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"Chiko" von Fatih AkinHarte Kost über harte Jungs

Das von Fatih Akin produzierte Gangsterdrama "Chiko" ist nichts für zarte Gemüter. Die Gewalt ist für den Zuschauer teilweise schwer erträglich.

Anrührende Naivität und unbedingter Wille zum Ausbruch: Denis Moschitto als Chiko. Bild: dpa

BERLIN taz | Rein ist an diesem Film nur der weiße Mercedes, den der Kleinkriminelle Chiko (Denis Moschitto) sich so sehnlich wünscht wie seinen ersten Kuss und eine Karriere in der Hamburger Halbwelt. Als er das Auto aus einem Linienbus heraus zum ersten Mal sieht, ahnt er noch nicht, welch hohen Preis er für seine Träume zahlen wird, wie seine Aufstiegsfantasien im Albtraum enden werden.

Özgür Yildirims von Fatih Akin produziertes Gangsterdrama "Chiko", am Montag zu sehen in der Reihe "FilmDebüt im Ersten", erzählt die Geschichte einer Eskalation, von Freundschaft und Verrat, von Gewalt und Gegengewalt, von Trauer und Schmerz. Alle Figuren - Chiko, dessen bester Freund Tibet (Volkan Özcan) und der für seine Drogengeschäfte bewunderte Musikproduzent Brownie (Moritz Bleibtreu) - sind in teuren Autos auf einer Einbahnstraße in den Untergang unterwegs. Es gibt kein Entkommen: Wer umkehren will, wird zum Geisterfahrer, ist auch dem Tod geweiht.

In einer (nicht nur) für einen Debütanten herausragenden Kompromisslosigkeit und Stilsicherheit, die über einige Lücken im Buch hinwegsehen lässt, macht Regisseur und Autor Yildirim die Faszination des Milieus begreifbar - zu HipHop-Beats wird Kokain portioniert, Geld gezählt, ein Loft bezogen, der Mercedes gekauft und endlich eine Frau geküsst -, zugleich aber dessen Grausamkeit hautnah erfahrbar.

"Chiko" ist harte Kost über harte Jungs oder solche, die es werden wollen, denn das Kindergesicht des Hauptdarstellers Denis Moschitto spiegelt eine anrührende Naivität genauso wie den unbedingten Willen zum Ausbruch. Gemeint sind damit Exzesse, aber auch ein besseres Leben jenseits der Sozialsiedlungen. Die Gewalt ist für den Zuschauer teilweise schwer erträglich: In einer Szene etwa schlägt Brownie Tibet, der hinter seinem Rücken Gras verkauft hat, einen Nagel in den Knöchel - die Entzweiung der Buddies Tibet und Chiko. Am Ende steht eine Umarmung, aber keine Versöhnung.

Montag, 25. Juli, 22.45 Uhr, ARD

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1 Kommentar

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  • MM
    Markus Müller

    Die ARD hat den Kontakt zur Realität noch nicht ganz verloren.Das ist gut.

    Denn Sport,sport,sport und Tatort,ort,ort,ort sind zwar

    Opium für´s Volk,aber was Realität ist,steht doch auf einem anderen Bierdeckel.

    Fatih Akin wußte bisher immer sehr genau wovon er erzählt und ist mit Abstand der großartigste Regisseur,Filmemacher,was auch immer.Wenn er seine Finger im Spiel hat kommt jedenfalls kein austauschbarer Mist heraus,wie bei so vielen anderen.

    Wer bei diesem Film oft wegschauen muß,der tut das auch im seinem Leben wohl des öfteren.