Contra Drei-Prozent-Klausel: Alle Meinungen vertreten
Berlin rühmt sich gerne einer großen Offenheit. Die Drei-Prozent-Klausel ist das Gegenteil davon.
D iese Stadt wird immer vielfältiger – und im Gegenzug auch kleinteiliger. Berlin rühmt sich der vielen Menschen mit unterschiedlichstem persönlichen, politischen, sozialen und kulturellen Hintergrund, die hier leben und versuchen, sich einzubringen. Viele große Debatten der vergangenen Jahre basierten anfangs bloß auf Kiezproblematik. Es ist also völlig widersinnig, wenn ausgerechnet die zentrale politische Institution der Bezirke, ihr Parlament, bestimmte Interessen mit einer willkürlichen Hürde ausschließt.
Die Abschaffung der 3-Prozent-Klausel, die das Berliner Verfassungsgericht sehr wahrscheinlich in Kürze beschließen wird, bedeutet ja nicht, dass jede Partei, die zu einer Wahl antritt, auch im Parlament vertreten sein wird. Die „natürliche“ Hürde sind in Berlin 1,8 Prozent, die geholt werden müssen. Das ist auch weiterhin eine Herausforderung. Allerdings eine, die viel leichter als bisher belohnt wird.
Diese Belohnung ist zugleich eine Anerkennung der Gesellschaft für ein politisches Engagement – egal welcher Couleur. Und damit eine äußerst einfache Form der Integration. Berlin rühmt sich gerne einer großen Offenheit. Die wäre auch in dieser Frage angebracht.
Profitieren würden davon zudem die Bezirke, die im Stadtstaat politisch nur geringe Wertschätzung erfahren. Dabei sind sie in vielen politischen Fragen die erste Adresse: In der Stadtentwicklung und der Debatte über Gentrifizierung sind sie gewichtige Akteure. Da wäre es gut, wenn Minderheitenmeinungen früh auch in offiziellen Gremien artikuliert werden (können).
Profitieren würde über kurz oder lang auch das Land Berlin: Sobald sich zeigt, dass die Demokratie mit der Abschaffung der 3-Prozent-Klausel nicht untergeht, spricht nichts mehr dagegen, die 5-Prozent-Klausel bei der nächsten Abgeordnetenhauswahl abzuschaffen.
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