Countdown für den SPD-Abgeordneten Hillenberg: Der Ost-Punk steht auf Sozen-Clash
Am Dienstag soll Ralf Hillenberg die SPD-Fraktion freiwillig verlassen. Oder ihm droht der Rausschmiss wegen der Howoge-Affäre. Der Abgeordnete aber ziert sich. Zum Rücktritt zwingen kann ihn seine Partei nicht.
In seinem groovigen Wahlkampfsong hatte Hillenberg sich so vorgestellt: "Ich bin Ossi, Anfang 40 / mein Job ist auf dem Bau / wo ich den Leuten auf das Maul / und und in die Augen schau." Doch derzeit geht er jedem Augenkontakt aus dem Weg. An diesem Dienstag tagt die SPD-Fraktion und entscheidet über Hillenbergs Zukunft. Er ist im Vorfeld abgetaucht, geht auch nicht an sein Handy.
Dieser Tag wird der bisherige Höhepunkt in der Howoge-Affäre. Hillenbergs Planungsbüro hatte mehrere Aufträge der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Howoge angenommen, die zuvor nicht öffentlich ausgeschrieben worden waren. Die Ausschreibung ist gesetzlich vorgeschrieben, damit der Auftraggeber das beste Angebot auswählen kann, damit alle Unternehmen gleichberechtigt sind undKorruption vermieden wird. Die Howoge-Geschäftsführer, zwei SPD-Mitglieder, mussten wegen des Gesetzesbruchs bereits gehen. Hillenberg, der Profiteur des Geschäftes, sitzt weiterhin im Abgeordnetenhaus.
An diesem Dienstag will die SPD Hillenberg auf ihrer Fraktionssitzung dazu bewegen, das Mandat niederzulegen. Der Landes- und Fraktionsvorsitzende Michael Müller verstärkte am Montag den Druck: "Ich glaube, dass die Diskussion auch Eindruck hinterlassen wird und dass er selbst zu dem Ergebnis kommt, dass es so nicht weitergeht", sagte er auf Radio Eins.
Das Problem ist: Die SPD kann Hillenberg nicht zwingen. Ein Abgeordneter darf sein Mandat über die gesamte Wahlperiode behalten. Diese Unabhängigkeit ist auch notwendig - sonst könnte man ja jeden rauswerfen, der gegen die Mehrheit stimmt. Hillenberg muss offenbar auch nicht die Justiz fürchten: Es ist zwar moralisch verwerflich, sich am Gesetz vorbei Aufträge zuschanzen zu lassen, aber es erfüllt nach Ansicht der Staatsanwaltschaft keinen Straftatbestand.
Warum sollte Hillenberg sein Mandat also aufgeben? Sein Ruf ist so oder so ruiniert, die SPD wird ihn so oder so nie wieder für das Parlament aufstellen - aber wenn er jetzt im Abgeordnetenhaus bleibt, dann bekommt er wenigstens noch die anderthalb Jahre bis zur nächsten Wahl Bezüge von monatlich 3.233 Euro brutto. Hillenberg hat bisher auch noch keine Einsicht erkennen lassen. Im Gegenteil: Er habe die Aufträge eben besser und billiger ausgeführt als andere, erklärte er.
Doch nur dann, wenn Hillenberg auch sein Mandat niederlegt, kann jemand anders von der SPD-Liste nachrücken. Wenn die SPD dagegen Hillenberg nur aus der Fraktion ausschließt, er aber sein Mandat behält, dann schrumpft die Mehrheit der rot-roten Koalition von zwei Stimmen auf nur noch eine Stimme. Trotzdem scheint die SPD entschlossen, Hillenberg aus der Fraktion zu schmeißen. "Auch mit einer Stimme Mehrheit kann man regieren", kündigt SPD-Chef Müller bereits an.
Alternativ könnte die Partei auch einen gut dotierten Versorgungsposten finden, auf den sie Hillenberg abschiebt. Dieser Weg, der manchmal zur Entsorgung von Problemfällen eingeschlagen wird, dürfte hier allerdings nicht funktionieren: Zu hoch ist das öffentliche Interesse an dem Vorgang. Dabei wäre ja sogar ein passender Posten frei: Die Howoge sucht nach einer neuen Geschäftsführung.
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