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Coronakrise in DeutschlandKein Grund zur Entwarnung

Das Wachstum bei der Zahl der Neuinfektionen verlangsamt sich. Die Zahl der Toten und die der Intensivpatient*innen nimmt aber weiter stark zu.

Am Limit: Derzeit gibt es einen Rückstau von rund 100.000 Corona-Tests Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa

Berlin taz | Die Zahl der neu gemeldeten Coronafälle in Deutschland hat am Donnerstag mit knapp 20.000 einen neuen Rekordwert erreicht. Zugleich zeichnet sich aber immer stärker ab, dass sich das Wachstum der täglichen Neuinfektionen mit dem Coronavirus im Vergleich zu den Vorwochen verlangsamt hat: Der 7-Tage-Mittelwert lag mit 16.650 am Donnerstag nur gut 30 Prozent höher als eine Woche zuvor. Vor einer Woche war der Anstieg mit 75 Prozent mehr als doppelt so steil.

Ein Grund zur Entwarnung ist das aber noch keineswegs – denn um die Lage wieder in den Griff zu bekommen, muss die Zahl der täglichen Neuinfektionen natürlich nicht nur langsamer steigen, sondern sinken.

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Dass sie das bereits tun könnte, scheint ein weiterer wichtiger Indikator nahezulegen, der sogenannte R-Wert. Er gibt an, wie viele weitere Menschen ein Infizierter im Schnitt ansteckt. Wenn er unter 1 liegt, sollte die Zahl der neuen Fälle etwa zwei Wochen zuvor gesunken sein – und seit zwei Tagen meldet das Robert-Koch-Institut (RKI) einen R-Wert von unter 1.

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Allerdings sind Zweifel angebracht, ob diese Angabe korrekt ist. In den letzten Wochen ist der R-Wert im Nachhinein nämlich oft deutlich nach oben korrigiert worden. Zu den Ursachen macht das RKI auf Anfrage keine Angaben. Es liegt aber nahe, dass die Ursache eine stärkere Verzögerung bei der Meldung neuer Infektionen ist.

Die liegt zum einen an einer Überlastung der Labore, die die Coronatests durchführen: In der vergangenen Woche wurde die Kapazität von 1,6 Millionen Tests erstmals komplett ausgeschöpft, es gibt sogar einen Rückstau von rund 100.000 Tests. Testergebnisse, die zuvor meist am nächsten Tag vorlagen, werden darum derzeit mit mehreren Tagen Verzögerung mitgeteilt. Zudem sind viele Gesundheitsämter mit der stark gestiegenen Fallzahl überlastet, sodass es auch dort zu mehr Verzögerungen kommen dürfte, bis die Fälle weitergeleitet werden.

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Im Zusammenhang mit den Testengpässen gibt es auch Kritik daran, dass weiterhin mehrere 1.000 Tests pro Woche für den Bundesliga-Betrieb durchgeführt werden. Dass Pflegebedürftige auf Tests warten müssen, „damit die Bundesliga läuft“, sei nicht hinnehmbar, erklärte Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz.

Noch keine Verlangsamung des Anstiegs zu beobachten ist bei der Zahl der Coronapatient*innen, die auf Intensivstationen behandelt werden müssen: Sie verdoppelt sich weiterhin alle 10 Tage und lag am Mittwoch bei 2.653. Bleibt es bei dieser Wachstumsrate, sind die Intensivstationen spätestens in einem Monat überfüllt.

Auch die Zahl der Menschen, die im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion sterben, steigt weiterhin exponentiell. Im 7-Tage-Mittel gibt es derzeit 94 Coronatote am Tag, das sind fast doppelt so viele wie vor einer Woche.

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7 Kommentare

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  • 1G
    15797 (Profil gelöscht)

    Die hier genannten Probleme sind leider nicht wirklich neu. Test und Lagerkapazitäten sind mit Ausnahme einiger weniger Länder weltweit Mangelware und die Situation wird sich nicht durch unsinniges Testen verbessern . Fussball Profis vor Risikogruppen in Pflegeheimen und Testen von Urlaubern ... sagt schon alles.



    Offensichtlich hat nach 10 Monaten Covid nicht den Ernst der Lage begriffen und noch viel weniger der Verbesserung der gesamten Lieferkette getan.



    Wenn dann zB 2000 Soldaten 75% der Kontaktketten nachverfolgen sollen/können, dann waren damit rein rechnerisch kaum 666 Beamte in gesamt Deutschland beschäftigt und jetzt schon muessen Tiermediziner an den menschlichen Tests ran muessen. Alles pfeift schon aus dem letzten Loch



    So wird das nie werden, nicht mal, wenn es jemals Impfstoffe gegen Covid geben wird.

    • @15797 (Profil gelöscht):

      Sehe ich ähnlich. Ich hab das Gefühl, dass im Westen längst aufgegeben wurde, das Virus zu besiegen, eingeknickt vor einer Ideologie des kurzfristigen wirtschaftlichen Wachstums, ohne das diskursive Werkzeug, den einfachen Zusammenhang Menschenleben vs. Profite zu bearbeiten. Wir opfern buchstäblich unsere Alten und Kranken für das schnelle Geld, und leben gut und gerne mit dem durch diese systemimmanente Logik produzierten Widerspruch, dass genau das langfristig auch unsere Wirtschaft deutlich mehr kostet.

  • Was mich mal interessieren würde, ob angesichts knapper Tests auch hier pooled testing gemacht wird, wie in Ghana entwickelt und hier sehr gut beschrieben: medium.com/indica/...ghana-b77ca29192a7



    Würde irgendwie nahe liegen, aber habe dazu noch nirgends was gelesen.

    • 1G
      15797 (Profil gelöscht)
      @Lurkus:

      Bei uns in Vietnam wurden/werden die auch gemacht - aber unter anderen Vorbedingungen und mit anderer Zielsetzung. Vietnam is Covid-frei, da gibt/gab es einiger solcher Test, um mögliche Risiko Gebiete wie Märkte, Flughäfen, Malls, Schulen ... zu erkennen. Sind daher naturgemäß hier im Moment nicht wirklich sinnvoll

    • 1G
      15797 (Profil gelöscht)
      @Lurkus:

      Dazu hat der Prof Drosten schon mehrfach was in den Podcasts gesagt. Ja, die werden wohl gemacht aber zu wenige, da nicht wirklich überall anwendbar.



      Pooling=Gruppieren

      • @15797 (Profil gelöscht):

        Danke! Ja, ich hab auch nochmal nachgelesen, und das macht natürlich keinen Sinn, das anzuwenden, wenn die Arbeitskraft in den Laboren knapp ist und eine vergleichsweise hohe Positivrate erwartbar ist.

        • 1G
          15797 (Profil gelöscht)
          @Lurkus:

          "und eine vergleichsweise hohe Positivrate erwartbar ist" und genau, da ist das "Problem".



          Das hätte man im Sommer (D) machen sollen, um die potentiellen Gefahrenherde zu erkennen um genau dort nachzuhaken - macht aber nur Sinn bei relativ festen Gemeinschaften wie Schulen, Altenheime, Stammtischen .... eben da, wo man alle "erwischen" kann oder eben an neuralgischen Punkten - um den tatsächlichen Grad der "Durchseuchung abzuschätzen". Als Regierung wuerde ich da sogar soweit gehen, bestimmte Orte zeitweilig als Sackgasse einzurichten und zwangsweise diese Tests machen lassen. Hier in Vietnam geht es ja auch und wir haben ein kleineres Gesamt, als D täglich in 6 Stunden - und dabei sind weit über 2/3 nur importierte Fälle - die in Isolation/Quarantäne unter medizinischer Aufsicht ausbrechen.



          Also Otto Normalverbraucher merkt da gar nichts von - kann es aber in den Nachrichten verfolgen



          Ich bin kein Mediziner oder Professor, aber Analyst und Tester im IT Bereich, daher kann ich manche Sachen recht gut abschätzen, besonders wenn Zahlen und/oder Grenzwerte gesetzt sind.