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Chilenischer Präsidentschaftskandidat"Über vieles wird nicht gesprochen"

Der Kandidat Enríquez-Ominami über irrende Politiker, Twitter und die Folgen von 1973. Er sagt: "Vorsicht – Gegen Pinochet zu sein, macht dich nicht zum Linken."

Der unabhängige Kandidat Marco Enriquez-Ominami in Concepción. Bild: reuters
Jürgen Vogt
Interview von Jürgen Vogt

taz: Herr Enríquez-Ominami, nachdem Sie als Kandidat angetreten sind, kamen Sie in Umfragen aus dem Stand heraus auf 13 Prozent. Wie erklären Sie sich diesen Erfolg?

Mario Enríquez-Ominami: Mein erster Wahlslogan war: Chile hat sich verändert. Also nicht nur, dass sich Chile verändern muss, sondern sich bereits verändert hat. Die Concertación irrt sich, wenn sie vorgibt, Chile hätte sich zwar verändert, aber man könne noch immer Politik machen wie 1988. Über vieles wurde und wird nicht gesprochen.

Und was bieten Sie?

Bild: reuters
Im Interview: 

Marco Enríquez-Ominami, geboren 1973, Sohn des Führers des marxistisch-leninistischen MIR, trat aus der sozialistischen Partei aus, um als unabhängiger Kandidat bei den chilenischen Präsidentschaftwahlen anzutreten.

Wir bieten eine neue Form des Politikmachens: mutig, ehrlich, glaubwürdig. Das ist nichts Neues in der Welt, aber neu für die politische Klasse in Chile. Dieser Mut wird von den Menschen honoriert. Heute ist mein Slogan, Chile muss sich verändern.

Was zeichnet neben diesem Slogan Ihre Wahlkampagne aus?

Die Glaubwürdigkeit in den Auftritten und in den Fernsehspots. Ich leite die Kampagne selbst. Und da habe ich schon einige Fehler zugegeben, sofort. Das hat viele in Chile überrascht. Das ist neu, dass einer kommt und sagt, ja, da habe ich mich geirrt. Die Menschen sind hier an die Monarchen im Präsidentenamt gewöhnt, die sind unfehlbar. Darüber hinaus sind Twitter und Internet ebenfalls enorm wichtig. Ich twitter den ganzen Tag.

Sie sind im Juni 1973 geboren, wenige Monate vor Pinochets Militärputsch. Was bedeutet das für Sie?

Die Diktatur hat mich schwer getroffen. Ich bin Sohn, Bruder, Cousin, Neffe und Enkel von Opfern der Diktatur. Mein Vater Miguel Enríquez und mein Bruder Miguel wurden ermordet, zwei Onkel sind verschwunden, drei meiner Großeltern wurden gefoltert oder ins Exil getrieben. Ich hege keinen Groll, sondern nur Entschlossenheit.

Mit welcher Konsequenz?

Ich habe einen Gesetzesentwurf zur Aufhebung der Amnestiegesetze eingebracht. Pinochet hat Chile vergiftet. Aber Vorsicht! Pinochet-Anhänger zu sein, macht dich aber noch nicht zum Rechten. Dazu existiert der Glaube, wer gegen Pinochet ist, ist auch links. Aber nur gegen Pinochet zu sein, macht auch niemanden automatisch zum Linken.

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2 Kommentare

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  • D
    Domas

    Man muss sich schon wundern, wie tief die TAZ in das Tagesgeschehen einsteigt, um diesen Kandidaten zu skizzieren.

     

    In der Mehrzahl der Wähler wird Ominami abgelehnt und das liegt daran, wie er kritisiert und mit wem er sich abgibt.

     

    Wenn man mit den Blutsaugern der Bevölkerung Gut-Freund ist, dann strahlt das über die netten Wahlplakate und eine feche Aufmachung hinaus.

     

    Ominami ist ein Blender und wird nichts gewinnen. Er spielt diesem verrückten Pineira in die Hände, in dem er Glauben macht, dass die Concertation abgewirtschaftet hat.

  • MP
    MEO para Chile

    Ein sehr interessantes Interview mit einem ambitionierten Politiker. Aber:

    Im TazBlog L@tinrama wurde das komplette Interview abgedruckt. WARUM WURDE FOLGENDE FRAGE UND ANTWORT GESTRICHEN? Es ist eine Frechheit, dass sich die TAZ mal wieder dem in Europa & den USA vorherrschenden Diskurs gegenüber Lateinamerika anschliesst und dieses überaus treffende Statement von Enríquez-Ominami über Hugo Chávez zensiert.

     

    "Was macht ein Präsident Enríquez-Ominami außenpolitisch?

     

    MEO: Wiederum drei Säulen. Erstens, Schwerpunkt auf die Beziehungen zu den Nachbarländern legen. Zweitens, die regionalen Integration weiter vorantreiben. Und drittens, nicht alles was aus den USA kommt ist gut für Chile. Hugo Chávez beispielsweise verteidigt eine multipolare Welt und das gefällt mir. Ebenso sein Diskurs über die Rolle des Staates bei der Bekämpfung der Armut. Chávez hat aber auch Erklärungen abgegeben, die mir nicht gefallen, dennoch bin ich gegen die Karikatur, die man aus ihm macht."

     

    http://blogs.taz.de/latinorama/2009/12/09/ich_twittere_den_ganzen_tag/