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Christopher Street Day foreverDer längste Tag des Jahres

Was sagt uns das? Der Christopher Street Day hat ein konkretes Datum, den 28. Juni - wird jedoch in Deutschland und anderswo in der Welt monatelang zelebriert. Aber das ist falsch.

Schwule, Lesben, alle, die nicht heterosexuell empfinden, haben ein Datum der öffentlichen Selbstpräsentation, und das ist der 28. Juni. Bild: reuters

Der 1. Mai ist der Kampftag der Arbeiterklasse. Die entsprechenden Umzüge zu diesem Anlass, Paraden proletarischer Selbstbehauptung, würden niemals auf das Wochenende nach dem ersten Tag des Mais gelegt.

Nein, dieser Tag ist ein gesetzlicher Feiertag und wird als solcher begangen. Die Schwulen, Lesben, na, alle, die nicht heterosexuell empfinden, haben auch solch ein Datum der öffentlichen Selbstpräsentation, und das ist der 28. Juni. An jenem Abend im Jahr 1969 kamen in der New Yorker Bar Stonewall Inn viele Schwule und manche Transsexuelle zusammen, um den Tod von Judy Garland ("Somewhere Over The Rainbow"), ihrer Ikone, zu beweinen.

Aber die Polizei, im Bunde mit der örtlichen Mafia, hatte kein Erbarmen und suchte die Community schutzgelderpressend ein weiteres Mal heim. Doch diesmal wehrten sich ihre Opfer - woraus stunden- und tagelange, ziemlich militante Scharmützel wurden. Erstmals buckelten die Unterdrückten des heterosexuellen Tugendregimes nicht vor ihren Nötigern, sondern wehrten sich. Es war, so geht die später erzählte Legende, die Geburt der modernen Homosexuellenbewegung.

1979 fanden die ersten deutschen Christopher Street Days - die damals noch nicht so hießen - in Bremen und Berlin statt. Mittlerweile, mit wachsender Präsenz sexueller Minderheiten in der gesellschaftlichen Mitte, hat sich die Chiffre CSD zu einer echten Saison ausgewachsen: Die ersten öffentlichen Aufzüge von Lesben und Schwulen finden Ende Mai statt, gern in der Provinz; der Berliner CSD und dessen organisierte Dissidenz, der Transgeniale CSD, sind Ende Juni dran, der kölnische Anfang Juli. Ein europäischer Terminkalender verhindert, dass Europas Hauptstädte sich ins Gehege kommen: Man feiert nacheinander und somit miteinander.

Aber das ist falsch, das ist im Namen der Männer und Frauen, die im Stonewall Inn am 28. Juni 1969 ihre Lethargie wütend abstreiften, unwürdig. Besser wäre, eine Homoparade, heißt sie nun CSD oder Gay Pride, global zu veranstalten. Immer an jenem Tag, dieses Jahr auf dem Dienstag kommender Woche. In Riga, Lüneburg, Rom oder Kapstadt. Dass das dann, wenigstens bei uns, ein gesetzlicher Feiertag sein sollte, versteht sich von allein, oder?

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4 Kommentare

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  • DT
    Daphne Tausendschön

    Entschuldigung, Herr Feddersen, aber Sie machen mir Angst! Sind Sie nicht Koordinator beim CSD e.V., quasi mitverantwortlich u.a. dafür, daß der CSD bundesweit von Mai bis Oktober quer durch die Republik gefeiert wird? Und reden Sie da nicht mit Robert Kastel, der das ganze wunderbar vermarktet? Wieso dann solch ein Artikel? Oder verstehe ich den satirischen Unterton nicht?

    Wegen der Knete kann's doch nicht sein, oder?

    Mit dezenten Grüßen

  • KF
    Karl Fenstermacher

    Lieber Jan Feddersen,

    vielleicht sollten Sie künftig einfach mal die erste journalistische Kardinaltugend beachten lernen und erst recherchieren und dann schreiben.

    Es reicht, wenn Billigblätter das alte Märchen nachbeten, die Schwulen und Lesben hätten sich seinerzeit zum Betrauern von Judy Garland im "Stonewall Inn" zusammengefunden. Das passt nun mal einfach so schön ins Klischee der der Homos als unpolitische, hysterische Divenverehrer.

    Seltsam nur, dass davon in den vielen inzwischen vorliegenden Augenzeugenberichten niemals die Rede ist. Niemand hat diesen Blödsinn je bestätigt, aber die TAZ betet ihn nun schon wieder nach.

    Wieso aber die Straßenschlacht in der Christopher Street als Initialzündung der zunächst US-amerikanischen Gay Liberation Bewegung zur "Legende" deklariert wird, das schreibt sich vielleicht schnell mal so schön hin, hat aber mit der historischen Wahrheit ebenso wenig zu tun.

    Vielleicht sollten Sie, lieber Jan Feddersen, homopolitische Themen einfach mal kompetenteren Kollegen überlassen und sich mit Ihrem PR-Job beim NDR ganzjährig um den Eurovision Song Contest widmen.

  • SM
    Stefan M. Weber

    Die Gründe für den Aufstand von Teilen der Gäste der Schwulenbar Stonewall Inn am 28.6.1969 in New York werden hier auf infame Art umgedeutet, verfälscht, verallgemeinernd lächerlich gemacht und in den Dreck gezogen! So ist es z.B. schlichter (böswilliger?) Unsinn, dass sich in der Nacht vom 27. auf den 28. Juni 1969 "viele Schwule und manche Transsexuelle" dort trafen, "um den Tod von Judy Garland, ihrer Ikone, zu beweinen". Bezüge zu ihrem Tod finden sich weder in den Augenzeugenberichten, noch in den Erinnerungen damals Beteiligter. Und die Tatsache, dass sich aus den Aufständen in dieser Nacht gegen das Mafiagehabe der Barbesitzer und ständige Polizeiwillkür eine politischere, selbstbewusstere, kämpferischere, "moderne Homosexuellenbewegung" entwickelte, als "Legende" zu diffamieren, ist eine bodenlose Frechheit!!

  • PB
    Peter Bär

    Mir ist aufgefallen, dass in der taz in letzter Zeit vermehrt antischwule Artikel erscheinen. Genaugenommen ja antihedonistische. Aber in der taz? Schade um die publizistische Vielfalt. Seid Ihr neuerdings für die Einhaltung moralischer Imperative zuständig?

     

    Ich geh nun aber erstmal Homos klatschen...