Chinas Sondergesandter für die Ukraine: Li Huis unmögliche Mission​

Der Emissär ist mit leeren Händen von seiner ersten Verhandlungsreise zurück. Seine Russland-freundliche Position hat er nicht geändert.

Li Hui

Li Hui bei der PK am Freitag in Peking Foto: Ng Han Guan/ap

PEKING taz | Die Erwartungen waren immens, als der chinesische Diplomat Li Hui am Freitag in Peking vor die Presse trat. Der 70-Jährige ist erst kürzlich von seiner zwölftägigen Reise aus Europa zurückgekehrt, die ihn unter anderem nach Kiew, Brüssel und Moskau führte. Als Sondergesandter der selbsternannten „Friedensmacht“ wollte er zwischen den verhärteten Fronten vermitteln. Doch die Botschaft, die Li nun zurück in seine Heimat brachte, war überaus ernüchternd.

„Das Risiko einer Eskalation zwischen Russland und der Ukraine ist nach wie vor hoch“, sagte Li. Er sprach zudem davon, dass die Positionen der zwei Parteien sehr weit auseinander liegen und der Weg zum Verhandlungstisch „schwierig“ sei. Anders formuliert: Es ließ sich nicht im Entferntesten erkennen, dass seine Gespräche der letzten Wochen irgendeine Art Bewegung in den Konflikt gebracht hätten.

Dabei zählt Li Hui zählt mit mehreren Jahrzehnten in Moskau nicht nur zu Chinas renommiertesten Russland-Kennern, sondern ist auch der höchstrangige Vertreter der Volksrepublik, der seit Kriegsbeginn ukrainisches Territorium betreten hat. Dabei hat er die Gräuel der russischen Invasion aus nächster Nähe erlebt: Während seiner Zeit in Kiew hörte Li Hui laut Eigenaussage täglich Alarmsirenen und bekam zwei Luftangriffe mit.

Doch die Rückschlüsse, die der aus Kiew mitbringt, muten aus europäischer Sicht überaus empathielos an. Gefragt nach den Ursachen des Krieges, erwähnte Li den russischen Präsidenten Wladimir Putin mit keiner einzigen Silbe.

„Europas Sicherheitsarchitektur“ als Kriegsursache

Stattdessen führte er ausschließlich die Probleme der „europäischen Sicherheitsarchitektur“ an, die zu der Krise geführt hätten. Was der chinesische Regierungsvertreter damit genau meint, führte er nicht aus. Nur so viel: Die Krise hätte „historisch komplexe und realistische Gründe“, sagte Li. Und dann sagte er ohne jeglichen Anflug von Ironie: „Die Länder, die am meisten darunter leiden müssen, sind die Ukraine, Europa und Russland“.

Jene Täter-Opfer-Umkehr, die Russland als ausschließlich leidtragender der Nato-Expansion sieht, propagiert die chinesische Regierung schon seit Kriegsbeginn. Doch mittlerweile hätten viele Experten gehofft, dass Peking sich zumindest ein bisschen von seiner pro-russischen Loyalität distanziert: Schließlich hat sich die Volksrepublik in den letzten Monaten ganz offensiv als „Friedensnation“ bezeichnet und als neutraler Vermittler präsentiert.

An diesem Freitag nun schraubte Li höchstpersönlich die Erwartungen an die eigene Friedensinitiative zurück. Um einen „schnellen Sieg“ sei es bei seinen Verhandlungsgesprächen niemals gegangen, stattdessen wollte er vor allem die unterschiedlichen Positionen verstehen. Man werde in Zukunft eine zweite chinesische Delegation entsenden. Einen Termin nannte er jedoch nicht.

Welche politische Lösung man in diesem Konflikt verfolgt, wird aus dem vage formulierten, während der Münchner Sicherheitskonferenz vorgestellten „Friedenspapier“ der Chinesen nicht im Ansatz deutlich. Der Sondergesandte Li forderte am Freitag lediglich sämtliche Regierungen dazu auf, „keine Waffen mehr auf das Schlachtfeld zu schicken“.

Werbung für umgehenden Waffenstillstand?

Hinter den Kulissen brodelt längst die Gerüchteküche: Wie das Wall Street Journal jüngst berichtete, soll Li in Europa aktiv für einen umgehenden Waffenstillstand geworben haben, wobei Russland seine bisher eingenommen Territorien in der Ukraine beibehalten würde. Chinas Sondergesandter bezeichnete den Bericht allerdings als falsch. Dieser sei ein Versuch, „Zwietracht zwischen China und der Ukraine zu säen“.

Mehr als substanzlose Rhetorik bot Li bei seiner ersten Pressekonferenz als Vermittler nicht: „Solange es zur Entspannung der Lage beiträgt, ist China zu allem bereit“, sagte er etwa. Doch ganz offensichtlich ist dies eine Farce: Denn Peking ist bis heute nicht einmal dazu bereit, Russland öffentlich als Aggressor zu benennen, geschweige zu kritisieren.

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