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Chodorkowski zum Pussy-Riot-Prozess„Eine Schande für Russland“

Der frühere Oligarch Michail Chodorkowski hat den Prozess gegen die Punkmusikerinnen von Pussy Riot kritisiert. Den Angeklagten drohen sieben Jahre Straflager.

Quälerei nennt der Kremlgegner Chodorkowski den laufenden Prozess. Bild: dpa

MOSKAU dpa | Der inhaftierte Kremlgegner Michail Chodorkowski hat den Prozess gegen die Moskauer Skandalband PussyRiot als „Schande“ für Russland kritisiert.

Die drei wegen Rowdytums angeklagten Frauen würden erniedrigt und mit langen Sitzungen ohne angemessene Pausen und Mahlzeiten gequält, schrieb der frühere Ölmilliardär für seine Internetseite.

Zu Beginn des sechsten Prozesstages am Montag warf die Verteidigung dem Gericht erneut Willkür vor, weil nur 3 von 17 Entlastungszeugen zugelassen worden seien. Den Künstlerinnen drohen nach ihrem Protest gegen Kremlchef Wladimir Putin in einer Kirche sieben Jahre Straflager.

Am 2. August hatte sich laut russischen Agenturberichten bereits Präsident Putin eingeschaltet und eine nicht zu harte Bestrafung der Musikerinnen gefordert. Er hoffe, das Gericht werde zu einem richtigen, gut begründeten Urteil kommen, sagte der studierte Jurist.

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8 Kommentare

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  • B
    Benz

    @Hans

    Hm, vom Chodor scheints aber erheblich mehr Interviews zu geben als z.B. von den inhaftierten RAF-Mitgliedern.

    Auch ist mir nicht bekannt, dass z.B. Madoff (der US-Betrüger, wurde für ähnliche Finanzmachenschaften wie Chodor verurteilt) regelmässig in der Presse Auftritte hat.

  • H
    Hans

    @Benz

    Ja, ist in Deutschland auch so. Nennt man Besuchszeit.

    Solange die mit ihrem Kugelschreiber keine Pfeile reinschmuggeln.

  • TI
    Thomas II

    Verlogenheit ist keine Zier, .denn wahrhafter lebt sich‘s ohne ihr!

     

    In unserem vorgeblich freien Land wird eine unbescholtene Spitzensportlerin beruflich und sozial vollkommen zerstört, nur weil sie nicht bereit ist sich von ihrem politisch in Misskredit stehenden Lebenspartner zu trennen. Weil sie es wagt aus Liebe zu ihm zu halten, gegen alle Widerstände. Niemand kennt zudem diesen Lebenspartner, niemand weiß, was er denkt, was er möchte oder anstrebt. Niemand hat je mit ihm gesprochen oder versucht sich seiner Weltanschauung zu nähern. Allein die Mitgliedschaft in einer als systemfeindlich gebrandmarkten Partei reicht dafür aus, die Empörungsrituale mit anschließender Sippenhaft auszulösen.

     

    Und kaum jemand in Politik, Medien, Kirchen oder der sonstigen "Zivilgesellschaft" stört sich an diesen totalitär gewordenen Auswüchsen. Unter dem faden Deckmantel des Antifaschismus und der Zivilcourage ist alles erlaubt, wenn es nur irgendwie gegen rechts geht. Bis zu 5 Jahre Gefängnis sind möglich, allein für das "Verharmlosen geschichtlicher Tatsachen".

     

    Und da sollen wir nun alle in helle Aufregung verfallen, weil drei Punk Gören in einer russischen Kirche hinter dem Altar Kokolores machen und dafür folgerichtig bestraft werden sollen? Wie würde wohl unsere Elite reagieren, wenn drei "freie Kameradinnen" in einer Moschee oder Synagoge herumtanzten und Spottlieder sängen?

  • H
    hacki

    Schade, dass die Girls von Pussy Riot offensichtlich keine Freunde bei den russischen Anonymous-Hackern haben.

     

    Denn hätten sie solche Freunde, wäre Putin (und die russischen Behörden) innert Stunden kaputt…

     

    Lieber Poppen statt Popen!

  • B
    Benz

    Der russische Strafvollzug muss wirklich sehr human, geradezu lasch, sein. Es scheint dort üblich zu sein, dass Sträflinge regelmässig Journalisten empfangen und Interviews geben dürfen.

     

    Ist das in DE auch so?

  • J
    Joseph

    In einem modernen Staat wie Russland sollten Politik und Religion strikt getrennt werden. Niemand sollte sich wegen des Inhalts eines Gebetes oder wegen "unpassender Bekleidung an religiösen Stätten" vor Gericht verantworten müssen.

    Etwas anderes wäre es jedoch, wenn die Angeklagten sich entblößt und damit öffentliches Ärgernis erregt hätten.

  • B
    Benz

    Der russische Strafvollzug muss wirklich sehr human, geradezu lasch, sein. Es scheint dort üblich zu sein, dass Sträflinge regelmässig Journalisten empfangen und Interviews geben dürfen.

     

    Ist das in DE auch so?

  • R
    Richard

    Würde es hier auch nur eine Person interessieren wenn ein verurteilter Vergewaltiger den Prozess gegen Pussy Riot kritisieren würde?

     

     

    "1990 nutzte Chodorkowski seine Handelsgewinne zur Gründung der Menatep-Bank. Mit einem großen Werbefeldzug wandelte er seine Mentep-Bank schon Ende 1990 in eine AG um und entwickelte sich damit zum Pionier des Finanzwesens. Das Öffentlichkeitsbild erschien im Ausland dennoch lange Zeit sehr trübe. Ein CIA Report von 1995 bezeichnete die Menatep-Bank als eine der korruptesten der Welt, mit engen Verbindungen zur organisierten Kriminalität. Für US-Banken waren geschäftliche Kontakte mit der Bank untersagt."

    http://www.netstudien.de/Russland/chodorkowski.htm

     

    "Der frühere Sicherheitschef des zerschlagenen russischen Ölkonzerns Yukos ist als Drahtzieher mehrerer Auftragsmorde zu lebenslanger strenger Lagerhaft verurteilt worden. Alexej Pitschugin habe drei Morde und vier fehlgeschlagene Morde in Auftrag gegeben, befand das Moskauer Stadtgericht."

    http://www.manager-magazin.de/unternehmen/karriere/0,2828,498614,00.html