China stoppt Cameron-Film: Avatar des Todes
Er steht an der Spitze der Kinocharts und ist bereits preisgekrönt: Der Science-Fiction-Film "Avatar". Chinas Propagandabehörden wollen die Ausstrahlung jetzt stoppen.
PEKING/MOSKAU dpa/afp | Trotz des starken Besucheransturms darf die Mehrheit der Kinos in China den Film "Avatar – Aufbruch nach Pandora" ab Freitag nicht mehr zeigen. Kinos in Peking berichteten am Dienstag, lediglich in Lichtspieltheatern mit 3D-Technologie könnte der bisher erfolgreichste Film in China noch gesehen werden. Inwieweit der Siegeszug des prämierten Hollywood-Streifens in China aus ideologischen Gründen oder wegen seiner starken Konkurrenz für heimische Filme gestoppt werden soll, blieb unklar.
Der Science-Fiction hat bei Chinesen einen Nerv getroffen, weil sich viele durch die Geschichte über die gewaltsame Vertreibung eines Volkes an das Schicksal ihrer eigenen Familien erinnert fühlen, die zwangsweise ihre Häuser für neue Immobilienprojekte verlassen müssen. China hat 1700 Lichtspieltheater mit mehr als 4000 einzelnen Kinosälen, von denen aber nur gut 500 dreidimensional ausgelegte Filme zeigen können.
Chinas Propagandabehörden wollten "Avatar" vorzeitig auslaufen lassen, "weil er die Besucher an Zwangsumsiedlungen denken lässt und möglicherweise Gewalt auslösen könnte", berichtete die Hongkonger Zeitung Apple Daily. Auch nehme der ausländische Film heimischen Produktionen die Einnahmen weg. "Avatar" wird von Samstag an durch den chinesischen Streifen "Konfuzius" ersetzt, mit dem traditionelle Werte des Philosophen propagiert werden sollen.
Die bekannte Kolumnistin Hung Huang beschrieb in der China Daily, warum sich viele Chinesen mit dem Na'vi-Volk in dem Fantasie-Film identifizieren und sprach von einem "sozialen Phänomen". "All die zwangsweisen Umsiedlungen alter Nachbarschaften in China machen uns heute zu den einzigen Erdenbürgern, die wirklich das Leid der Na'vi nachempfinden können."
Der berühmte Blogger Han Han meinte: "Für Zuschauer in anderen Ländern ist eine solche brutale Räumung jenseits ihrer Vorstellungskraft. Es kann nur auf einem anderen Planeten oder in China stattfinden." Selbst die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua schrieb, viele Kinogänger sähen in dem Film "eine erfolgreiche Schlacht gegen eine Zwangsräumung". In dem Drama fänden Chinesen "einen bekannten sozialen Konflikt" wieder – erzwungene Abrisse durch Immobilienunternehmen und Stadtverwaltungen.
"Ich frage mich, ob James Cameron heimlich in China gelebt hat, bevor ihm eine solchen Idee für die Geschichte von "Avatar" kam, wenngleich mit einem vielversprechenden Ende", zitierte die Staatsagentur einen Blogger. Offen zitierte Xinhua auch den Kommentar eines Internetnutzers: "Wenn in China ein Immobilienunternehmen ein Stück Land haben will, müssen die Bewohner weichen – wenn sie sich weigern, greift das Immobilienunternehmen zu Gewalt."
In den ersten acht Tagen hatte "Avatar" in China bereits die Rekordsumme von 300 Millionen Yuan (30 Millionen Euro) eingespielt. Ob das erklärte Ziel von 500 Millionen Yuan nach dem weitgehenden Rückzug noch erreicht werden kann, ist ungewiss. Der Film hatte eigentlich über die wichtige Ferienzeit zum chinesischen Neujahrsfest noch bis Ende Februar in den Kinos laufen sollen.
Tawaianer stirbt nach "Avatar" an Hirnblutung
In Taiwan ist ein Mann an einer Hirnblutung gestorben, nachdem er sich das 3-D-Spektakel "Avatar" im Kino angesehen hatte. Der 42-Jährige habe unter hohem Blutdruck gelitten und sich während des Kinobesuchs zunächst unwohl gefühlt, sagte der Notfallarzt Peng Chin Chih am Dienstag. Bereits auf dem Weg ins Krankenhaus sei der Mann bewusstlos geworden. Die Ärzte hätten dann eine Blutung im Gehirn festgestellt, an deren Folgen er elf Tage später starb. Die Symptome seien vermutlich durch die "übermäßige Aufregung" im Kino ausgelöst worden.
Die Zeitung China Times sprach anschließend von dem ersten Todesfall im Zusammenhang mit dem Science-Fiction-Film. In Internetforen hatten andere Zuschauer über Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit und Sehstörungen geklagt, nachdem sie sich "Avatar" und andere 3-D-Filme im Kino angesehen hatten.
"Avatar" hatte in der Nacht zum Montag den Golden Globe als bester Film des Jahres gewonnen. Auch wurde sein Regisseur James Cameron von der Vereinigung der Auslandspresse in Hollywood ausgezeichnet.
Russische Kommunisten fordern Verhaftung von James Cameron
Russische Kommunisten haben Star-Regisseur James Cameron geistigen Diebstahl für sein Science-Fiction-Spektakel "Avatar – Aufbruch nach Pandora" vorgeworfen und seine Verhaftung gefordert. Cameron habe für den Blockbuster Handlung und Figuren aus dem Roman "Die Unruhe" des sowjetischen Autors Boris Strugazki verwendet. Das kritisierte die für scharfe Reaktionen auf westliche Filme bekannte Partei der Kommunisten in St. Petersburg auf ihrer Internetseite. Sie forderte die russischen Behörden auf, einen internationalen Haftbefehl gegen Cameron zu erlassen.
In Strugazkis Werk gerät ein Biologe auf den Planeten Pandora und lebt dort mit den Eingeborenen – ähnlich wie in Camerons 3D-Animationsabenteuer. Strugazki selbst hatte dem US-Regisseur bereits vor einiger Zeit vorgeworfen, seine Ideen gestohlen zu haben. Er will aber nicht juristisch gegen Cameron vorgehen.
Rauchende Weaver sorgt im Amerika für Empörung
Eine amerikanische "Initiative für rauchfreie Filme" hat mit ganzseitigen Anzeigen dagegen protestiert, dass in dem Film "Avatar" Schauspielerin Sigourney Weaver zur Zigarette greift. "Rauchen in für Kinder freigegebenen Filmen – jetzt auch in 3D", heißt es in den Annoncen, die der Initiative zufolge in den Branchenblättern The Hollywood Reporter und Variety veröffentlich wurden. Der Film dürfe nicht schon für 13-Jährige zugelassen werden, sondern müsse ein "R-Rating" als Film für Erwachsene bekommen.
"Seit 40 Jahren sind in Amerika Werbefilme für Tabak verboten", heißt es in der Anzeige. "Aber für jeweils 100 Millionen Dollar, die "Avatar" einspielt, bekommt das Publikum 40 Millionen Mal Tabakkonsum zu sehen. Das entspricht Gratiswerbung in Höhe von 50 Millionen Dollar für die Tabakindustrie", behauptet die Initiative. Besonders bedenklich sei, dass mit Weaver als "Dr. Grace Augustine" eine positive Figur zur Zigarette greife.
Die Werbung wirft Regisseur James Cameron vor, schon mit seinem Hit "Titanic" vor zwölf Jahren Werbung für Zigaretten gemacht zu haben. "Eine junge Frau erklärt ihre Unabhängigkeit, indem sie eine Zigarette annimmt – ein Anachronismus im Jahr 1912. Bei "Avatar" wird im Jahr 2154 geraucht, von einer reifen Wissenschaftlerin." Und das, obwohl "Avatar – Aufbruch nach Pandora" 30 Millionen Dollar staatliche Fördergelder kassiert habe. "Das Publikum muss nicht nur dreidimensional Zigarettenwerbung ertragen, es muss auch noch mit Steuergeldern dafür zahlen."
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