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Costa RicaJa zur Freihandelszone

Costa Rica ist das einzige Land, das die Entscheidung über den Beitritt zum Freihandelsvertrag CAFTA seiner Bevölkerung überlassen hat. Und die stimmt dafür. Warum nur?

Knappe Mehrheit: 51,6% stimmten für das Wirtschaftsabkommen mit den USA. Bild: reuters

MEXIKO-STADT taz Costa Ricas Globalisierungskritiker sind enttäuscht: Das mittelamerikanische Land wird sich dem Freihandelsvertrag CAFTA anschließen. Mit einer knappen Mehrheit setzten sich am Sonntag in einem Referendum die Befürworter des Wirtschaftsabkommens mit den USA durch. In der bislang ersten Volksabstimmung in Costa Rica votierten 51,6 Prozent der Beteiligten für die Ratifizierung des Vertrages, 48,4 Prozent waren dagegen. Freihandelsgegner kündigten an, die abgegebenen Stimmzettel genau zu prüfen. Sie erkannten das Ergebnis zunächst nicht an und wollten einen "Betrug" nicht ausschließen.

Costa Rica hat als einziges Land den 2004 ausgehandelten Vertrag noch nicht ratifiziert. Anders als in den weiteren Unterzeichnerstaaten Guatemala, El Salvador, Honduras, Nicaragua und Dominikanische Republik entschied dort die Bevölkerung darüber, ob das Land künftig seine Grenzen für einen liberalisierten Handel öffnen soll. Soziale Bewegungen, Gewerkschaften, Studenten und mittelständische Unternehmer machten gegen das Abkommen mobil. Sie befürchten, dass durch die Aufhebung von Zöllen US-Billigprodukte den Markt überschwemmen und die Wirtschaft Costa Ricas zerstören. Zudem kritisieren sie geplante Privatisierungen staatlicher Betriebe sowie eine zunehmende Abhängigkeit vom "US-amerikanischen Neoliberalismus".

Noch vor wenigen Tagen versprachen Umfragen den CAFTA-Gegnern eine Mehrheit von bis zu zwölf Prozent. Eine Woche vor dem Referendum gingen über 100.000 Menschen gegen den Freihandelsvertrag auf die Straße. Zudem sorgte eine an die Öffentlichkeit geratene Mail an den sozialdemokratischen Präsidenten Oscar Arías dafür, dass die Befürworter in die Kritik gerieten. Dort hatten Parteifreunde des CAFTA-Befürworters vorgeschlagen, mit einer Angstkampagne gegen die Opposition mobil zu machen. Beispielsweise sollte Bürgermeistern mit der Streichung staatlicher Geldern gedroht werden, wenn sich in ihrem Regierungsbezirk das "Nein" durchsetzt. Der Skandal sorgte dafür, dass einer der Verfasser, Vizepräsident Kevin Casas, zurücktreten musste.

Dass die Unterstützer des Abkommens dennoch gewinnen konnten, führten die CAFTA-Gegner in ersten Stellungnahmen darauf zurück, dass die Regierung massiv von den großen Medien unterstützt worden sei. So wurden die Aktivisten regelmäßig mit Venezuelas Präsident Hugo Chávez oder Kubas Staatschef Fidel Castro in Verbindung gebracht. Wenige Tage vor dem Referendum machte auch Washington Druck. Sollte CAFTA in dieser Form abgelehnt werden, sei man zu keinen Neuverhandlungen bereit, ließ die US-Regierung wissen. Zudem werde man ein Abkommen streichen, das Costa Rica bislang günstigere Handelsbedingungen mit den USA einräumt.

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