Porträt über Ralf Hillenberg: Der Unberechenbare

Ralf Hillenberg war immer einer, der nach oben wollte. Und der keine Rücksicht nahm. Weder auf das Vergaberecht noch auf seine SPD. Nun hat er eines seiner ehemaligen Ziele erreicht: Rot-Rot steht auf der Kippe.

Ralf Hillenberg bleibt sich treu. Bis zuletzt lässt er seine Genossen im Unklaren. Legt er sein Mandat nieder und macht Platz für einen Nachrücker auf der SPD-Landesliste? Oder verlässt er die SPD-Fraktion, behält aber sein Abgeordnetenhausmandat? Rot-Rot im Landesparlament wäre dann auf die denkbar knappste Mehrheit von einer Stimme zusammengeschrumpft.

Unberechenbar war Hillenberg schon immer, auch für seine Genossen. Als es 2001 zum Bruch der großen Koalition kam und der damalige SPD-Landeschef und Bausenator Peter Strieder das rot-rote Bündnis schmiedete, gab es zwei Meuterer.

Einer von ihnen war Ralf Hillenberg. Zuerst wehrte er sich gegen Walter Momper als Präsidenten des Abgeordnetenhauses, dann spielte er öffentlich mit dem Gedanken, der Wahl des rot-roten Senats die Stimme zu verweigern. Tatsächlich fiel Strieder bei der Wahl am 18. Januar im ersten Wahlgang durch. Hinterher beteuerte Hillenberg pflichtgemäß seine Unschuld.

Dass der 1956 in Berlin geborene Hillenberg kein Freund eines rot-roten Bündnisses war, lag nicht nur an seiner Zugehörigkeit zum rechten Parteiflügel. Wie sein Kollege Thorsten Hilse machte er sich auch zum Fürsprecher des oppositionellen Ostens in der Berliner SPD. Hillenberg selbst lässt auf seiner Homepage wissen, dass er im Herbst 1989 sowohl den Aufruf des Neuen Forums unterzeichnet habe als auch eines der ersten Mitglieder der Ost-SPD geworden sei.

Beruflich stand der hochgewachsene Mann mit dem markanten Gesicht damals bereits mit beiden Beinen im Leben. Bauhelfer, Zimmermannslehrling, Fernstudium an der TU Dresden, Bauleiter bei der Ingenieurhochbau Berlin: Da hat sich einer hochgearbeitet und war mächtig stolz. "Ein ungewöhnlich eigenwilliger, aber doch typischer Lebens- und Bildungsweg in der DDR", meint er selbst dazu.

1994 machte sich Hillenberg selbstständig, da war er schon drei Jahre Mitglied des Abgeordnetenhauses. Einem, der immer mehr will, genügte auch das nicht. Um in den Bundestag zu kommen, komponierte Hillenberg einen Rap. Die letzten beiden Strophen gehen so:

Ralf Hillenberg, SPD? (na klar), das ist o.k. / Er ackert auf dem Bau / und schaut dem Volk aufs Maul / Ich hab die Schnauze voll / Und mach mich jetzt ans Werk / Ich geh zur Wahl / Und wähle Hillenberg.

Das mit dem Aufstieg in den Bundestag hat nicht geklappt, wohl aber der zum Unternehmer. 1997 sprach ihn der damalige Geschäftsführer der Howoge, Eckart Baum, an, den Hillenberg noch als ehemaligen SPD-Baustadtrat kannte. Baum übertrug ihm ein erstes Sanierungsvorhaben.

Inzwischen hat Hillenberg 12.000 Wohnungen in Berlin saniert, etwa die Hälfte davon für die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft. 25 Prozent seines Umsatzes kämen von der Howoge, erklärte Hillenberg freimütig in einem Interview mit der Berliner Zeitung. Seine lapidare Begründung: "Man kennt sich eben." Dass dabei auch Aufträge ohne Wettbewerb vergeben würden, ficht Hillenberg nicht an. Sein Argument: Er saniere weitaus billiger als die Konkurrenz.

Nach vier Jahren Unterbrechung ist Hillenberg seit 1999 wieder Mitglied des Abgeordnetenhauses. Dabei hat er sich, nicht nur wegen seines Protests gegen Rot-Rot, nicht viele Freunde gemacht. Bei der SPD-Fraktionsklausur im Januar in Eisenach unterbrach er einen Gastvortrag des Mietervereinschefs und warf per Beamer Berechnungen zur energetischen Sanierung von Plattenbauten auf die Leinwand. "Eine Brüskierung des Gastes", raunte ein Genosse. "Unmöglich", meinte ein anderer.

Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Christian Gaebler, der bis zuletzt seine schützende Hand über den Genossen hielt, meint: "Er ist relativ forsch und hält auch mit Dingen, die er erreicht hat, nicht hinter dem Berg. Das geht einigen Leuten auf die Nerven."

Nun ist der SPD die Geduld gerissen. Nachdem der Senat aufgrund eines Prüfberichts des Aufsichtsrates am Dienstag die beiden Geschäftsführer der Howoge entlassen hatte, wuchs auch der Druck auf Hillenberg. Zuerst forderte ihn der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) auf, Konsequenzen zu ziehen, später auch der Fraktionsvorstand der SPD.

Am Freitag schließlich verdichteten sich die Gerüchte, dass SPD-Fraktions- und -Landeschef Michael Müller Hillenberg ein Ultimatum gestellt habe. Entweder er lege bis Dienstag sein Mandat nieder oder aber er werde am gleichen Tag aus der SPD-Fraktion ausgeschlossen. Michael Müller dazu wörtlich: "Man kann mit einer Stimme regieren."

Schwierig wird es trotzdem. Acht Jahre nach der Wahl des rot-roten Senats hätte Ralf Hillenberg wenigstens eines seiner Ziele erreicht: Rot-Rot steht wieder auf der Kippe.

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