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Chinas Wirtschaft nach CoronaStockende Erholung

Die Volkswirtschaft in China kommt zusehends in Schwung, aber die ersten hoffnungsvollen Prognosen erweisen sich als zu euphorisch.

Quirlige Strassenszenen in Peking: auf Rädern zur Arbeit und die Gertränkelieferer dazwischen Foto: Ng Han Guan

Peking taz | Während Dienstleistungssektoren derzeit in praktisch allen größeren Volkswirtschaften einbrechen, scheint die Durststrecke für die chinesische Service-Industrie nach drei Monaten bereits vorbei zu sein. Mit einem Rekordwachstum prescht die Branche im Mai nach vorne, das legt zumindest der Caixin Einkaufsmanger-Index nahe. Dieser liegt für Chinas Dienstleistungssektor bei 55, wobei jeder Wert ab 50 bereits auf Wachstum hindeutet. Zum Vergleich: In Japan steht derselbe Index lediglich bei 26.5, in Indien sogar nur bei 12.6.

China ist nicht nur die erste große Volkswirtschaft, die vom Coronavirus getroffen wurde. Das Land hat auch als erstes die epidemiologischen Einschränkungen gelockert und die Ökonomie wieder hochgefahren. Der Alltag geht wieder seinen normalen Gang: Die Schulen im Land sind größtenteils geöffnet, die Restaurants voll, die Büros auf Normalbetrieb und der Berufsverkehrläuft wie gewohnt.

Oberflächlich betrachtet ist dies schon jetzt eine Erfolgsgeschichte: Während praktisch alle OECD-Länder in eine deutliche Rezession stürzen, kann die Volksrepublik noch immer auf ein Plus am Ende des Kalenderjahres hoffen. Die Versicherungsgesellschaft Swiss Re geht sogar von einem Wachstum von bis zu 2,7 Prozent aus.

Bei näherer Betrachtung wird jedoch deutlich, dass sich die anfänglichen Hoffnungen Chinas auf ein V-förmiges Wachstum nicht erfüllen werden. Die aktuell veröffentlichten Einkaufsmanager-Indizes – sowohl der vom staatlichen Statistikbüro publizierter als auch das privatwirtschaftliche Äquivalent vom Analyseinstitut Caixin – belegen zwar deutlich, dass die Industrieproduktion in den Fabriken des Landes weiterhin steigt. Jedoch stagniert die Erholung zum zweiten Monat in Folge.

Exportabhängigkeit lähmt

Der Subindex für „neue Exportaufträge“ fällt sogar krass negativ aus, was auf das Kernproblem der chinesischen Wirtschaft hindeutet: die schwache Nachfrage aus dem Ausland. Auch wenn das Land im Vergleich zu noch vor zehn Jahren deutlich weniger von Auslandsexporten abhängig ist, kann der Riese aus Fernost ohne eine stabile Weltwirtschaft nur bedingt die Krise meistern.

Ende Mai hat Chinas Premierminister Li Keqiang erstmals in der Geschichte des Nationalen Volkskongresses kein numerisches Wachstumsziel für das laufende Kalenderjahr ausgegeben, sondern visiert stattdessen die Stabilisierung des Arbeitsmarktes an. „Noch immer gibt es über 600 Millionen Chinesen mit einem monatlichen Einkommen von kaum 1.000 Yuan (125 Euro)“, sagte Li bei seiner Rede. Das ehrgeizige Ziel der Kommunistischen Partei ist es, bis Jahresende neun Millionen Jobs zu kreieren – und dadurch auch die gesellschaftliche Stabilität zu wahren.

128 Milliarden Euro als Starthilfe

Zudem hat die Staatsführung auch ein umgerechnet rund 128 Milliarden Euro großes Stimuli-Paket geschnürt. Dabei werden vor allem Staatsfirmen aus dem Bausektor für Infrastrukturprojekte unterstützt. „Wir haben derzeit viele neue Projekte bekommen und investieren auch mehr als sonst“, sagt etwa die Mitarbeiterin einer Pekinger Baufirma mit der Bitte um Anonymität.

Noch völlig unklar ist, wie hart der androhende „Finanzkrieg“ mit den Vereinigten Staaten die chinesische Volkswirtschaft treffen könnte. US-Präsident Donald Trump prüft derzeit wegen eines von Peking geplantem nationalen Sicherheitsgesetz für Hongkong Sanktionsmöglichkeiten. Im schlimmsten Fall könnte Trump Banken und Unternehmen vom Dollar-System abschneiden oder chinesische Firmen vom US-Aktienmarkt schmeißen. Dabei geht Washington mit solchen Drohungen ein gefährliches Risiko ein, denn China ist mit Japan nach wie vor der größte Gläubiger für die Schulden der Vereinigten Staaten.

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