Corona-Proteste in Brandenburg: Wachsende Dynamik

Immer mehr Menschen beteiligen sich an Aufmärschen in brandenburgischen Städten. Etwa 1.000 Teilnehmer kamen am Dienstag in Bernau zusammen.

Teilnehmer einer Demonstration

Corona-Demo, hier in Sachsen Foto: taz

BERNAU taz | Auf dem weihnachtlich beleuchteten, aber budenlosen Marktplatz in Bernau ist es voll am Dienstagabend. 850 Menschen sind zur Demonstration gegen die Coronamaßnahmen gekommen – viel für die Stadt mit gerade einmal 40.000 Einwohnern. Man grüßt und kennt sich. An­woh­ne­r:in­nen mit ihren Kindern schließen Bekannte in die Arme und auch die aus Berlin angereisten Dauer-Protestler etwa der Freedom Parade von Captain Future sind in Hochstimmung.

Pünktlich 18 Uhr setzt sich der von Polizei begleitete Demonstrationszug in Bewegung. Vorneweg, hinter einem kleinen Transparent, das das „Ende aller Maßnahmen“ fordert, laufen drei Fackelträger:innen, die von Trommlern begleitet werden. Gespenstisch wirkt ihr Auftreten spätestens, nachdem die Demo die helle Innenstadt verlassen hat und am Bahnhof vorbei durch dunkle, ausgestorbene Gassen zieht. „Wir sind das Volk“- und „Schließt Euch an“-Rufe wechseln sich ab. So mancher Anwohner kommt der Aufforderung nach; am Ende sind es wohl mehr als 1.000 Teilnehmer:innen.

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Viele von ihnen haben selbstgemalte, auch mit Lichterketten geschmückte Schilder dabei, fordern den Schutz der Kinder und den Kampf gegen die „Neue Weltordnung“, manchem reicht die schwarz-weiß-rote Mütze als Aussage. Die Initiative „Eltern stehen auf“ hat die einzigen bedruckten Transparente und agitiert gegen Kinder-Impfungen, das jüngere, männlich-sportlichere Klientel verzichtet auf Inhalte, stattdessen werden vereinzelt Rauchtöpfe gezündet. Am Rande steht das rechtsextreme Compact-Magazin mit einer Kamera. Die Moderation schwärmt von „über 2.000 Teilnehmern“.

In der Telegramgruppe „Freie Brandenburger“ feiern die User noch während des Aufzuges das „exponentielle Wachstum des Widerstands.“ Vor einer Woche waren in Bernau noch 500 unterwegs, vor zwei Wochen gar nur 100. Viele scheinen regelrecht berauscht; manche sprechen dieses Gefühl auch aus. Es heißt „Revolution“. Sicher ist: Die neuerliche Protestwelle, die Kritik an den Maßnahmen mit Verschwörungserzählungen und allgemeinen Unmut verbindet, hat den Sprung von Sachsen nach Brandenburg geschafft. In einem halben Dutzend Orten sind allein in dieser Woche Hunderte unterwegs gewesen.

Keine Maskenpflicht

Die bislang größte Demo fand am Samstag mit mehr als 1.000 Teilnehmern in Cottbus statt, angeführt von einer großen Gruppe rechter Hooligans mit einem rotweißen Banner, das im Stile der Identitären Bewegung in Wien Grenzkontrollen forderte. Videos zeigen, wie das Thema Corona unter den rechtsgerichteten Teilnehmern eigentlich nur ein Vehikel der Mobilisierung ist: „Deutsch und frei wollen wir sein“, hallte es durch die Cottbusser Straßen.

Am Wochenende beteiligten sich dann jeweils bis zu 500 Menschen an Demonstrationen in Potsdam und Frankfurt (Oder), am Montag in Oranienburg, Falkensee, Eberswalde und Königs Wusterhausen. Die Demonstrationen am Dienstag in Bernau und Eisenhüttenstadt wurden nach Angaben der Brandenburger Polizei angemeldet und entsprechend begleitet, auch von Staatsschützern der Mobilen Einsatzgruppe gegen Gewalt und Ausländerfeindlichkeit. Die Versammlung in Bernau sei „grundsätzlich störungsfrei verlaufen“., abgesehen einer „vereinzelten Verwendung von Pyrotechnik“, so die Polizei auf taz-Anfrage.

Die für Ostbrandenburg zuständige Polizeidirektion spricht von einer „zunehmenden Zahl von Versammlungen/Aufzügen“. Laut der Eindämmungsverordnung des Landes Brandenburg bestehe „keine Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung“.

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