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KommentarChance für die Schanze

■ Warum der Verkauf der Roten Flora brillant, aber nicht ohne Risiko ist

Wer hat bloß so wenige Probleme, dass er auf den Gedanken kommt, die Flora zu kaufen? Spekulieren ist vertraglich ausgeschlossen, die MieterInnen gelten nur bedingt als solvent und seriös, und in allzu gutem Zustand ist das Gemäuer auf dem Schulterblatt auch nicht.

Über die Motive der beiden schweigsamen Investoren, zwischen denen die Stadt wählen kann, ließe sich trefflich rätseln. Ebenso über die Frage, warum sie den rot-grünen Senat kurz vor einer Wahl von einem Scheinproblem erlösen, das weite Teile der Bevölkerung jedoch als ein reales wähnen.

Als gesichert hingegen kann gelten, dass ein solcher Deal polittaktisch brillant ist. Die Idee, ein ewiges Ärgernis schlicht zu versilbern, könnte den hanseatischsten aller Kaufleute neidvoll erblassen lassen.

Verständlich also, warum es der CDU vollkommen die Sprache verschlagen hat. Kaum rief deren Möchtegern-Bürgermeister Ole von Beust zur Volksabstimmung über die Rote Flora im September auf, da wird ihm schon die Wahlkampfmunition nass. Denn mit der Flora verkauft der Senat seine politische Verantwortung und befriedet die angespannte Atmosphäre im Schanzenviertel, die in erster Linie der Staat und seine gleichnamige Macht überhaupt erst geschaffen hatten.

Dazu allerdings muss der Senat hundertprozentig sicher sein können, dass der künftige Eigentümer kein falsches Spiel mit der Flora treibt. Eine Scheinlösung würde rasch, noch vor der Wahl, entlarvt werden. Und dann wäre die Chance für die Schanze endgültig vertan.

Sven-Michael Veit

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