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„Ciao“ aus Taiwan

Die Vermarktung der Fußball-WM ist gelungen  ■  Mit dem Fußballa-balla auf Du und Du

Rot-weiß-grün glänzt das Leder - anstelle der sonst üblichen chromblitzenden Radkappen an einer limitierten Sonderausgabe der „tollen Kiste“ aus Turin. Der Fiat Panda „Italia 90“ ist der fröhlich-bunte Kampfpanzer des Agnelli-Konzerns in der Vermarktungsschlacht zur Fußball-WM. Der Countdown zum größten Medien-Ereignis der Geschichte läuft, insgesamt 25 Milliarden Fernsehzuschauer werden sich in den vier Wochen vor die Bildschirme setzen (gegenüber 2,6 Millionen in den Arenen). Werbegelder in Höhe mehrerer hundert Millionen Mark lassen die Geldbörse bei der Übertragungsanstalt RAI bersten. Auch bei der Marketingfirma ISL Lucerna, die die Werberechte des Weltfußballverbandes Fifa verkauft, herrscht aufgeräumteste Stummung.

Längst ist der Lizenzrummel entschieden: Acht Multis, darunter Canon, Coca Cola, Fuji, JVC und Philips, und das Ministerium für Forst- und Landwirtschaft („Weine aus Italien“) haben das Rennen als offizielle „Sponsoren“ gemacht. Sie allein haben das je 15 Milliarden Lire (mehr als 20 Millionen DM) teure Exklusivrecht auf Bandenwerbung in den Stadien. Für den halben Einsatz, 8 Milliarden, dürfen die „Zulieferer“ von Alitalia bis Olivetti den gigantischen Fußballzirkus bedienen und damit ihre Produkte bewerben. Etwas billiger wird es für Dutzende kleinerer Lizenznehmer, die das WM-Symbol flächendeckend über den Stiefel und ins Bewußtsein streuen.

Die Investition zahlt sich ganz offenkundig aus. Aschenbecher, Briefbeschwerer, Rasierpinsel, Badetücher mit dem Etikett „Italia 90“ erzeilen Traumumsätze. Eine Fliesenfirma kachelt das Bad in den Nationalfarben, neben dem Spiegel steht der Parfümflakon in Fußballform. Noch den letzten Nippes ziert „Ciao“, das WM-Maskottchen mit dem Fußball als Kopf. Vier Millionen Exemplare in Holz, Plastik und Gummi hat die Herstellerfirma inzwischen ausgeliefert ein Millionengeschäft. TV-Matadore wie Pippo Baudo oder die Aktrice Sofia Loren stecken sich das Maskottchen in Gold oder Silber ans Revers.

Und auch Fälscher mischen munter mit. Der Abzeichenhersteller Cocepa hat bereits 200 Klagen gegen nicht-autorisierte Nachahmer laufen. Den dicksten Fisch aber zog der Zoll bei Rom an Land: Tonnenweise „Ciao“, made in Taiwan.

Andreas Lueg

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