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Chefvolkswirt der EZB tritt zurückNoch ein Notenbanker steigt aus

Jürgen Stark, Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank, tritt zurück. Ein möglicher Nachfolger ist Jörg Asmussen, Staatssekretär im Bundesfinanzministerium.

Spielt überall mit: Jörg Asmussen (links) hier mit Josef Ackermann. Bild: dpa

BERLIN taz | Jürgen Stark, der Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank, tritt ab. Möglicherweise wird ihm Staatssekretär Jörg Asmussen aus dem Bundesfinanzministerium nachfolgen. Den Abgang Starks bestätigte die EZB am Freitagnachmittag. Über Asmussen hieß es in Berliner Regierungskreisen, diese Lösung klinge plausibel.

Starks Abschied könnte mit der Politik der Zentralbank während der Schuldenkrise seit Anfang 2010 zusammenhängen. Die EZB unter Präsident Jean-Claude Trichet kaufte Staatsanleihen verschuldeter Staaten wie Griechenland, Italien und Spanien, um die Zinsen für diese Anleihen zu senken und die Regierungen flüssig zu machen.

Diese Maßnahme, die teils im Widerspruch zu den europäischen Verträgen steht, kritisierte Stark. Er plädierte für eine Konzentration der EZB auf ihre eigentliche Rolle: die Stabilität des Euro zu sichern. Bankrotte Regierungen müsse die Politik unterstützen. Nach der Nachricht vom Abgang Starks sackte der Eurokurs ab.

Ob Starks möglicher Nachfolger Asmussen die Linie seines Vorgängers fortsetzt, ist unklar. Fakt ist, dass Asmussen während der Banken-, Wirtschafts- und Schuldenkrise seit 2008 eine zentrale Rolle im Berliner Regierungsapparat einnahm.

SPD-Finanzminister Peer Steinbrück berief ihn zum Staatssekretär. Asmussen organisierte in enger Abstimmung mit dem Bundeskanzleramt und der Bundesbank die Stabilisierung angeschlagener Banken und die Gründung des Bankenrettungsfonds Soffin.

Auf internationaler Ebene verhandelte er die Abkommen der G-20-Gruppe zur Regulierung der Finanzmärkte. Zuletzt leitete er eine G-20-Arbeitsgruppe zur Reform des Weltwährungssystems. Steinbrücks Nachfolger, CDU-Finanzminister Wolfgang Schäuble, beließ Asmussen im Amt. Er vertrat den Minister häufig, wenn Schäuble durch Krankheit verhindert war.

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7 Kommentare

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  • C
    Chris

    Dass Jürgen Stark Abtritt, ein orthodoxer Hardliner eines abgehalfterten Monetarismus, wäre eigentlich Grund zu Freude. Haben wir es doch auch Stark zu verdanken, dass die EZB interpretiert wird, als würde sie wie eine überdimensionierte Privatbank funktionieren. Die zentralen Unterschiede zwischen den Privatbanken und einer ZENTRALBANK werden so nie verstanden. Stattdessen fabuliert man über die Abwehr von Inflation (wo gibt es die denn außer auf den Finanzmärkten als asset price inflation)und es wird auf politische Unabhängigkeit gepocht. Eine Unabhängigkeit, die einzig dazu dient, über die EZB POLITIK zu machen. Aber bitte keine Kritik oder gar nach demokratischer Legitimation fragen!

     

    Aber muss auf Starck der Versager Asmussen folgen? Politisches Geschick hat dieser "Vollhonck" ohne Zweifel, ist er doch bestens vernetzt mit Ex-Buba Chef Axel Weber und dem Neuen an der Spitze Jens Weidmann. Beide haben bei Axel gelernt/studiert und deshalb wundern auch nicht die Supervorschläge von Asmussen vor der Krise 2007/08 zum "Finanzplatz Deutschland". Lesen lohnt sich, da bleibt einem aber oft das Lachen im Hals stecken! Auch mit seiner Performance bei dem Megarettungsdeal um die Hypo Real Estate - Asmussen war Bevollmächtigter der Bundesregierung - dürfte er sich einen Platz in den Geschichtsbücher gesichert haben. "Wieviel Steuer-Milliarden dürfen es denn sein Herr Ackermann?"

     

    Vorher nichts gewusst und in das neoliberale Horn getutet. Dann nach dem Scheitern dieser Idiotien die Rettung an entscheidender Stelle mitorganisiert und jetzt an die Spitze der EZB gehoben? Vielleicht gibt es die EZB nach dem Scheitern des Euros ja im nächsten Jahr nicht mehr und wir dürfen vielleicht Asmussen los sein. Aber Nein! Es droht ja auch noch die Kanzlerkanditatur seines Ex-Bosses Per Steinbrück. SPD-Steinbrück unterbietet die inhaltliche Kompetenz seines Ex-Staatssekretärs stets. Hier besteht also immer Beratungsbedarf, sodass Asmussen vielleicht bald in einem neuen Büro im Kanzleramt sitzt.

     

    Wird man diese Wiedergänger denn nie los?

  • A
    aurorua

    Mit diesem falschen Handlanger der Banken und Versicherungen findet dann endgültig die Umwandlung der EZB in eine "BADBANK" statt. Jemandem den Peer Steinbrück ein Verräter am einfachen Volke (Agenda 2010 etc.) geholt hat und den ein Lügner und Schmiergeldschieber Namens Schäuble behalten hat, kann nur Schaden und Zusammenbruch bringen.

  • S
    scheipant

    Ein Staatssekretär, der das ganze Politiker-Schlamassel der letzten Jahre mitträgt, soll nun in die EZB? .... Himmel hilf und Herr, schmeiß' Hirn herunter!!!

  • R
    rugero

    Ein Mann hat seinen Job gekündigt, weil er nicht mehr dazu stehen kann. Er verdient Respekt für seine Ehrlichkeit und Haltung.

     

    Jetzt kann man gleich wieder über all lesen, daß die Börsen dramatisch "auf Talfahrt". Da sitzen ein Haufen hysterischer Klatschbasen und suchen ständig nach Möglichkeiten zur Spekulation anhand von kleinsten Vorkommnissen - und die Anleger fallen alle daruf herein.

     

    Demnächst wird Herr Stark ersetzt durch einen sicherlich auch kompetenten Nachfolger. Wird das dann auch wieder zu Börseneffekten führen ?

     

    Ich sehne mich zurück nach Zeiten, in den für Börsenwerte noch die Substanz von Unternehmen wichtig waren.

  • H
    http://die-neue-enge.over-blog.de/article-die-teuerung-galoppiert-83826833.html

    Die Teuerung galoppiert

  • JK
    Juergen K.

    Ackermann stand nicht auf meinem Wahlzettel.

  • S
    StefanMarc

    Leider wird hier offenbar, wie falsch die gegenwärtige Finanzpolitik der CDU ist. Steuergelder werden in Milliardenhöhe an verschiedene EU-Staaten verschenkt und nunmehr an Griechenland. Besser aber wäre es, wenn Griecheland den EURO verläßt und die Drachme zurückerhält. Besser jetzt ein Schrecken für Griechland, als ein Schrecken ohne Ende für den EURO, der uns Milliarden bei dem Aufkauf von Staatsanleihen und Rettungsschirm kauft.

     

    Die Finanzpolitik muss in Berlin bleiben und darf nicht an Brüssel abgegeben werden, wie es intern in Brüssel geplant wird.

     

    Das Schlmmste an dieser Finanzpolitik ist, das auch Sozialdemokraten, Linkspartei und Grüne hier nicht gross anders bisher gehandelt hätten und ebenso aus falsch verstandener Solidarität mit Griechenland Milliarden an deutschen Steuergeldern nach dorthin verschickt hätte.

     

    Die FDP wäre gut beraten, hier einen anderen Kurs zu setzen, gegen Eurobonds zu stimmen, gegen eine Transferunion und gegen das Verschleudern deutscher Steuergelder.

     

    Bei allen anderen Parteien bin ich mir leider sicher, das sie alle die deutschen Steuergelder verschleudern und deren Finanzpolitik auch eine Katastrophe wäre.