Coronatests für Urlaubsreisende: Schnelltests sind nicht für alle

Seit dem Beherbergungsverbot stöhnen Ärzte über schummelnde Patienten. Erste Schnelltests kommen erst ab Mitte Oktober. Und nicht für jeden.

Ein Mann mit Schutzkleidung zeigt ein Teststäbchen.

Ein Arzt demonstriert am Flughafen Dresden einen Coronatest Foto: Robert Michael/dpa

BERLIN taz | Mit der Wahrheit nehmen es viele Menschen nicht mehr so genau – jedenfalls nicht, wenn sie dringend und unentgeltlich ein negatives Coronatestergebnis brauchen, um in Urlaub fahren zu können. „Das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient wird schon ziemlich gestört, die Leute lügen einen direkt an“, klagt ein Allgemeinarzt aus Berlin, „wir werden überrannt von den Urlaubsreisenden.“

In der Praxis des Arztes, der wegen des heiklen Themas nicht mit Namen in der Zeitung erscheinen will, klagen die PatientInnen über Husten, Schnupfen, überhaupt ein allgemeines Krankheitsgefühl. Das könnte doch Corona sein! Für Leute mit Symptomen werden die Coronatests von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen.

Ansonsten müssen Menschen, die etwa in Urlaub fahren wollen und dafür ein negatives Testergebnis brauchen, die Untersuchung beim Arzt selbst bezahlen. Grund genug für manche, in der Praxis trockenen Husten vorzutäuschen und damit Geld zu sparen. „Die Beschwerden werden dann zeitlich abgestimmt vorgebracht, zwei Tage vor Abreise in den Urlaub“, seufzt der Allgemeinmediziner.

In Berlin kosten selbst bezahlte Tests beim Arzt zwischen 120 und 160 Euro. Offenbar gibt es regionale Preisunterschiede: In Niedersachsen koste ein selbst bezahlter Test zwischen 60 und 80 Euro, so der Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen, Uwe Köster.

Ergebnis nach 30 Minuten

Der Standardtest bei den Ärzten ist ein sogenannter PCR-Test (Polymerase-Kettenreaktion). Dabei wird ein Abstrich im Nasenrachen beziehungsweise Rachen genommen und ins Labor geschickt. Die Zeit zwischen Probenentnahme und Ergebnismitteilung kann ein bis zwei Tage betragen.

Sehr viel Hoffnung setzt man daher in die neuen Antigen-Schnelltests. Hier wird ebenfalls ein Abstrich im Rachen genommen. Das Teststäbchen wird in einem Extraktionspuffer gelöst, anschließend werden drei Tropfen auf den Reagenzträger gegeben. Das Ergebnis ist nach 15 bis 30 Minuten abzulesen.

Der Pharmakonzern Roche hat den Sars-CoV-2 Rapid Antigen Test bereits in den Handel gegeben. Das Medizinprodukt sei „in der Apothekensoftware gelistet“, sagt Christian Splett, stellvertretender Sprecher der Bundesvereinigung der Apothekerverbände (ABDA) der taz. Damit kann das Produkt an Ärzte, aber nicht an Laien abgegeben werden.

Die Antigenschnelltests gelten allerdings als nicht so zuverlässig wie die PCR-Verfahren. In einer auf dem Wissenschaftsserver medrxiv veröffentlichten deutschen Studie stellten die ForscherInnen fest, dass die Antigentests von vier Infizierten jeweils einen Infizierten nicht erkennen.

Unsicher und ungeklärt

Bisher nutzen Hausärzte den Antigentest in der Praxis noch nicht, weil es noch keine Abrechnungsmöglichkeit bei den gesetzlichen Kassen dafür gibt. Am 15. Oktober soll eine neue Testverordnung des Bundesgesundheitsministeriums in Kraft treten. „Dann werden wir uns mit den Kassen einigen, wie der Test abgerechnet wird“, sagt Roland Stahl, Sprecher der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV).

Die Kosten für den Antigenschnelltest sollen allerdings nur in bestimmten Fällen von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen werden. Auf der Website des Bundesgesundheitsministeriums heißt es, vor allem Pflegeheime und Krankenhäuser sollen den Test nutzen, um Personal, Besucher, Patienten und Bewohner regelmäßig auf das Coronavirus testen zu können. NormalbürgerInnen, die in Urlaub fahren wollen, müssten das Schnellverfahren beim Arzt selbst bezahlen.

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