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Chefwahl an der Freien Universität„Die Stimmen sind schon vergeben“

Die Freie Universität wählt heute ihren Präsidenten. Wobei von Wahl keine Rede sein kann, sagt Informatikprofessor Rojas.

Studenten: Ahnt er, wer Präsident wird? Bild: dpa
Interview von Anna Bordel

taz: Herr Rojas, Sie kandidierten im März 2010 für das Amt des FU-Präsidenten. Wieso haben Sie Ihre Kandidatur kurz vor der Wahl zurückgezogen?

Raul Rojas: Die Listen des Akademischen Senats hatten sich schon im Voraus auf die Kandidaten für das ganze Präsidium geeinigt. Außerdem sollte die FU für die Exzellenzinitiative noch mal ins Rennen gehen, daher war der Zeitpunkt für einen harten Wahlkampf ungünstig. Ich wollte nicht, dass dieser zu Lasten des Erfolgs geht. Meine Kandidatur war also eher eine Art Protest. Ich habe sie nur so lange aufrechterhalten, bis es nicht mehr ging wegen der genannten Zwänge.

Peter-André Alt ist bei der Wahl am Mittwoch wie schon 2010 einziger Kandidat für das Amt. Wie erklären Sie sich das?

Die Stimmen sind schon im Voraus vergeben. Es gibt an der FU kein Gremium, das nach Präsidentschaftskandidaten sucht und dann den Wahlprozess mit offenem Ausgang beginnt. Es gibt nur Listen. Wenn die sich im Vorhinein einigen, macht der Wahlkampf für externe Kandidaten keinen Sinn.

Der Asta der FU spricht von einer „massiven Entdemokratisierung der Hochschule“, der Präsident habe zu viel Macht. Finden Sie das auch?

Ich glaube, dass die Organe der Universität, darunter der Akademische Senat, im Laufe der letzten 20 Jahre progressiv entmachtet worden sind. Die Entscheidungen, die heute im Akademischen Senat gefällt werden, sind sekundär. Er spielt keine große Rolle mehr.

Wer spielt noch eine Rolle?

Kaum jemand außerhalb der Exekutive.

Im Interview: Raul Rojas

58, ist Professor für Informatik an der FU. 2010 zog er seine Kandidatur für das Präsidentenamt zurück. Für die heutige Wahl tritt er nicht an, obwohl er für die Vizepräsidentschaft nominiert wurde.

Was läuft konkret schief bei der Besetzung des Präsidentenamtes?

Das ganze Prozedere ist zu politisiert. Der Akademische Senat sollte wie an anderen europäischen Universitäten von Fachbereichsvertretern gebildet werden. Die Wahl über Listen hat zur Folge, dass sich mehrere Listen zusammentun und die anderen – Studenten, wissenschaftliche Mitarbeiter, auch Professoren – haben dann kein Mitspracherecht mehr.

Sie sagen, „die schweigende Mehrheit weiß noch nicht mal, dass es Wahlen gibt“?

Die Wahlteilnahme bei Studenten liegt unter fünf Prozent. Weit weniger als die Hälfte der Mitarbeiter und Professoren gehen wählen. Jeder ist in seine eigene Sache verwickelt, und nur ein kleiner Prozentsatz interessiert sich für die Belange der gesamten Universität.

Was sollte sich ändern?

Das Präsidium sollte eine Politik des Integrierens verfolgen und nicht des Ausgrenzens. Über Statusgrenzen und Listen hinweg sollte man versuchen, Mitarbeiter und Studenten in Entscheidungen zu integrieren.

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