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Cyberangriff auf IT-DienstleisterZahlreiche Firmen lahmgelegt

Eine weitreichende Cyberattacke auf einen US-Dienstleister betrifft zahlreiche Firmen. In Schweden müssen Filialen einer Supermarktkette schließen.

Eine Attacke im Mai hatte Teile der US-Treibstoff-Versorgung lahmgelegt Foto: reuters/Yuri Gripas

San Francisco afp | Ein Cyberangriff auf die IT-Firma Kaseya aus den USA könnte Experten zufolge mehr als tausend Unternehmen getroffen haben. Die Software von Kaseya sei durch eine Erpressungs-Software manipuliert worden, „um mehr als tausend Unternehmen zu verschlüsseln“, teilte die auf Cybersicherheit spezialisierte Beratungsfirma Huntress Labs am Samstag mit. Betroffen war unter anderem die schwedische Supermarktkette Coop, die wegen nicht funktionierender Kassen vorübergehend 800 Filialen schließen musste.

Die Cyberattacke ereignete sich vor dem Wochenende, an dem in den USA der Unabhängigkeitstag gefeiert wird. Das IT-Unternehmen Kaseya hatte am Freitag die Cyberattacke bestätigt und versichert, der Angriff sei eingedämmt worden, so dass nur ein „sehr kleiner Prozentsatz“ der Kunden betroffen sei, die das sogenannte VSA-Netzwerk von Kaseya nutzten. Dies seien „schätzungsweise weniger als 40 weltweit“.

Bei Angriffen mit Ransomware sperren oder verschlüsseln Hacker die Computersysteme ihrer Opfer, um von den Nutzern Lösegeld (auf Englisch Ransom) für die Freigabe zu erpressen.

Kaseya ist nach eigenen Angaben ein führender Anbieter für Informationstechnologie und IT-Sicherheit für kleine und mittlere Unternehmen. Über die VSA-Software können Unternehmen all ihre Computer und Drucker von einem einzigen Arbeitsplatz aus steuern. Der US-Firmensitz von Kaseya befindet sich in Florida, das internationale Hauptquartier in Irland.

„Wir sind dabei, mit einem hohen Maß an Vorsicht die eigentliche Ursache für den Vorfall zu untersuchen“, erklärte Kaseya zunächst in einem Forum des Onlinedienstes Reddit. Die Firma forderte ihre Kunden auf, sofort ihren sogenannten VSA-Server abzuschalten, „bis Sie von uns weitere Informationen erhalten“. Die US-Behörde für Cybersicherheit (CISA) teilte ebenfalls mit, dass sie den Vorfall untersuche.

Schon zuvor wurden mehrere US-Unternehmen gehackt

Coop Schweden erklärte am Samstag, einer seiner Subunternehmer sei „Ziel eines digitalen Angriffs, und deshalb funktionieren unsere Kassen nicht mehr“. Der Konzern hoffe, das Problem schnell in den Griff zu bekommen und die Filialen wieder öffnen zu können.

Die Supermarktkette gab keine weiteren Details zu der Cyberattacke bekannt. Coop Schweden nannte weder den Namen des betroffenen Subunternehmens noch die Methode, mit der das Unternehmen gehackt wurde. Die schwedische Tochtergesellschaft des Softwarekonzerns Visma teilte jedoch mit, das Problem stehe im Zusammenhang mit einem größeren Cyberangriff auf das IT-Unternehmen Kaseya am Freitag.

Zuletzt war es mehrfach zu Cyberangriffen auf US-Unternehmen gekommen. Im Mai waren die Colonial-Ölpipeline in den USA und die US-Tochter des weltgrößten Fleischproduzenten JBS Opfer von Cyberangriffen mit Ransomware geworden. Voriges Jahr hatten sich Hacker über Software des amerikanischen IT-Unternehmens SolarWinds Zugang zu den Systemen von Ministerien, Behörden und Unternehmen verschafft. Auch Krankenhäuser in Irland waren jüngst betroffen.

Nach Einschätzung des Computer-Notfallteams der neuseeländischen Regierung steckte hinter der Cyberattacke auf Kaseya eine Hackergruppe namens REvil. Laut der US-Bundespolizei FBI war REvil auch verantwortlich für den Cyberangriff auf JBS.

Der UN-Sicherheitsrat hielt diese Woche erstmals eine Sitzung zum Thema Cybersicherheit und die wachsende Gefahr für die Infrastruktur von Ländern durch Hackerangriffe ab.

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5 Kommentare

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  • Und in Schweden ist grade das Äquivalent zum Edeka-Konzern stillgelegt. Bargeld ist dort beinahe abgeschafft, also muss man ganze Ortschaften für ein paar Tage ohne Versorgung lassen bis der Angriff abgewehrt ist.



    www.wionews.com/wo...cyberattack-395556

  • War das schön mit unserem Tante Emma Laden im Dorf...

  • Ursache No1 ist Ignoraz und Ursache No2 ist Gier.

    - Die Ignoranz mit denen die Entscheider die Einwände ihrer hauseigenen IT hinwegwischen weil i'ein sündhaft teurer Consulter unablässig "blahblah" macht um seinen Krempel zu verticken.

    - Die Gier hinter den Entscheidungen billigste 08/15 - Dienstleistungen einzukaufen.

    Der Firmenwagen kann kaum teuer genug sein, die Büropaläste kaum genug in der Sonne glitzern ... aber die Technik (von der letztlich das ganze Unternehmen abhängt) muss je nach aktueller Windrichtung entweder maximal billig sein oder maximal namhaft. Niemals aber maximal tauglich oder gar maximal sicher.

    Und das Blahblah man hätte mit den Dienstleistern entsprechende wasserdichte Verträge ist nätürlich Augenwischerei.

    Denn wenn deine IT hinüber ist bist du kaputt und kannst noch nichtmal den Vorschuß für einen Anwalt bezahlen der deine Dienstleister verklagt. (Was ja ohnehin kaum Aussicht auf Erfolg hat)

  • Schönes Beispiel, wie mangelnde Nachhaltigkeit nicht nur ökologische Systeme gefährden kann. Vereinigungen wie der CCC warnen seit X Jahren vor der Unsicherheit und mangelnden Vertrauenswürdigkeit von digitaler Infrastruktur, die auch immer wichtiger wird, aber man macht es lieber erst mal billig und fahrlässig.

    Und die Lücken und Einfallstore sind immer wieder die Gleichen. Erinnert sich noch jemand an Maersk? Das war vor vier Jahren: en.wikipedia.org/w...tya_malware_attack

    Die Ausfälle in Schweden, die einen überraschend großen Teil der alltäglichen Lebensmittelversorgung betreffen, zeigen sehr gut, wie weitreichend die Folgen sein können, in Schweden wird ja fast nur noch auf bargeldlose Zahlung gesetzt.

    Ich selbst verfolge die Diskussion mittlerweile seit über zwei Jahrzehnten, und genau so lange benutze ich fast ausschließlich Open Source Software wie Debian/GNU Linux, bei der es mit Sicherheit und Vertrauenswürdigkeit von Systemen schon erheblich besser aussieht.

    Meine Fazit ist, dass so ein einmal aufgesetztes System heute auch voll anfängertauglich und im privaten Bereich praktisch wartungsfrei ist. Und Firmen wie Sixt zeigen auch sehr schön, dass Open Source und Linux auch in Unternehmen problemlos einsetzbar und sicher ist.

    • @jox:

      Loben sie Linux doch bitte nicht so sehr - besser wenn die "Normaluser" draußen bleiben.

      Sonst lohnen sich für die bösen Bunken irgenwann auch Angriffe auf die diversen Linuxderivate ...