Coronapandemie in Deutschland: Maskenpflicht auf Berliner Märkten
Mit fast 7000 Neuinfektionen bleibt die Situation kritisch. Das komplette Ruhrgebiet gilt nun als Riskikogebiet. Berlin und Brandenburg verschärfen die Regeln.
Expert:innen zufolge sind die neu gemeldeten Infektionen wegen der Zeit zwischen Ansteckung, Test, Ergebnis und Meldung ein Hinweis darauf, wie stark das Virus vor etwa einer Woche in der Gesellschaft unterwegs war. Deshalb dauere es auch, bis sich politische Maßnahmen in den Meldezahlen niederschlagen könnten.
Die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion lag demnach bei 9.836. Das waren 47 mehr als am Vortag. Die Reproduktionszahl, kurz R-Wert, lag in Deutschland laut RKI-Lagebericht vom Montag bei 1,35 (Vortag: 1,44). Das bedeutet, dass zehn Infizierte im Mittel 13 bis 14 weitere Menschen anstecken. Der R-Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen etwa eineinhalb Wochen zuvor ab.
Zudem gibt das RKI in seinem Lagebericht ein sogenanntes Sieben-Tage-R an. Der Wert bezieht sich auf einen längeren Zeitraum und unterliegt daher weniger tagesaktuellen Schwankungen. Nach RKI-Schätzungen liegt dieser Wert nun bei 1,25 (Vortag: 1,35). Er zeigt das Infektionsgeschehen von vor 8 bis 16 Tagen.
Corona-App in der Kritik
Wegen der steigenden Zahlen sollen die Menschen in Berlin verstärkt eine Maske tragen. Der Senat beschloss am Dienstag nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur eine Maskenpflicht für Bereiche, in denen ein Mindestabstand von 1,5 Meter nicht einzuhalten sei. Das betrifft Wochenmärkte, besonders belebte Einkaufsstraßen, Shoppingmalls und Warteschlangen.
Auch in Brandenburg gelten in Regionen mit hohen Infektionszahlen künftig schärfere Begrenzungen. Dies kündigte Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) am Dienstag nach der Kabinettssitzung in Potsdam an. Beschlossen wurde vom Kabinett, dass ab 35 neuen Infektionen je 100 000 Einwohner innerhalb einer Woche nur bis zu 25 Menschen in öffentlichen Räumen und 15 Menschen zuhause privat feiern dürfen. Für Kneipen, Restaurants und Gaststätten gilt ein Ausschankverbot für Alkohol von 23 Uhr bis 6 Uhr.
Ab einem Wert von 50 dürfen sich in den betroffenen Regionen nach den Beschlüssen nur noch bis zu zehn Menschen in der Öffentlichkeit treffen. Für Feiern sollen die Obergrenzen auf zehn Menschen in öffentlichen Räumen und zehn von bis zu zwei Haushalten in Privaträumen sinken. Auf belebten öffentlichen Plätzen und in Einkaufszentren können Kommunen eine Maskenpflicht erlassen.
Warn-App sollte Kontaktzeitpunkt melden
Seit Dienstagmorgen gilt auch das gesamte Ruhrgebiet als Risikogebiet. Laut Robert Koch-Institut ist auch die Stadt Oberhausen mit 52,7 über die wichtige Coronakennzahl von 50 gekommen. Auf einer Karte des RKI zieht sich ein durchgehender roter Streifen von Aachen bis Bielefeld. Die Städteregion Aachen, Solingen, Gelsenkirchen und Herne sind sogar dunkelrot markiert – sie liegen über dem Wert von 100 Neuinfizierten pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen. Die Stadt Köln liegt mit dem Wert 97,8 noch knapp unter der 100. Allerdings nahm die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz in der Domstadt von Montag auf Dienstag um 22,4 Punkte stark zu.
Politiker:innen mehrerer Parteien haben angesichts der steigenden Corona-Infektionszahlen eine Aufrüstung der Corona-Warn-App mit zusätzlichen Funktionen gefordert. Es sei nicht akzeptabel, dass nur 60 Prozent der positiv getesteten Nutzer ihren Befund der App melden, sagte SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Dienstagsausgabe). Bislang müssen Nutzer mit einem positiven Befund aktiv zustimmen, damit ihre Risikokontakte über die App informiert werden.
Nach aktuellen Regierungsangaben ist die Corona-Warn-App inzwischen 19,6 Millionen Mal heruntergeladen worden. In 1,8 Millionen Fällen sind Testergebnisse über die App übermittelt worden. Derzeit werden rund 500 Infektionen pro Tag von Nutzern in der App gemeldet und mögliche Kontaktpersonen informiert. Die Nutzung der Corona-Warn-App ist ebenso freiwillig wie die Information über einen positiven Befund.
Die parlamentarische Geschäftsführerin der FDP-Fraktion Bettina Stark-Watzinger sagte dem Redaktionsnetzwerk: „Sobald das Gesundheitsamt mit einem Betroffenen in Kontakt ist, sollte es dabei helfen, wenn die Eintragung zum Beispiel an technischen Fragen scheitert.“ Dass die App dem User zusätzliche Informationen wie den Kontaktzeitpunkt meldet, hält sie unter Beachtung des Datenschutzes für sinnvoll, um eine eigene Gefahrenabschätzung vorzunehmen.
Anke Domscheit-Berg, netzpolitische Sprecherin der Linksfraktion, sagte dem Redaktionsnetzwerk hingegen: „Eine genaue Angabe von Ort und Zeitpunkt des Risikokontaktes halte ich für nicht vereinbar mit den hohen Ansprüchen an den Datenschutz.“ Dieser sei aber einer der Gründe, warum die App in Deutschland im Vergleich zum Ausland überdurchschnittlich häufig genutzt werde.
Karin Maag (CDU), gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, betonte dem Bericht zufolge: „Wir müssen deutlich machen, was für ein zentraler Baustein die Warn-App ist, um die Pandemie einzudämmen und sich und andere Menschen vor einer Infektion zu schützen.“ Bei der Entwicklung sei sichergestellt worden, dass sie hohen Datenschutzanforderungen entspreche.
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