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Chaos bei Kolping in ParaguayKorruptionsvorwürfe bestätigt

Das Entwicklungsministerium denkt über die Rückforderung der an die Kolping-Stiftung gezahlten Gelder nach. Der Stiftungsvorstand hüllt sich dazu in Schweigen.

Auch wenn Dirk Niebel richtig hinhört, das Kolping-Werk schweigt weiter. Bild: dpa

Manchmal fragt man sich, ob es im Fall Kolping eigentlich noch Gewinner gibt oder ob unabhängig von Recht oder Unrecht langsam alle Beteiligten zu Verlierern werden. Klar ist: Seit August herrscht zwischen Köln, Berlin und Paraguay ein Chaos, wie es die deutsche Entwicklungspolitik lange nicht erlebt hat.

Im Mittelpunkt steht Brigitte Fuzellier, die umtriebige, mittlerweile entlassene Geschäftsführerin der Kolping-Stiftung in Paraguay. Durch ihre Vorwürfe, dass dort bis 2007 Entwicklungsgelder in Millionenhöhe durch den zweifelhaften Neubau eines Verwaltungsgebäudes, durch gefälschte Schecks oder Buchhaltungstricks veruntreut worden sein sollen, kam der Fall ins Rollen. Für Fuzellier endete das Ganze in der Arbeitslosigkeit.

Jetzt, Monate später, hat das Entwicklungsministerium (BMZ) erstmals zugegeben, dass es nicht bei Vorwürfen bleibt: "Es gibt Indizien, dass Dinge schiefgelaufen sind", sagte Sprecher Sebastian Lesch der taz. Dies sei aus der laufenden Prüfung der Außenrevision des Ministeriums hervorgegangen. Was genau schiefgelaufen ist, darüber hüllt sich das BMZ in Schweigen. Seit einer Untersuchung vor Ort Mitte August sitzen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ministeriums über Stapeln von Papier. Immer wieder wurde ein baldiges Ende der Untersuchungen verkündet, zuletzt für Mitte Oktober. Jetzt legt man sich lieber nicht mehr fest. Und im Ministerium macht sich mittlerweile Ratlosigkeit breit. In vielen Fragen steht Aussage gegen Aussage, zudem fürchtet man einen Imageschaden für die gesamte Entwicklungspolitik.

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"Es zu früh, Verurteilungen auszusprechen", sagte Lesch. Bei der Untersuchung hätten sich zudem "bei weitem nicht alle Vorwürfe" als berechtigt erwiesen. Für den Teil, der sich bestätigen lässt, zieht das Haus von Minister Dirk Niebel (FDP) jedoch finanzielle Konsequenzen in Betracht: Eine Rückforderung der veruntreuten Gelder von Kolping-Köln sei, so Lesch, "eine mögliche Konsequenz".

Für Kolping hätte dies möglicherweise dramatische Folgen. Seit 1999 hat das BMZ insgesamt 3,6 Millionen Euro an die Sozial- und Entwicklungshilfe des Kolping-Werkes (SEK) überwiesen. Wiederholt klagte die ehemalige Geschäftsführerin Fuzellier über Verzögerungen bei der Aufklärung. In Mails, die der taz vorliegen, versuchten Kolping-Mitarbeiter den Fall vor Bekanntwerden herunterzuspielen.

Eine Reise der Kolping-Spitze nach Paraguay vor einigen Wochen führte dann zu der plötzlichen Entlassung Fuzelliers mitten im laufenden Verfahren - ersetzt wurde sie durch den in der Entwicklungsszene als zwielichtig eingeschätzten Olaf von Brandenstein. Zehn weitere Mitarbeiter wurden fristlos entlassen, so scheint Aufklärung à la Kolping auszusehen. Fuzellier und ihr ebenfalls entlassener Kollege Thomas von Schilling klagen neuerdings darüber, überwacht und eingeschüchtert zu werden. Das Kolping-Werk in Köln war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Nun muss das Prüfungsergebnis abgewartet werden. Doch ob die Vorkommnisse Aufklärung in Zukunft fördern, scheint fraglich. "Es müssen Mechanismen geschaffen werden, wie Zeugen geschützt werden", sagte der Grünen-Entwicklungspolitiker Thilo Hoppe der taz, "sonst wird der Fall Kolping ein absolutes Negativbeispiel für die Aufklärung solcher Korruptionsfälle."

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6 Kommentare

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  • IN
    Ihr NameROMINA
  • TS
    thomas schilling

    Asuncion 4.3.2010

     

    Medienwirksames Ablenkungsmanoever im Korruptionsskandal Kolping

    Stellungnahme von Thomas Schilling aus der Justizanstalt Judiciales en Asuncion nach seiner Verhaftung durch Interpol am Montag den 28 Februar 2010

     

    Als Quelle der letzten Pressemeldungen mit ihren verdrehten Halbwahrheiten wird immer wieder der Name KOLPING genannt. Selbst Im Justizpalast und bei Interpol konnte ich den Namen KOLPING hoeren . Bei Interpol hoerte ich den Namen Olaf von Brandenstein . DieFrage die sich mir stellt; was hat KOLPING und Olaf von Brandenstein mit meiner Festnahme durch Interpol zu tun .? Aus den Unterlagen des Haftbefehls war zu entnehmen , das nu rein VERDACHT eines Betruges in Form ein Beihilfe besteht. Der Aspekt einer finanziellen Bereicherung durch Betrug wurde im Haftbefehl bereits ausgeschlossen . Ich frage mich also ; was soll das ???

    Es haette doch ausgereicht , wenn eine Befragung meiner Person durch die deutsche Staatsanwaltschaft ueber die Deutsche Botschaft im Vorfeld erfolgt waere, dann haette alles aufgeklaert werden koennen. Mein agieren in der Oeffentlichkeit , in den letzten Jahren und insbesondere im Korruptionsskandal von Kolping gegenueber den deutschen Behoerden entspricht nicht gerade den Profil eines Kriminellen der sich vor der Deutschen Justiz auf der Flucht befindet .

    Nein , hier geht es um viel mehr . Ich bin neben Brigitte Fuzellier Hauptbelastungszeugeim Korruptionsskandal von Kolping , wo es um die Zweckentfremdung von riesigen Summen von deutschen und europaeischen Entwicklungsgeldern und Spenden geht .

    Ich wurde inofiziell vor einiger Zeit informiert dass das BMZ ( Ausserrevision ) den Untersuchungsbericht fertig hat , und in Konsequenz der Praesident des INTERNATIONALEN KOLPINGWERKES zuruecktreten musste. Das Kolpingwerk hat hochrangige Kolpingmitglieder in der deutschen und europaeischen Politik und der Justiz. Fuer mich hat es den Anschein dass die deutsche und Paraguaische Justiz, und die PResse dazu missbraucht wird mich als Hauptbelastungszeuge unglaubwuerdig zu machen .

    Diese Aktion hat das Ziel von den kriminellen Geschehnissen bei Kolping abzulenken . Es steht fuer die Geschaeftsleitung der Sozial und Entwicklunghilfe des Kolpingwerks (SEK) serh viel auf dem Spiel.

    Kolping zaehlt zu den maechtigsten Organisationen in Deutschland vertreten in 61 Laendern der Welt.

    Mein vorrangiges Ziel ist es so schnell wie moeglich nach Deutschland zu kommen um die Sachlage bei der deutschen Justiz aufzuklaeren , und im Korruptionsskandal den Deutschen Behoerden als Zeuge zur Verfuegung zu stehen um anschliessend zu meiner Familie nach Paraguay zurueck zu kehren .

    Meine Anwaelte und Freunde sind wegen meiner Sicherheit sehr besorgt. Der Geschaeftsfuehrer des SEK , Hans Drolshagen ist momentan in Paraguay und agiert mit sehr viel Geld und masiven Druck auf die Behoerden in meinem Falle, unter Beihilfe von Strafrechtsanwalt Olaf von Brandenstein , welcher zugleich auch Geschaeftsfuehrer von Kolping Paraguay ist .

    Unter der Regie von Olaf von Brandenstein wurde Ende September 2010 die unsaubere Uebernahme der Kolping Stiftung zustande gebracht . Waehrend der Uebernahme , inder Nacht , wurden unsere Bueros augebrochen und die sehr belastenden Unterlagen im Korruptionsfall Kolping weggeschafft. Zwei Tage zuvor praesentierten wir in beisein der Konsulin , Inga Haeuser , 13 plus 4 spezielle Ordner den Geschaeftsfuehrer , Hans Drolshagen und den Vizepresidenten Hubert Tintelott.

    Wir erklaerten den beiden Herrn dass es sich um ganz neue Beweise handeln wuerde, die den bisherigen Rahmen sprengen wuerden . Herr Tintelott meinte das doch die Untersuchungen des BMZ abgeschlossen waere, worauf wir fuer die beiden Herren ueberraschend erwiederten dass die Untersuchungen des BMZ noch voll im Gang sei . Die pure Angst konnte man in den Gesichtern dieser beiden Herrn lessen , und mit dieser Angst agieren diese Herren noch heute.

    Ich habe keine Zweifel dass diese Herren versuchen werden mich in Endkonsequenz entgueltig zum Schweigen zu bringen .

    Das fuer mich akute Gefahr besteht erkannte selbst der Staatsanwalt und folgt dem Antrag meines Anwaltes mich da zu belassen wo ich gerade bin und nicht nach TACUMBU zu ueberstellen . Ich baue auf die paraguayische Justiz, unter deren Schutz ich mich stele. Sollte mir hier in Paraguay etwas geschehen mache ich , Hans Drolshagen , Hubert Tintelott und Olaf von Brandenstein alleinig dafuer verantwortlich .

     

    ( dieser Text wurde von einem handschriftlichen Dokument uebernohmen das von Thomas unterschrieben ist mit dem heutigen Datum )

  • IN
    Ihr Name Romina
  • KA
    Kay Abendroth

    Thilo Hoppe hat vollkommen recht, wenn er mehr Schutz fordert. Das

    Whistleblowing-Netzerk fordert eine solchen gesetzlichen Rahmen. Diese

    Initiative sollte unterstützt und in der Öffentlichkeit präsent

    werden: http://www.whistleblower-net.de/content/view/7/1/lang,en/ .

     

    Der Dank gilt in diesem Fall vor allem Frau Fuzellier, die den Mut und die

    Ausdauer aufgebracht hat, für Aufklärung über Missstände einzutreten. Und

    letztlich mit dem Verlust ihres Jobs dafür bezahlt hat.

     

    Bitte dranbleiben Herr Repinski!

  • OB
    Otton Bexaron

    Die NROs Deutschlands (auch von USA und Britanien) verfolgen "indirekte" geopolitische Auftraege in Lateinamerika: Kontrolle ohne Einsatz von Truppen. Das ist kein Geheimnis und wird besonders in Brasilien viel erwaehnt. Brasiliens Militaerbefehlshaber und der Direktor des Nachrichtendienstes im Amazonasraum wurden von Lulas Regierung abgesetzt weil sie das zu oeffentlich publizierten. In Lateinamerika sind deutsche "Elemente" die Aggresivsten weil sie sich nicht zu tarnen brauchen wie die "Anglos".

  • BF
    Brigitte Fuzellier

    auf diesen Weg moechte ich mich herzlich bei Gordon Repinsky und bei Juergen Vogt bedanken,die fuer uns immer ein offenes Ohr hatten und dank ihren Artikel in der Presse das Thema nicht so leicht in Vergessenheit geraten ist . Unser Dank gilt auch Thilo Hoppe der als einziger Politiker sich staendig fuer uns stark machte . Heute nach Monaten kommt zum erstenmal wieder ein Gluecksgefuehl bei uns auf , das doch nicht alles umsonst war , auch wenn wir auf der Strasse gelandet sind . Das Vertrauen in die deutschen Behoerden wurde nicht enttauescht . Und ich hoffe weiterhin das wir einen Pfeiler gesetzt haben den Mut aufzubringen auch gegen Machtapparate sein Wort zu erheben .

    Ich hoffe innigst das Gerechtigkeit geschaffen wird auch fuer all die die ihren Arbeitsplatz verloren haben , weil sie loyal waren und gegen die Korruption mit eingetreten sind .