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: Will kein Nazi sein: Schwedendemokrat Åkessonempört über Rassismusvorwürfe

Nennst du mich Nazi?“ Aufgesetzte Empörung über vermeintliche Nazi­vorwürfe gehörten bei den diesjährigen TV-Wahlkampfdebatten der Vorsitzenden der acht schwedischen Reichstagsparteien zum Ritual des Jimmie Åkesson. Womit der Vorsitzende der Schwedendemokraten den so Angegriffenen nötigte zu erklären, dass das von ihm gerade verwendete Etikett „braun“ nun mal das übliche Label für eine Partei mit rassistischer Politik und Neonaziwurzeln ist – wie sie Åkessons Partei eben sei. Darüber, was er mit solchen Auftritten eigentlich gewinnen wollte, rätselten Medienkommentare. Aber vielleicht irritierte es Åkesson ja einfach, dass sich in diesem Wahljahr mehrere Bücher mit seiner Vergangenheit beschäftigen.

Dazu gehört die Tatsache, dass er als 15-jähriger Gymnasiast 1994 „als junger Nationalist“ und nach sorgfältiger Überlegung, wie er es selbst 1997 beschrieb, in eine Neonazi-Partei eintrat. Dass der damalige Vorsitzende der Schwedendemokraten antisemitische Verschwörungstheorien verbreitete, störte Åkesson dabei offensichtlich ebenso wenig wie die Tatsache, dass zur Parteispitze auch ein Holocaust-Leugner und Freiwilliger von Hitlers Waffen-SS gehörte.

Åkesson stürzte sich damals in die Parteiarbeit, die nach einem abgebrochenem Studium sein einziger Beruf bleiben sollte. Seit 2005 steht er an der Spitze der Schwedendemokraten. Damit ist er länger Parteichef als alle anderen schwedischen Parteivorsitzenden zusammen. Ein Versuch, die Verantwortung für deren rassistische Politik auf andere zu schieben, wäre also zum Scheitern verurteilt.

Nachdem die Partei es 2010 erstmals in den Reichstag geschafft hatte, kündigte Åkesson eine „Nulltoleranz gegen Rassismus“ an. Ein leeres Versprechen, ebenso wie im Laufe der Jahre regelmäßig wiederholte ähnliche Ankündigungen.

Im Vorfeld der diesjährigen Wahl konnte die antifaschistische Stiftung „Expo“ wieder über 200 KandidatInnen auf den Wahlzetteln der Partei aufzählen, die Altnazis feiern, Antisemitismus verbreiten, Muslime „ausrotten“, „Schwarze an den Baum knüpfen“ und „Somalier über den Haufen fahren“ wollen.

Åkesson muss eine Doppelstrategie balancieren: Einerseits muss die Partei radikal genug sein, um ihre KernwählerInnen zufriedenzustellen, andererseits müssen die schärfsten Kanten abgeschliffen werden, um WählerInnen aus der Mitte anzuziehen. Der Firnis, unter dem sich der Rassismus des Jimmie Åkesson verbirgt, ist dünn. Reinhard Wolff, Stockholm