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Computerspiel Battlefield 1Im Shooter was Neues

Viele Ego-Shooter spielen im Zweiten Weltkrieg, der Erste findet in den Games nur selten statt. Battlefield 1 aber setzt auf Pferde und Bajonette.

Britische Soldaten auf dem Weg an die Front Foto: Ernest Brooks/National Library of Scotland/dpa

Ich knie im Schützengraben und warte. Wenige Meter vor mir ein kleiner Felsen. Dahinter lugt ein Kopf hervor. Hätte ich noch Munition, würde ich auf ihn schießen. Stattdessen muss ich warten. Einen kurzen Moment später läuft mein Gegner los, er scheint mich nicht zu sehen. Das ist der Augenblick, auf den ich gewartet habe. Ich stürme aus dem Graben, in den Händen mein Gewehr, vorne am Lauf das Bajonett. Doch der Feind entdeckt mich, dreht sich mir zu und drückt ab. Ich bin tot. Mein Angriff ging voll in die Hose.

Eine Szene aus Battlefield 1 – einem neuen Ego-Shooter der beliebten Battlefield-Reihe, der am 21. Oktober erscheint. Um das Spiel von seinen Vorgängern abzuheben, haben sich das schwedische Entwicklerstudio DICE und der US-amerikanische Publisher Electronic Arts für ein ungewöhnliches Setting entschieden: Battlefield 1 spielt im Ersten Weltkrieg.

Seit 1981 seien etwa 2.300 Historienspiele auf den Markt gekommen, erklärt Angela Schwarz, Historikerin an der Universität Siegen. Sie untersucht die Darstellung von Geschichte in Computerspielen. Über ein Viertel der Games mit historischem Hintergrund nutzen als Kulisse den Zweiten Weltkrieg, nur etwa 3 Prozent – vor allem in den Genres Fahrzeugsimulation und Strategie – den Ersten, so Schwarz.

Dass es so viele Spiele zum Zweiten Weltkrieg gibt, hängt laut der Historikerin unter anderen damit zusammen, dass US-Unternehmen lange Zeit die Produktion dominierten. Die Vereinigten Staaten waren am Zweiten Weltkrieg über viele Jahre beteiligt. „Der Erste Weltkrieg war für sie hingegen eine kurze Angelegenheit“, so Schwarz. Auch in anderen Ländern präge der Zweite Weltkrieg die Populär- und Erinnerungskultur besonders stark. Außerdem biete er als Bewegungskrieg mit mehreren Fronten abwechslungsreiche Szenarien für Computerspiele. Die Grabenkämpfe des Ersten Weltkrieges zu simulieren erscheint vielen Entwickler_innen hingegen nicht besonders reizvoll.

Die Frage der Kriegsschuld

Ein weiterer Unterschied in der heutigen Wahrnehmung beider Kriege zeigt sich im Hinblick auf die Bewertung der damaligen Akteure. Vielen Games zum Zweiten Weltkrieg liegt ein klares Gut-Böse-Schema zugrunde. Es geht um wenig komplexe, aber ruhmreiche Heldengeschichten. In World-War-II-Shootern schlüpfen Spieler_innen häufig in die Rolle tapferer Soldaten der Alliierten, erschießen Nazis und retten die Welt.

Das Spiel

Battlefield 1 ist ein Ego-Shooter, der im Ersten Weltkrieg angesiedelt ist. Bis zu 64 Spieler_innen treten online gegeneinander an. Man erobert gegnerische Stützpunkte, verteidigt Areale, schießt auf Feinde, reanimiert Freunde oder sprengt Fahrzeuge. Zur Auswahl stehen eine Reihe von Waffensystemen, wie Sturmgewehre, Pistolen oder Gasgranaten. Spieler_innen können außerdem Fahrzeuge wie Panzer oder Jagdflugzeuge steuern – und auf Pferden reiten. Neben schnellem Reaktionsvermögen spielt auch Kooperation eine wichtige Rolle.

Das Spiel des Publishers Electronic Arts kostet je nach Version zwischen 59,99 und 129,98 Euro. Es ist für Windows-PCs, Xbox One und PS 4 erschienen.

Beim Ersten Weltkrieg ist die Schuldfrage hingegen nicht endgültig geklärt. Zwar wurden im Versailler Vertrag das Deutsche Reich und seine Verbündeten für den Ausbruch des Krieges verantwortlich gemacht, doch heute beantworten viele Historiker_innen die Frage der Kriegsschuld differenzierter. Angela Schwarz erklärt: „Verantwortung für den Ausbruch des Krieges tragen alle europäischen Mächte, allerdings in unterschiedlichem Maße.“

Trotz dieser komplexeren Ausgangssituation hat sich das Studio DICE für den Ersten Weltkrieg als Setting entschieden. In Battlefield 1 treten wie in den Vorgängertiteln bis zu 64 Spieler_innen online gegeneinander an. Man erobert gegnerische Stützpunkte, verteidigt Areale, schießt auf Feinde, reanimiert Freunde oder sprengt Fahrzeuge. Die Spieler_innen können eine Vielzahl an Feuerwaffen – vom Sturmgewehr bis zur Pistole – einsetzen.

Eine Chance, den Ersten Weltkrieg bekannter zu machen

Außerdem gibt es Bajonette, Gasgranaten, Panzer, Jagdflugzeuge und – für einen Ego-Shooter äußerst ungewöhnlich – Pferde. Als osmanischer Reiter kann man Säbel schwingend die feindliche Linie durchbrechen. Neben den Truppen des Osmanischen Reiches können sich die Spieler_innen den Armeen weiterer Kriegsparteien anschließen. Zu diesen zählen beispielsweise das Deutsche Reich, Österreich-Ungarn, Großbritannien oder die USA, aber überraschenderweise nicht das Russische Zarenreich. Schauplätze der Online-Schlachten sind unter anderem die französische Stadt Amiens, die Argonnen und die Wüste Sinai.

Natürlich findet im Spiel eine verzerrte Darstellung statt

Torben Kohring, Pädagoge

Nicht alle Spieler_innen sind von diesem Setting begeistert. Ein unter seinem Nickname Fabu bekannter Kolumnist schreibt auf wired.de, es sei respektlos, einen echten Krieg auf „cineastisches Geballer zu reduzieren“. Battlefield 1 stülpe eine „verkaufsfördernde Schießbude über die Tragödie“.

„Natürlich findet im Spiel eine verzerrte Darstellung statt“, erklärt Torben Kohring, Leiter der Fachstelle für Jugendmedienkultur NRW. Man dürfe der Zielgruppe von Battlefield – älteren Jugendlichen und Erwachsenen – aber durchaus zutrauen, das Spielgeschehen einzuordnen. Das findet auch Daniel Feith, Social Media Manager bei der Zeitschrift GameStar. Er hat in einer Kolumne die Wahl des Ersten Weltkriegs als Battlefield-Szenario befürwortet. Gegenüber der taz sagt Feith, er betrachte die Entscheidung als Chance, den Ersten Weltkrieg unter Spieler_innen bekannter zu machen.

Die Sinnlosigkeit des Krieges

Was man nicht erwarten solle, sei jedoch eine authentische Abbildung des Krieges. „Selbst wenn ich im Spiel einen mit Leichen gefüllte Granattrichter sehe, weiß ich doch nicht, wie es tatsächlich ist, diesen Anblick zu erleben“, so der Social Media Manager. Feith fände es dennoch gut, wenn ein Spiel denselben Effekt haben könnte, wie die Lektüre von „Im Westen nichts Neues“.

Auch Kohring wünscht sich mehr Games, die das blanke Entsetzen und die Sinnlosigkeit des Krieges thematisieren. „Man kann das natürlich nicht alles in einem Spiel darstellen“, meint der Pädagoge. „Aber man kann es versuchen.“ Auch dann, wenn es den Verkaufszahlen schade.

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5 Kommentare

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  • Komm, das ist ein Videospiel, das zur Identifikation mit dem Krieg einlädt. Ballern für den Weltfrieden ist Quatsch.

    • @Ansgar Reb:

      Zumindest im Singleplayer, welchen ich natürlich nicht kenne, wird eine Geschichte erzählt, die zur Identifikation mit den Charakteren einlädt. Wie auch ein Buch. Diese Charaktere können dann natürlich auch zur Identifikation mit einer Krieg ablehnend und als sinnlos empfindenden Haltung führen.

       

      Wie weit das Spiel dasz macht.. kein Plan.

      • @Cpt. Nrk:

        Part three:

        Meiner Meinung nach ist dies ein weiterer verzweifelter Versuch der Spielindustrie, sich um die Zahlungen von Patenten an die Waffenlobby, ähnlich wie sie bei Autorennspielen für echte Fahrzeugmodelle bezahlt werden, zu drücken. Das gleiche Vorgehen lässt sich, wie ich denke, auch bei den futuristischen Spielfortsetzungen vom, bereits genannten, Call of Duty Spielzweig erkennen. Alles andere ist nur eine bunte Ablenkungsverpackung, also viel Spaß beim vierteljährlichen Spielekonsum der großen Wiederkäuerindustrie. RJ.

      • @Cpt. Nrk:

        Part two:

        Die Zukunft der Spielindustrie liegt in einem System, dass die Handlungen des Spielers durch Interaktion einzuschätzen weiß und dadurch den Spielverlauf ändert, wie es bei Untill Dawn mit dem Schmetterlingseffekt erfolgreich umgesetzt wurde. Dennoch finde ich es moralisch verwerflich historische Bildung aus einem Computerspiel zu erlangen, da selbst die Historiker, die etwa Literatur zu einem Thema verfassen, nur einen spezifischen Fokus auf ein Ausschnitt eines Geschehens wiedergeben können.

        Und was will man aus den wiederwertigen Materrialschlachten des ersten Weltkrieges, bei denen ein Menschenleben noch weniger Wert war, als eine Kanonenkugel, was sich bis heute in der Kriegsökonimie nicht verändert hat, positives/negatives lernen, wenn das Grauen hinter dem Bildschirm bleibt, während der/die SpielerIn in ein umweltzerstörendes Salami/Käse/Butterbrot beißt?

      • @Cpt. Nrk:

        Part one:

        So ähnlich sehe ich es auch. Oft ist das Problem jedoch auch, dass die Spiele auf einer Belohnungsbasis fungieren. Wenn man also die Sinnlosigkeit einer Tätigkeit besser vermitteln möchte, müssen diese Belohnungsmechanismen, etwa durch den Inhalt der Spielgeschichte, verdeutlicht werden. Ähnliches wurde bereits bei "Call of Duty" versucht, wo nach einer scheinbar erfolgreich abgeschlossenen Mission, durch Verrat, sowohl der/die SpielerIn, als auch ein wichtiger Nebencharakter sterben. Solche Kniffe frustrieren jedoch den durchschnittlichen Zwölfjährigen, der nach dem Schema der kurzlebigen und rapide gestaffelten Blockbaster-Erzählweise unterhalten werden will. Leider kann diese Art von Konsument ,durch seine Prägung, auch nicht anders. Gleichzeitig verringern solche Spielerlebnisse, meiner Meinung nach, den Wiederspielwert eines Spiels, im Falle eines linearen Spielverlaufs, enorm, wenn die Pointe bereits bekannt ist.