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China: Bushs Land des „geringeren Übels“

Heftige Debatte in USA über Handelsvorteile an China/ Bush will, Kongreß fordert Einhaltung der Menschenrechte  ■ Aus Washington Rolf Paasch

Wieder einmal geht es im Streit über die US-Außenpolitik um die Moral. In der Verfolgung der amerikanischen Ideale, so rechtfertigte Präsident George Bush jetzt seine Gewährung von Handelsvorteilen an China, müsse oft „der Kurs durch eine Wahl des geringeren Übels“ gesteuert werden. Der Politik der Bush-Administration, der mordenden Geriontokratie in Peking jetzt erneut mit Zollvorteilen unter die Arme zu greifen, so Demokratenführer Mitchell im Senat, fehle jede „moralische oder logische Basis“.

Und so wiederholt sich in den USA ausgerechnet zum Jahrestag des Massakers am „Platz des Himmlischen Friedens“ die heftige innenpolitische Debatte über die Behandlung jenes Reiches der Mitte, das George Bush aus seiner Zeit als Missionschef im Peking der 70er Jahre besonders gut zu kennen glaubt. Der Präsident muß in bezug auf China alljährlich die am 2. Juni auslaufende Meistbegünstigungsklausel erneuern, in deren Rahmen die USA dem Großteil seiner Handelspartner (insgesamt rund 100 Ländern) besondere Zollvorteile gewährt. Dem Kongreß liegen dagegen derzeit fünf Gesetzentwürfe vor, die eine Gewährung dieses „most favoured nation“-Status (MFN) entweder an die Erfüllung politischer Bedingungen — wie der der Freilassung aller politischen Gefangenen knüpft — oder ganz ablehnt.

Im letzten Jahr hatten dem Senat drei Stimmen zur Überstimmung des präsidentiellen Vetos gegen die vom Kongreß verlangte Aufhebung der Handelsbegünstigungen gefehlt. Um die zu der Übertrumpfung seines Vetos notwendige Zweidrittelmehrheit im Kongreß auch in diesem Jahr zu verhindern, hat George Bush sein MFN-Paket nun selbst mit einigen technischen Sanktionen geschmückt. Zwar sollen die Zollvorteile für ein Jahr lang ohne Bedingungen erneuert werden. Parallel dazu verfügte Bush jedoch ein Exportverbot für Computer- und Raketentechnologie: damit sein neuer Abrüstungsplan für den Mittleren Osten angesichts der Raketenexporte Chinas in die Region nicht völlig an Überzeugungskraft verliert.

Doch das Ausfuhrverbot für High-Tech-Teile, so Gary Mulhollin vom „Wisconsin Arms Control Project“, werde Chinas Raketenprogramm zwar verlangsamen, „die Raketenexporte in die Dritte Welt jedoch nicht unterbinden“. Härter dürfte dagegen Chinas kommerzielles Satellitenprogramm bzw. die wirtschaftliche Modernisierung von dem Ausfuhrstop für amerikanische Supercomputer getroffen werden. Doch viele Volksvertreter scheinen sehr aufgebracht über Bushs Arroganz in Sachen China und die doppelte Moral seiner Administration in der Behandlung des sturen Regimes in Peking auf der einen und der reformwilligen sowjetischen Führung auf der anderen Seite. Daß sich George Bush gegenüber dem Kongreß als einziger China-Experte aufspielt, stößt den Repräsentanten und Senatoren dabei ebenso übel auf wie seine eigenwillige Interpretation des chinesischen Wohlverhaltens in der Globalpolitik. Wenn Bush in seinem Versuch, die Bilanz der chinesischen Politik zu verschönern, jetzt von einer Hilfe Chinas in der Kambodschafrage spreche, so die Kolumnistin Mary Mc Grory, sei dies „ein übler Scherz“. Chinas Stimmenthaltung im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen während des Golfkriegs, so der Kommentator Richard Cohen, sei für Bush offensichtlich wichtiger als „die 20 Millionen Seelen in den chinesischen Gulags“.

Die Empörung über Chinas Menschenrechtsverletzungen war in den USA jetzt durch einen Bericht der Organisation „Asiawatch“ neu entfacht worden, demzufolge ein Großteil des importierten Kinderspielzeugs — unter wettbewerbsverzerrenden Bedingungen — in chinesischen Gefängnissen produziert wird. Bei einem wachsenden Handelsdefizit der USA mit China ist diese Tatsache in der Debatte nicht nur zum moralischen, sondern auch noch zum wirtschaftlichen Argument gegen die Gewährung des MFN-Status geworden.

Ob Präsident Bush angesichts dieser starken Widerstände auf der strikten Durchsetzung der Zollvorteile ohne jegliche Bedingungen bestehen wird, ist noch unklar. Führende Mitglieder der zuständigen Kongreßausschüsse haben jedenfalls angedeutet, daß sie der Gewährung der Meistbegünstigungsrechte an China unter Umständen zustimmen würden, falls sie an die Erfüllung politischer Bedingungen geknüpft würden.

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