Chinas Nationaler Volkskongress tagt: Mehr Geld fürs Militär
Pekings Pseudoveranstaltung, der Nationale Volkskongress, soll den Militräetat um 11,2 Prozent erhöhen. Außerdem tobt ein Machtkampf um die neue KP-Führung.
Der Pekinger Polizist Zuo Baoshan hat dieser Tage eine besondere Aufgabe, die er gewissenhaft erledigt: Er muss dafür sorgen, dass kein privates Flugzeug ohne Erlaubnis startet und womöglich Kurs auf das Zentrum nimmt. So marschierte er jüngst zum einzigen Fliegerklub der chinesischen Hauptstadt. Er versiegelte den Hangar und ließ Propeller und Motoren der Maschinen ausbauen.
„Sicher ist sicher“ lautet das Motto der Kommunistischen Partei. Sie kontrolliert nicht nur den Luftraum besonders scharf. Am Boden patrouillieren Polizisten und ältere Bürger mit roten Armbinden durch Straßen und Höfe. Anlass ist die alljährliche Sitzung des Nationalen Volkskongresses, Pekings Pseudoparlament, die heute in der Großen Halle des Volkes beginnt. Rund 3.000 Delegierte werden den Rechenschaftsbericht von Premierminister Wen Jiabao hören und die Politik des kommenden Jahres debattieren.
In der Regel ist dieses Treffen kaum mehr als eine klug inszenierte Schau, die dem Volk Demokratie und Transparenz vorgaukeln soll. Die Abgeordneten sind von oben bestimmt, wichtige Beschlüsse fassen die Spitzen der KP. Bereits gestern wurde bekannt, dass der Militärhaushalt in diesem Jahr um 11,2 Prozent auf umgerechnet 80 Milliarden Euro anwachsen soll. Damit steigt er zwar weniger stark an als in den letzten Jahren, internationale Militärexperten glauben aber, dass sich ein Teil der Personal- und Rüstungsausgaben in anderen Haushaltsposten verbirgt.
Funktionäre sprechen von „Reformstau“
Dennoch gibt es viel zu diskutieren: Vor allem die hohen Immobilienpreise und der Versuch der Regierung, eine Sozialversicherung für Hunderte von Millionen Menschen zu schaffen, dürften die Abgesandten beschäftigen. Hinter den Kulissen lagert zudem eine Menge politischer Sprengstoff: Im Herbst wird die KP auf ihrem 18. Parteitag die Führung auswechseln. Staats- und Parteichef Hu Jintao und Regierungschef Wen werden ihre Parteiposten aufgeben – und dann im Frühjahr 2013 auch ihre Regierungsämter. Vizepräsident Xi Jingping und Vizepremier Li Keqiang sollen dann das Heft in die Hand nehmen.
Viele Funktionäre sprechen intern von einem „Reformstau“. Der verkrampfte Parteichef Hu und sein schwacher Premier Wen haben in letzter Zeit nicht mehr viel bewältigt. Anstatt den privaten Sektor zu stärken, hätten sie zum Beispiel zugelassen, dass die Staatsbetriebe immer mächtiger wurden. Das bemängeln einheimische Kritiker ebenso wie Ökonomen der Weltbank in ihrer jüngsten Analyse, die sie gemeinsam mit Pekinger Regierungsberatern verfassten.
Vor diesem Hintergrund tobt zudem in der KP ein Machtkampf, der die Züge eines Politkrimis in sich trägt. Im Mittelpunkt steht der Parteichef der Yangtse-Metropole Chongqing, Bo Xilai, ein sogenannter Prinz, dessen Vater ein verdienter Revolutionär war. Bo, selbst eine schillernde Persönlichkeit, ließ in seiner Stadt Mao Zedong wieder aufleben: Er pries angebliche Tugenden des 1976 Verstorbenen und ließ die Bürger sogenannte rote Lieder singen. Vor allem machte er sich als Mafiajäger einen Namen. Ein treuer Helfer war sein Polizeichef Wang Lijun. Doch der, offenbar selbst unter Korruptionsverdacht, wurde von Bo degradiert. Er setzte sich kurzzeitig ins US-Konsulat im nahen Chengdu ab und wird jetzt von der Zentralen Disziplinarkommission in Peking verhört. Für Bo dürfte der Traum vom Olymp der KP ausgeträumt zu sein.
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