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Clubleben in der HauptstadtGuten Morgen, Berlin

Das Berliner Nachtleben kehrt zurück. Am Wochenende lud das Berghain nach 19 Monaten Pause wieder zum Feiern. Außerdem war Tag der Clubkultur.

Am Samstagabend warteten Hunderte auf den Einlass ins Berghain Foto: Christophe Gateau/dpa

Berlin taz | Nach 19 Monaten Pause und Weltuntergangsstimmung in der Clubszene ist nun zunehmend wieder Party in der Stadt. Am Samstag lud der bekannteste Club Berlins, das Berghain, zum ersten Mal seit März 2020 wieder zur Klubnacht – die Party wird sicher erst am Montag zu Ende gehen. Mehrere hundert Menschen standen in der Nacht auf Sonntag in der üblichen langen Schlange vor dem Einlass des großen, alten Betonbaus in der Nähe vom Ostbahnhof.

Außerdem wurde am Sonntag an mehr als 40 Orten der Tag der Clubkultur gefeiert, es gab Diskussionsrunden und Workshops, Performances und Ausstellungen, Clubnächte, Raves und Bootstouren. „Ich freue mich sehr und hoffe, dass das keine Zweitagsfliege war“, so Kultursenator Klaus Lederer (Linke) zur taz. Bereits vor einem Jahr hatte er einen Tag der Clubkultur verteidigt, allerdings hatte dieser wegen steigender Infektionszahlen nur unter freiem Himmel stattfinden müssen.

Schon im August hat das Berliner Verwaltungsgericht das generelle Verbot gewerblicher Tanzveranstaltungen in geschlossenen Räumen gekippt. Seit dem 19. September gilt nun die 2G-Optionsregelung in Berlin: Restaurants, Kneipen und Clubs können selbst entscheiden, ob nur Genesene und Geimpfte Zugang zu den Innenräumen haben oder auch negativ Getestete Einlass bekommen. Dies ist ein Beschluss der Senatsverwaltung. Verpflichtend ist die 2G-Regelung allerdings, wenn die Gäste sich ohne Maske im Raum bewegen, wie etwa bei einer Tanzveranstaltung.

Die Berliner Clubszene hatte im Vorfeld die 2G-Regelung für Tanzveranstaltungen kritisiert, weil so Nichtgeimpfte stigmatisiert würden. Lutz Leichsenring, Pressesprecher der Clubkommission, gibt sich nun aber versöhnlich gegenüber der taz: „Der Impfnachweis sollte über eine App vorgezeigt werden, wie beispielsweise der Corona-Warn-App oder dem Cov-Pass. Der Screenshot eines QR-Codes und der gelbe Impfpass sind nicht zuverlässig und werden deswegen nicht mehr von ClubbetreiberInnen angenommen.“

Wie geht es nun wirklich?

Weiter sagt Leichsenring, dass manche Clubs wie das Kitkat zusätzlich einen Covid-19-Antigen-Schnelltest vor Ort mit jedem Gast machen würden. So soll ein Impfdurchbruch verhindert werden. „Falls es doch zu mehr Ansteckungen im Winter kommen sollte“, so auch Klaus Lederer, „dann wäre es durchaus eine Option, mehr zu testen anstatt wieder alles zuzumachen. Die Kapazitäten sind da in Berlin.“

Aber wie funktioniert der neue Einlass mit 2G nach der langen Pause wirklich?

An einem lauen Freitagabend bildet sich vor dem Soda-Club in der Schönhauser Allee eine Schlange. Auch ein paar Touristinnen aus Wien warten, sie sind in Partylaune. Bald sprechen sie über die Einlassbedingungen des Clubs. Eine von ihnen hat keinen Impfpass, woraufhin eine andere ihr den Screenshot des eigenen Impfpasses sendet und sogar Methoden findet, den Namen zu bearbeiten. Aber der Fälschungsversuch fliegt dennoch auf. Die Freundinnen werden von der Security aussortiert und rausgeschmissen.

Ein Spaziergang etwas weiter die Schönhauser Allee hinunter zeigt, wie verschieden die Clubs und die Kneipen mit dem neuen Coronakonzept umgehen. Der Gastronom der Bar Herodot, Phuong Truong, führt ab Oktober die 2G-Regelung ein. Er möchte Fälschungen nicht durchgehen lassen. „Wir wollen, dass die Mitarbeiter und Gäste sich sicher fühlen. Am Eingang wird es eine Einlasskontrolle geben.“ Gäste müssen erst ihren Genesenen- oder digitalen Impfausweis vorzeigen, bevor sie eintreten dürfen. Um Fälschungen zu erkennen, möchte die Bar jeden QR-Code scannen und so auf seine Echtheit überprüfen.

Tag der Clubkultur am Feiertag

Party Der zweite Tag der Clubkultur fand am 3. Oktober statt. Es durften 40 der über 100 Clubs, Veranstaltungsformate und Kollektive partizipieren, die sich bei der Senatsverwaltung für Kultur und Europa und dem Musicboard Berlin beworben hatten. Dabei lag der diesjährige thematische Schwerpunkt auf der Überbrückung der Pandemie" und den Visionen für die Zukunft".

Preis Die 40 Gewinner haben wie schon im letzten Jahr für ihr Engagement jeweils 10.000 Euro Preisgeld gewonnen. Diesmal durften sich unter anderen freuen: An der Autobahn Collective, Bulbul Berlin, Fies&Zornig, Fraktion Nimmersatt, Gretchen, House of Living Colors, Mensch Meier, Panke, Queer Asia, Raumerweiterungshall, Sage, SO36, Tresor Club Berlin, Yaam, Zirkus Mond. (sm)

An der dunklen 8MM Bar läuft das etwas anders. Es ist noch nicht viel los, obwohl demnächst die DJs beginnen. Der Barkeeper sieht es eher entspannt mit der Corona-Überprüfung. Eine Anwesenheitsdokumentation, die meist über die Luca-App oder Covid-App stattfindet, gibt es hier nicht. „Ich habe schon gehört, dass es manche so machen, aber hier ist es nicht so. Zu Live-Musik, meistens freitags und samstags, gibt es bei uns die 2G-Regelung. Ansonsten gilt hier 3G.“ Nach meinem Test oder Impfausweis fragt er nicht, und auch andere Gäste werden während meines Aufenthalts nicht überprüft.

Christine Delzeit-Peters von der Pressestelle des Senats schreibt auf Anfrage, dass die Clubs, Restaurants und Kneipen eigenverantwortlich handeln. Sie seien jedoch nach dem Infektionsschutzgesetz dazu verpflichtet, die Coronanachweise zu überprüfen und mit einem Lichtbildausweis abzugleichen. Außerdem müssen die ClubbetreiberInnen und GastronomInnen die Nachweise verifizieren – also digital nachschauen, ob der QR-Code ihrer Gäste stimmt.

An diesem Wochenende ist das Nachtleben in vielen Clubs trotz Anlaufschwierigkeiten jedenfalls schon mal gut gestartet. Bleibt abzuwarten, wie sich die Infektionszahlen weiterentwickeln.

Update: In einer ersten Version dieses Textes hieß es, „einige Clubs wie das About Blank wollen unter diesen Bedingungen gar nicht wieder eröffnen“. Das ist nicht richtig: Der Club überlegt nach eigenen Angaben, ob man Innenräume überhaupt gerade aufmachen soll. Voraussichtlich werde das About Blank aber bald öffnen – frühestens Anfang November und wahrscheinlich dann mit einer 2G-Regelung. Wir haben den Fehler korrigiert.

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