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Cloud-Computing auf der IT-MesseDie Cebit gibt sich wolkig

Die IT-Branche wirbt in Hannover um Vertrauen in Datenschutz und Datensicherheit. Dabei geht es vor allem ums Cloud Computing, einen großen Wachstumsfaktor.

Überall Wolken: Cebit in Hannover. Bild: reuters

HANNOVER taz | Die IT-Branche hat in Sachen Datenschutz verstanden. Das zumindest ist das Signal, das sie auf der Cebit in diesem Jahr setzen will. „Managing Trust“ – Vertrauen verwalten – ist das Oberthema, dem sich die Computermesse in Hannover noch bis Samstag widmet.

Dort gibt sich die Branche optimistisch, rühmt sich als Konjunkturlokomotive in der Finanz- und Wirtschaftskrise: Bei über 148 Milliarden Euro lag der Umsatz in Deutschland 2011. Für dieses Jahr prognostiziert der IT-Branchenverband Bitkom 151 Milliarden Euro.

Und auch die Cebit selbst gibt sich zuversichtlich. Nach drastischen Einbrüchen in den vergangenen Jahren ist die Ausstellerzahl 2012 wieder leicht gestiegen, auf über 4.200. Bei der Zahl der Besucher hofft die Messe wie im vergangen Jahr auf knapp 340.000 – trotz Stillstands in Hannovers Nahverkehr am Donnerstag wegen des Warnstreiks von Ver.di.

In Sorge ist man auf der Cebit vor allem um das Vertrauen der Nutzer. Bitkom-Präsident Dieter Kempf mahnte gleich zu Beginn der Messe „vertrauensbildende Maßnahmen“ wie „Fairness und Transparenz im Umgang mit Daten“ an. Mit ihrer Sammelwut war die Branche in den Wochen zuvor immer wieder in die Kritik geraten: Seit März gelten die umstrittenen neuen Datenschutzbestimmungen von Google.

Nutzerdaten aus den verschiedenen Diensten wie Google Mail oder Youtube werden seitdem zu einem zentralen Profil verknüpft. Mit unautorisierten Zugriffen auf persönliche Daten wie Adressbücher oder Fotos sind zuletzt verschiedene Anbieter von Apps für Smartphones und Tablet-Computer aufgefallen.

Vorfälle wie diese lassen die Angst vorm Vertrauensverlust zusätzlich wachsen. Denn daran mangelt es ohnehin: Rund 70 Prozent der Verbraucher haben laut einer Befragung, die der Bitkom zur Cebit in Auftrag gegeben hat, Probleme, die Vertrauenswürdigkeit von Unternehmen im Netz einzuschätzen.

Besonders beim Cloud Computing, dem Speichern von Daten im Netz statt auf der eigenen Festplatte, zeigen sich die Verbraucher skeptisch: Aus Sorge vor Datenmissbrauch oder -verlust lagert der Bitkom-Studie zufolge ein Fünftel gar keine Daten aus.

Und auch der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar rät bei den Speicherwolken zur Zurückhaltung: Zu ungewiss sei, was genau mit den eigenen Daten passiert und wie sie vor fremden Zugriffen geschützt sind – zumal die Server, auf denen die Cloud-Anbieter die Daten ihrer Kunden lagern, häufig verstreut in aller Welt stehen.

Mittelständler rücken ins Visier

Zugleich verspricht sich die IT-Branche gerade beim Cloud Computing Wachstum: Der Bitkom erwartet eine Umsatzsteigerung um jährlich 37 Prozent von 5 Milliarden Euro 2012 auf 17 Milliarden bis 2016. Besonders Mittelständler rücken dabei ins Visier. Von den rund 3,6 Millionen Betrieben in Deutschland nutzen bislang nur zwölf Prozent Speicherplatz und Programme im Internet.

Im Kampf um diese Zielgruppen setzen die Anbieter auf der Cebit immer stärker auf Datenschutz und -sicherheit. Telekom-Chef Rene Obermann etwa hat in Hannover die „deutsche Cloud“ vorgestellt. Auf Wunsch verpflichtet sich der Konzern, Daten nur in Rechenzentren in Deutschland zu lagern, wo vergleichsweise strenge Datenschutzbestimmungen gelten.

Für Obermann ist das ein klarer „Wettbewerbsfaktor“. „Viele Anbieter aus dem Ausland können das nicht bieten“, sagt er. In den USA etwa erlauben die Anti-Terrorgesetze den Sicherheitsbehörden fast unbegrenzten Zugriff auf alle Daten, die irgendwo im Land gespeichert sind.

Auch der weltgrößte IT-Dienstleister IBM will die Datenwolken durch Regionalisierung fassbarer machen: Statt auf Servern weltweit will IBM Daten und Programme künftig in sogenannten City Clouds ablegen. 25 Großrechner für Cloud-Dienste soll es bundesweit geben, zudem sind Servicestellen mit Ansprechpartnern vor Ort geplant. Ein Angebot, von dem sich IBM verspricht, die Vorbehalte von Mittelständlern abzubauen.

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4 Kommentare

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  • S
    sigibold

    Technisch gesehen finde ich Clouds eine interessante Sache. Allerdings werde ich mich wohl in absehbarer Zukunft nicht dazu überreden können, irgendwelche sensiblen Daten bei "fremden Leuten" zu deponieren. Alles was wichtig ist, gehört in die eigenen vier Computerwände, mindestens doppelt gesichert und auch weg vom Gerät um nach Headcrash oder Virenbefall nicht nackt dazustehen.

  • MG
    Mathias Gronau

    Ich meine, der Artikel greift zu kurz. IBMs City-Cloud bietet nicht mehr Schutz vor den amerikanischen Behörden als die Cloud, die IBM (und andere Anbieter) bereits betreiben. Laut dem Patriot Act sind amerikanische Firmen auch verpflichtet, die Daten zur Verfügung zu stellen, die die Tochtergesellschaften verwalten. Wer sicher gehen will, dass seine Daten nicht in den USA ausgewertet werden, muss sich auch die Eigentumsverhältnisse der Cloudbetreiber ansehen.

    Ein weiterer Gesichtspunkt, der häufig übersehen wird, ist, dass die meisten Server in den Unternehmen mit einer Auslastung von 10 bis 20 Prozent vor sich hindümpeln. Werden 4 oder 5 Firmenserver mit großem Leerlaufanteil durch einen Server in der Cloud ersetzt, der zu etwa 75 % ausgelastet ist, so ist dies ein deutlicher Schritt in Richtung Energieeffizienz. Dies gilt selbstverständlich nicht nur für die Public Cloud, von der meist die Rede ist, sondern auch für die Private Cloud.

  • SS
    Schawn Steinfeger

    Obwohl die Sicherheit aus der Wolke der neue Trend ist, scheinen deutsche Unternehmen dem etwas hinterher zu liegen: http://www.theeuropean.de/politikdialog/9586-trend-zur-sicherheit-aus-der-cloud...Vielleicht hat die Cebit geschafft cloud computing etwas näher den deutschen Unternehmen zu bringen.

  • KN
    Karl Napp

    Für wie blöde halten uns die Cloud - Anbieter??? Einem Privatunternehmen (Inhaber der Clouds) vertrauliche Daten wie PIN - Nummer der Kontokarte anzuvertrauen? Oder vielleicht Beurteilungen von Personal?

    Nach 1989 liegen die StaSi Dokumente offen. Jeder kann sehen, wie Geheimdienste oder auch Sicherheitsdienste arbeiten. Das ist 'Handwerk'; egal in welchem System: Überall dort wird mit ähnlichen Methoden gearbeitet.

    Merke:

    1)Meine Daten gehören mir!

    2)Ich habe was zu verbergen! Siehe oben!

    3)Der beste Datenschutz ist Datenvermeidung!

    4)Google,Twitter & Co sind keine Polizeidienststellen. NOCH darf man hier falsche Angaben machen!