Crowdfunding: Filmfinanzierung per Serviettenskizze
Do-it-yourself-Medienmacher sammeln immer öfter Spenden für ihre Projekte. "Crowdfunding" funktioniert über die Identifikation mit Ideen. Viel Geld lässt sich damit nicht machen.
Sie hatten eine Idee. Und ein paar Tage später hatten sie Geld.
"Wir schrieben die Idee spät in der Nacht auf die Rückseite einer Serviette", sagt die britische Filmproduzentin Lizzie Gillett. Sie brauchte Geld für die Entwicklung ihres Dokumentarfilms "The Age of Stupid" (crudemovie.net), der die Auswirkungen globaler Erwärmung auf das Leben von fünf Menschen rund um den Globus erkundet. Kurz darauf hatten sie und Regisseurin Franny Armstrong 38.000 Pfund (53.000 Euro) dafür beschafft.
Die Idee: Crowdfunding. So nennt man es, wenn Leute Geld zusammenlegen, um einen großen Topf zu schaffen - eine Idee, die immer mehr Do-it-yourself-Medienmacher, chronisch knapp bei Kasse, umtreibt. "Wir luden eine Menge Leute ein und präsentierten die Idee", sagt Gillett. Und die investierten dann, sagt sie - "vor allem, weil sie an den Film glaubten". Gillett and Armstrong sammeln immer noch. Mehr als 325.000 von 475.000 notwendigen Pfund (430.000 von 630.000 Euro) haben sie aufgetrieben. Im Februar wollen sie bei der Preview eines Rohschnitts weitere Geldgeber gewinnen. Aber klar ist schon jetzt: Sie hatten Erfolg. Und das ist kein Einzelfall.
Der US-amerikanische Filmemacher Robert Greenwald hat einmal 250.000 US-Dollar in zehn Tagen beschafft, als er 2006 seinen Film "Iraq for Sale" (iraqforsale.org) durch Crowdfunding finanzieren wollte. Gegenleistung: Alle Spender wurden im Abspann erwähnt - es wurde einer der längsten Abspänne der Filmgeschichte.
Crowdfunding funktioniert über die Identifikation mit Ideen: ein regierungskritischer Film? Es gibt viele Leute, die glauben, er müsse gemacht werden. Ein Film über den Klimawandel? Da gilt dasselbe. Man müsse das Publikum identifizieren, "das bei der Finanzierung helfen könnte", sagt Gillett. "Wir wollen das Medium Film nutzen, um Menschen zum Handeln zu bewegen." Der Erfolg sei dann nicht etwa die Finanzierung des Projekts, sondern die Möglichkeit, mit Unterstützung von Tausenden von Menschen eine politische Plattform zu schaffen.
Filmemacher sind nicht die Einzigen, die sich via Crowdfunding finanzieren. Software-Entwickler, Popbands und sogar Politiker benutzen das Internet und sich darüber bildende Netzwerke, um an Geld zu kommen: Webseiten der kreativen Industrie wie Sellaband.com haben mit ähnlichen Modellen Bands ins öffentliche Bewusstsein gehievt, und Howard Dean hat einst 60 Prozent seiner 50 Millionen Dollar dicken Wahlkampfkasse von kleinen Spendern aufbringen können - viele davon gewann er via Internet.
Dr. Söoren Auer, Wissenschaftler am Computer- und Informationsfachbereich der Universität Pennsylvania, sieht nur ein Problem: "Die Idee könnte zweckentfremdet oder missbraucht werden", sagt er. Er leitet selbst ein - crowdfunded - Projekt zur Entwicklung von Software. Crowdfunding funktioniere, sagt er, wenn man "keinen großen Profit erzielen, sondern einem Bedürfnis gerecht werden" wolle - dem Bedürfnis der Geldgeber. Schwieriger werde es, wenn es um die Finanzierung eines Films gehe: Da könne man vorher als Spender nicht wissen, "ob man am Ende bekommt, womit man gerechnet hat".
Filmproduzentin Lizzie Gillett dagegen sieht in Crowdfunding ein Zukunftsmodell. Als Beispiel dafür nennt sie das letzte Album der Band Radiohead - das ohne ein großes Plattenlabel aufgenommen und zunächst als Download herausgegeben wurde, für die Fans mit Spenden bezahlten. Ihr eigenes Filmprojekt sei schuldenfrei, daher müsse sie keinen Vertrag mit einem Verleiher erkämpfen. "So können wir ihn unabhängig verkaufen", sagt sie - und sämtliche Profite würden dann "unter denen verteilt, die daran mitgearbeitet und ihn finanziert haben". Crowdfunding, sagt Gillett, sei ein wirkungsvolles Werkzeug für Akteure in den unabhängigen Medien. Nicht nur finanziell seien die dann unabhängig - sondern eben auch inhaltlich.
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