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Chiquita feuert Tausende

Das Bananen-Imperium entlässt in Panama 4.900 Zeitarbeiter:innen, nachdem diese gestreikt hatten. Im Zentrum des Protests stand eine Rentenreform, die die Leistungen kürzt und das Rentenalter hochsetzt

Von Knut Henkel

Der internationale Bananenkonzern Chiquita geht hart gegen Tausende Mitarbeitende in Panama vor, die sich an einem Streik verschiedener Gewerkschaften gegen eine Rentenreform der Regierung beteiligt hatten. Die Proteste richteten sich auch gegen ein jüngst unterzeichnetes Abkommen zwischen Panama und den USA, das eine verstärkte US-Militärpräsenz am Panamakanal ermöglicht. Chiquita hat nun 4.900 Zeit­ar­bei­te­r:in­nen entlassen. Der Vorwurf: „ungerechtfertigte Arbeitsniederlegung“.

Für Chiquita waren die Proteste mit massiven Verlusten verbunden. Rund 75 Millionen US-Dollar an Verkaufserlösen für 450.000 Bananenkartons à 18 Kilogramm sind dem Fruchtkonzern laut einer Presseerklärung entgangen. Allerdings waren dem US-amerikanisch-schweizerischen Fruchtkonzern, der vielerorts in Lateinamerika wegen schlechter Arbeitsbedingungen für die Land­wir­t:in­nen und Mitarbeitenden einen miesen Ruf hat, bis zum 16. Mai die Hände gebunden. Da erging das Urteil des Arbeitsgerichts, welches den offiziell angemeldeten Streik der Gewerkschaft Sitraibana, die die Ba­na­nen­ar­bei­te­r:in­nen vertritt, als illegal einstufte. Erst das machte es möglich, die 4.900 Ba­na­nen­ar­bei­te­r:in­nen wegen Nichterscheinens zur Arbeit zu entlassen.

Etliche der Betroffenen haben sich bereits ihre Papiere und Abfindungen in den Büros von Chiquita Panamá in der Bananenprovinz Bocas del Toro abgeholt, berichten lokale Medien. In der Region ist es vorerst vergleichsweise ruhig.

Doch der Konflikt ist damit noch nicht beigelegt, so Eduardo Gil von der Convergencia Sindical, einem der vier gewerkschaftlichen Dachverbände Panamas. Gil hält die Proteste der Gewerkschaften gegen die Rentenreform, die eine Absenkung der Leistungen und die Hochsetzung des Renteneintrittsalters beinhaltet, für berechtigt. „Die Alternative zu den Streiks wären frühzeitige Verhandlungen gewesen, ein Dialog auf Augenhöhe“, so Gil gegenüber dem Fernsehsender France 24. Die habe es jedoch nicht gegeben, weil die Regierung des konservativen Präsidenten José Raúl Mulino das Gesetz durchgedrückt habe. Erst nach Beginn der Proteste Ende April sei eine Kommission ernannt worden, die dann die Verhandlungen Sitraibana und anderen aufgenommen habe.

„Ungerechtfertigte Arbeits­nie­der­legung“: Ein Gericht erklärte den Streik für illegal

Sitraibana stand vor allem in der Bananenregion von Bocas del Toro an der Spitze der Proteste und mobilisierte neben den fast 7.000 Angestellten auf den 26 Plantagen von Chiquita Panamá auch indigene Bevölkerungsschichten.

Für Chiquita gilt es nun, Produktion und Ernte wieder anzukurbeln. Das dürfte allerdings gar nicht so leicht werden, denn Plan­ta­gen­ar­bei­te­r:in­nen sind knapp. Verhandlungen zwischen Regierungskommission und Sitraibana über Kompromisse dürften deshalb entscheidend sein.

Der Konflikt zwischen rechter Regierung und Gewerkschaften schwelt auch grundsätzlich weiter. Saúl Méndez, Generalsekretär der Gewerkschaft Suntracs im Bausektor, floh in der vergangenen Woche in die bolivianische Botschaft – und sucht politisches Asyl. Für Eduardo Gil ein Skandal: „In Panama werden grundlegende Gewerkschaftsrechte verletzt, wir brauchen mehr Unabhängigkeit der Gerichte und eine konsequente Gewaltenteilung“, so der Vorsitzende der Convergencia Sindical.

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