: Crash statt Cash am Schalter
In Rumänien brechen derzeit zahlreiche Geldinstitute wegen Zahlungsunfähigkeit zusammen. Sparer randalieren. Präsident sieht nationale Sicherheit bedroht
BERLIN taz ■ Rumäniens Finanzsystem ist in einer schweren Krise. Nachdem mehrere Banken und Investmentfonds Zahlungen eingestellt haben, herrscht Panik. In allen Städten belagern Sparer und Anleger Geldinstitute. Zwischen ihnen und der Polizei kam es in den vergangenen Tagen mehrfach zu schweren Konflikten, so am Mittwoch in Bukarest. Staatschef Constantinescu sieht in der Finanzkrise eine „Bedrohung der nationalen Sicherheit“.
In Rumänien sind in den vergangenen Jahren mehrfach Staats- und Privatbanken oder Investmentfonds zusammengebrochen. Die derzeitige Krise ist jedoch die schwerste seit dem Sturz Ceaușescu 1989. Die Lawine kam ins Rollen, als im Mai der private „Nationale Fonds für Investitionen“ (FNI) zusammenbrach. Der FNI beherrschte den größten Teil des rumänischen Aktienmarktes und hatte etwa 300.000 Anleger, denen er bis zu 200 Prozent Zinsen versprach.
Anfang dieser Woche stellte auch die private „Rumänische Volksbank“ (BPR) ihre Zahlungen ein. Betroffen sind etwa 130.000 Menschen. Die BPR ist seit 1999 groß im Geschäft; hinter ihr soll der ehemalige Geheimdienstchef Magureanu stehen. Zahlungsunfähig ist seit Mai auch die „Internationale Bank der Religionen“ (BIR), die Gelder aus dem kolumbianischen Drogen- und dem russischen Waffenschmuggel gewaschen haben soll. Bereits im vergangenen Jahr war die Außenhandelsbank „Bancorex“, die damals größte Bank, zusammengebrochen.
Einen Run erlebte vor zehn Tagen auch die „Rumänische Handelsbank“ (BCR), die derzeit größte Bank. Der Ansturm setzte ein, nachdem Tausenden von BCR-Kunden anonym per Telefon geraten worden war, ihre Konten aufzulösen, da die Bank zusammenbrechen werde. Die Kunden beruhigten sich erst, nachdem Staatschef Constantinescu versichert hatte, die BCR habe keine Zahlungsprobleme.
Hinter dem Kollaps steckt nicht nur Missmanagement. Zahlreiche Finanzjongleure waren früher Securitate-Offiziere und mit Geldwäsche, Schmuggel und Technologiediebstahl aus dem Westen betraut. Als Manager von Geldinstituten unterschlugen oder wuschen sie nach 1989 Millionen. Das war leicht: Investmentfonds und Volksbanken sind bei der Bankenaufsicht nicht, Handelsbanken nur teilweise rechenschaftspflichtig.
In die Finanzkrise könnten auch Staat und Regierung verwickelt sein. So hielten die staatliche Sparkasse „CEC“ und die der Regierung unterstellte Behörde für Kreditrückzahlung (AVAB) bis zu 20 Prozent Anteile an dem zusammengebrochenen Investmentfonds FNI.
Inzwischen sitzen wegen des Bankenkrachs die Mitglieder der staatlichen Wertpapier-Aufsichtsbehörde (CNVM) sowie der ehemalige CEC-Chef Camenco Petrovici in Haft. Nach der FNI-Managerin Ioana Maria Vlas wird im Ausland gefahndet.
KENO VERSECK
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen