Corona-Impfungen in Deutschland: Es könnte bald losgehen
Gesundheitsminister Jens Spahn hofft auf Impfungen vor Jahreswechsel. Er verteidigt europäisch abgestimmtes Verfahren. Impfstoff brauche Vertrauen.

In Deutschland könnte noch vor dem Jahreswechsel mit den Impfungen gegen Corona begonnen werden. Man dürfe optimistisch sein, dass eine Impfstoffzulassung am 23. Dezember erfolgen könne, sagte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Dienstag mit Blick auf entsprechende Medieninformationen. Dies sei „eine gute Nachricht für die Europäische Union“. Der Impfstart könne dann zwei bis vier Tage später erfolgen.
Die Bild-Zeitung hatte berichtet, dass die Europäische Arzneimittelbehörde EMA den Corona-Impfstoff einen Tag vor Heiligabend zulassen werde. Die Behörde bestätigte den Bericht zunächst nicht, stellte dann aber sogar eine noch frühere Zulassung in Aussicht. Für die Entscheidung über das Mittel von Biontech und Pfizer sei eine Sitzung am 21. Dezember geplant, teilte die EMA am Dienstagnachmittag mit. Zugleich bekräftigte sie, dass die Prüfung erst beendet werde, wenn alle nötigen Daten vorlägen.
Spahn verteidigte, keine schnellere Notfallzulassung vorzusehen, sondern auf ein reguläres, europäisch abgestimmtes Verfahren zu setzen. Es gebe nicht nur Impfgegner, sondern auch Menschen, die einem neuen Impfstoff zurückhaltend gegenüberstünden, sagte er. Wenn Deutschland mit einer Notfallzulassung vorgeprescht wäre, hätte es eine Debatte gegeben, dass viele keine Versuchskaninchen sein wollten. Bei einem neuen Impfstoff brauche es Vertrauen und Verlässlichkeit.
Spahn betonte, dass die Europäische Union in dieser Frage gemeinsam handele. Wenn 27 Staaten an dem Zulassungsverfahren beteiligt seien, sorge das für größere Sicherheit und bessere Prüfung. Er wundere sich „über manche Tonlage“ in der Debatte. Man rede viel vom europäischen Geist und beschwöre die europäische Zusammenarbeit, „und dann in der Krise, wenn es tatsächlich darauf ankommt, ziehen einige zuerst brutal die nationale Karte“. In Großbritannien werden in diesen Tagen die ersten Impfungen verabreicht.
„Die Lage ist so ernst wie nie“
Spahn rechnet selbst mit dem jetzt verschärften Corona-Lockdown nicht mit schnellen Effekten bei der Eindämmung der Pandemie. „Auch eine Vollbremsung wird eine lange Bremsspur haben.“ Die weitergehende Schließung von Einrichtungen, die ab diesem Mittwoch startet, sei geboten. „Lieber jetzt mit Aussicht auf Erfolg als erst nach Weihnachten mit dem Risiko großer Nebenwirkungen.“ Wichtig sei nun, die Vorgaben konsequent umzusetzen.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten hatten sich am Sonntag auf strengere Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung ab Mittwoch verständigt. Der Einzelhandel muss bis zum 10. Januar schließen, ausgenommen sind Geschäfte, die Waren des täglichen Bedarfs anbieten, etwa Supermärkte oder Drogerien. SchülerInnen und Kita-Kinder sollen, wann immer möglich, zu Hause betreut werden.
Auch Lothar Wieler, der Präsident des Robert-Koch-Instituts (RKI), warnte eindringlich vor der Coronagefahr. „Die Lage ist so ernst, wie sie noch nie war in dieser Pandemie.“ Aktuell gebe es einen Höchststand an Infizierten, allein am Montag seien rund 500 neue Todesfälle gemeldet worden. „Da schwere Verläufe und Todesfälle immer erst mit einem gewissen Zeitverzug eintreten, müssen wir uns darauf einstellen, dass sich die Situation über Weihnachten auch noch zuspitzen wird“, sagte Wieler. Der RKI-Chef appellierte an alle, die Kontakte auf das Nötigste zu beschränken. Er selbst werde die Höchstzahl der über Weihnachten möglichen Kontakte nicht ausnutzen und „bleibe ganz bewusst darunter“.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Prozess gegen Maja T.
Ausgeliefert in Ungarn
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Bundesregierung und Trump
Transatlantische Freundschaft ade
ifo-Studie zu Kriminalitätsfaktoren
Migration allein macht niemanden kriminell