piwik no script img

Comic-Zeichner Ralf König wird 50Die Blondinen der Homos

30 Jahre Dienst an der Knollennase: Der Zeichner Ralf König, mit einer sozio-rhinologischen Untersuchung und einer Ausstellung geehrt, ist am Sonntag 50 Jahre alt geworden.

Hat sich aller Themen schwulen Lebens zwischen Alltag und exzessivem Nachleben angenommen: Comic-Zeichner Ralf König. Bild: dpa

Kinder, jetzt ist der Ralf auch schon 50!", so klingt es womöglich in trautem Homosexuellenkreis, wenn es darum geht, dass der berühmteste Zeichner schwuler Comics aller Zeiten, Ralf König, am 8. August 50. Geburtstag feiert. Vielleicht fügt jemand freundlichst hinzu, dass "die König um die Augen rum auch langsam nach Knautschlederhandtasche" ausschaut.

Schwule und Altern, ein Thema für sich - und Ralf König hat sich nicht nur dieses, sondern auch aller anderer Themen schwulen Lebens zwischen Alltag und exzessivem Nachtleben angenommen. In Würdigung dieser Verdienste widmet ihm das Schwule Museum in Berlin sogar eine ganze Ausstellung.

"Der bewegte Mann" - dieser Band aus dem Jahr 1990 hatte ihn über die Grenzen der Community hinaus bekannt gemacht, erst recht, nachdem Sönke Wortmann das Werk vier Jahre später mit Til Schweiger, Joachim Król und Katja Riemann in den Hauptrollen verfilmt hatte. Der Film wurde zu einem Riesenerfolg. Auch wenn König selbst sich über die Heterosexualisierung des Stoffes ärgerte, mit der die Schwulen dann doch wieder zu Randfiguren wurden, so leistete dieser Kinoerfolg einen großen Beitrag zur Emanzipation der Schwulen in Deutschland.

Menschen, die überhaupt keine Ahnung von schwuler Subkultur hatten, bekamen einen Einblick. Lachen entkrampft und nimmt Ängste: Seitdem findet man Ralf-König-Comics ganz selbstverständlich auch bei Heteros im Bücherregal. Seine Comic-Strips und Witze gehören zur Alltagskultur in Büros und Kfz-Werkstätten - seit Ralf König kann man kaum noch umhin, bei allzu markig auftretenden, halbnackten Bauarbeitern im öffentlichen Raum an jene durchaus nicht nur leicht debil wirkenden behaarten Gorillas aus Königs Feder zu denken, die den Männlichkeitskult der Schwulen so schön auf den Punkt bringen: die Bauarbeiter und Gerüstbauer, das sind die Blondinen der Homos. "Gacker, gacker!"

Lehrgang fürs Coming-out

Doch über den Aspekt der Völkerverständigung hinaus hat Ralf König im Laufe seiner dreißig Dienstjahre am Schreibtisch so genau hingeschaut, auf und in die Szene, von der er sich stets auch ein bisschen fernzuhalten suchte, dass seine Comics sogar als Bedienungsanleitung oder "Einführungslehrgang" für junge Schwule geeignet waren und sind. Am Anfang wissen ja auch junge Schwule nach dem Coming-out noch nicht so recht, in welche Welt sie da geraten sind.

Martialische Sexhengste mit aufgepumpten Muskeln, polytoxikomane Szenehuschen und kreischende Lästerschwestern wirken jedenfalls weniger beängstigend, wenn sie lustige Knollennasen haben. Und es ist alles wahr, all diese Wesen aus der Welt von Königs Comics gibt es, bis hin zum schrill tschilpenden Vogel "Schewardnadse".

Diese Welt, die König über die Jahre erschaffen hat, wurde nun sogar wissenschaftlich kartografiert: "Xaver Rammbock" veröffentlichte jüngst im Hamburger Männerschwarm-Verlag das Werk "Die Welt der Knollennasen. Eine Sozio-Rhinologische Untersuchung". Eine Wissenschaftssatire, die zu einer hübschen Abhandlung über homosexuelle Lebensweisen und Weltbilder wurde - ein schöner Spaß für Fans von Ralf König und Menschen, die über gutes Sehvermögen verfügen: Die Textelemente der abgebildeten König-Comics sind im winzigen Taschenbuch-Format leider nur schwer zu entziffern. Schade, dass die Belege für die steilen Thesen des Autors auf diese Weise zu nebensächlichen Fußnoten werden.

Am Ende ist das kein Drama, denn das Hauptwerk des Jubilars ist ja weiterhin einsehbar. König, der sich in den letzten Jahren eine Pause vom Thema "schwul" gegönnt hat, zeichnet außerdem immer weiter. Jüngst stellte er den dritten Teil seiner Bibel-Serie "Antityp" fertig. Es geht darin um den Apostel Paulus, der in Athen mit der klassisch-griechischen Männerliebe konfrontiert wird. Ralf König hatte immer auch die Schwulen selbst kritisiert, ihren mitunter grausamen Umgang untereinander oder ihren besinnungslosen Hedonismus, den Narzissmus.

Doch er hat nie den Fehler begangen, die Perversionen der Mehrheitsgesellschaft aus den Augen zu verlieren. So hatte sich König zuletzt den rückkehrenden Weltreligionen gewidmet, unter anderem mit einer Comic-Serie in der FAZ. "Diese weihrauchschwenkenden, bigotten Klerikalen in ihren albernen Gewändern nerven mich extrem, und dieses ewige, angeblich gottgewollte Zündeln gegen Homosexualität sehe ich als hierzulande unterschätzte Gefahr, gegen die ich mir generell mehr Widerstand wünsche" sagte König in einem Interview mit dem Magazin Männer, für das er jahrelang einmal im Monat gezeichnet hat. Dort erzählte er auch, dass er zu seinem Geburtstag einen Saal mieten werde, um ordentlich "Sodom und Gomorrha" zu veranstalten. In diesem Sinne: Herzlichen Glückwunsch!

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • S
    Steffi

    Herzlichen Glückwunsch!

  • M
    Marco

    Alles Gute Ralf!

    Und vielen Dank für all die Jahre mit den Knollennasen. Ich hoffe, dass (auch durch Deine Arbeit) der Ruf der Schwulen und Lesben nach Gleichberechtigung wieder etwas lauter wird, als er es in den letzten Jahren war. Ich selbst lebe zwar in einer heterosexuellen Partnerschaft, aber wenn ich über die Ostgrenze unserer Republik schaue und Katholiken sehe, die gegen Schwule demonstrieren wird mir schlecht. Und auch in good old germany gibt es noch einige Hausaufgaben zu erledigen... aber jetzt erstmal: Viel Spaß beim Geburtstag feiern!

  • PM
    Peter Mueller

    Und wie um zu demonstrieren, wie weit das genannte Syndrom bei mir schon fortgeschritten ist, habe ich direkt mal den Namen des Jubilars falsch geschrieben. Sorry, Ralf.

  • PM
    Peter Mueller

    Herzlichen Glueckwunsch, Ralph!

     

    Ralph Koenig Comics sind grossartig und eine echte Bereicherung fuer mein Leben. Allerdings habe ich nie eine Beschreibung von "exzessivem Nachleben" gefunden, wie es die taz in der Bildunterschrift behauptet. Harry Rowohlt, auch ein grosser Kuenstler, hat den Begriff "erworbene Rechtschreibschwaeche durch fuenf Jahre taz-Abo" eingefuehrt -- da ist was dran.

  • W
    Waltraud

    Königs Comics sind toll!

    Aus irgendnem Grund hatte die damals (ich war bestimmt noch keine 16) meine Mum im Regal stehen und fand sie sehr unterhaltsam (und zumindest die heterosexuellen Sex- und Erotikszenen während meiner damaligen Pubertät auch ziemlich anregend).

    Hat einerseits meine eh schon vorhandene breite Toleranz auch für Schwule und Lesben und das Schwulsein an sich erweitert...

    ...und naja, "geschadet" hat's auch nicht, ich steh immer noch auf Brüste und hab auch ne tolle Freundin!...hihi :)

     

    Also herzlichen Glückwunsch Rald König! :)

  • VS
    von schon immer gekannt

    es mag sein das sie nicht der einzige sind, aber ihre unkenntnis sagt nichts über die relevanz aus.

     

    ralf könig ist ein sehr wichtiger und bedeutender mensch! : )

  • K
    KaterKarlo

    @Nie gehört

     

    Nur weil du den nicht kennst ist er nicht wichtig?

    Lies mal lieber weiter LTB

  • NG
    Nie gehört

    Bin wohl nicht der einzige, der nie von dem gehört hat.

     

    So wichtig und bedeutend kann der wohl nicht sein.