piwik no script img

Coop-Krisensitzungen bis zur letzten Minute

■ 80prozentiger Schuldenverzicht von Banken abgelehnt / Kompromiß bei 75 Prozent?

Frankfurt/Berlin (taz/dpa) - Die 143 Gläubigerbanken des schwer angeschlagenen Einzelhandelsriesen coop haben es am Montag abgelehnt, auf 80 Prozent ihrer nicht abgesicherten Kredite zu verzichten und 2,23 Milliarden Mark abzuschreiben, um den Konzern vor dem Konkurs zu bewahren. Die Geldhäuser hatten bis Montag 16 Uhr Zeit, um dem Verzicht zuzustimmen. Gerüchten zufolge sollen zuerst japanische und US-amerikanische Banken ihren Widerstand angemeldet haben. Auch der gewaltige Zeitdruck habe zahlreiche Gläubiger gestört.

Ein neuer Sanierungsvorschlag der Deutschen Genossenschafts -Bank (DG Bank) wurde gestern in hektischen Krisensitzungen beraten, um die Pleite wenige Stunden vor Ablauf der gesetzlichen Frist doch noch abzuwenden. Im Laufe des Dienstags mußten sich die Geldhäuser endgültig entscheiden. Nach dem Vorschlag der DG Bank sollen die Gläubigerbanken jetzt auf 75 Prozent ihrer nicht abgesicherten Forderungen verzichten. Das liefe auf einen Betrag von etwa 2,1 Milliarden Mark hinaus. Der Rest von etwa 700 Millionen Mark solle ihnen bis zum 31.September in bar ausgezahlt werden. Damit wäre der als Sanierer eingesetzte Aufsichtsratsvorsitzende der coop und ehemalige Wirtschaftsminister Hans Friderichs die Masse der überwiegend ausländischen Banken und die damit notwendigen und zähen Abstimmungsprozesse los. Schon die letzte Beinahe -Pleite im Februar war nur durch die Einberufung einer Bankenkonferenz vermieden worden. Im Unterschied zum Februar waren jetzt nicht nur die Verzichtssummen höher, die sich damals auf 1,2 Milliarden Mark belaufen hatten; offenbar hat das Abstimmungsverfahren jetzt auch zu mehr Neinstimmen aus dem Bankenlager geführt, weil die Institute ihre Entscheidungen einzeln, also jeder Vorstand für sich, gefällt hatten. So waren auch keine gemeinsamen Beratungen mehr darüber möglich, ob ein 80prozentiger Verzicht oder der Bankrott die Banken billiger kommt.

Der neue Vorschlag, gab coop bekannt, wurde von den sogenannten Pool-Banken in die Wege geleitet. Schon der erste Vorschlag mit dem Verzicht auf 2,23 Milliarden Mark kam nicht von der coop, sondern von den Pool-Banken, zu denen neben den vier Großaktionären (siehe Kasten) auch die Bank für Gemeinwirtschaft (BfG) und die DG Bank gehören. Die BfG hatte für einen Riesenkredit an coop bereits eine Abschreibung in dreistelliger Millionenhöhe vorgenommen.

Den Rettungsplan stellt sich die DG Bank so vor: Die vier Aktionärsbanken sollen ihr Paket von zusammen 72 Prozent einem Treuhänder unentgeltlich übertragen, der die erforderliche Kapitalherabsetzung durchführen wird. Beabsichtigt ist danach eine Wiederaufstockung des Kapitals. Der Treuhänder soll von der DG Bank bestimmt werden.

Die coop will erst am Mittwoch das neue Sanierungskonzept bekanntgeben. Der coop-Aufsichtsrat und die vier Aktionärsbanken hatten coop immer wieder für „sanierungswürdig und sanierungsfähig“ erklärt.

diba

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen