sind 22,7 Millionen Mark Eigenmittel veranschlagt. Für die Tätigkeit der DARA in der nationalen und internationalen Raumfahrt will das Forschungsressort bis zum Jahr 2000 insgesamt an die 30 Milliarden Mark bereitstellen.

Indessen werden Bedenken des Rechnungshofes gegen die Personalpolitik der Agentur laut. Die Gehälter zwischen leitenden und mittleren Management klafften zu weit auseinander.

Der Alltag in der neuen Raumfahrtzentrale hat also nur ein Jahr gebraucht, um die Höhenflieger in Bonn - insbesondere im Forschungsministerium - wieder auf den Boden zu holen.

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