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Chance auf Frieden in Liberia

■ Regierung verhandelt mit NPF / US-Bürger ausgeflogen / Blutiger ethnischer Konflikt

Monrovia (afp/dpa/taz) - Hochbetrieb auf dem kleinen Flugplatz der umkämpften liberianischen Hauptstadt Monrovia: die US-Amerikaner werden evakuiert. Eine kleine Sondermaschine der „Air Guinea“ brachte gestern 120 US -Bürger außer Landes. Zweimal noch sollte sie zurückkommen, um weitere US-Bürger auszufliegen. Aber nicht nur sie wollen raus. Liberianer, die mit US-Bürgern verheiratet sind oder die doppelte Staatsbürgerschaft besitzen, belagern seit Tagen die US-Botschaft, um mitgenommen zu werden. Denn der Landfluchtweg nach Sierra Leone wurde vor kurzem von der NPF -Guerilla (National Patriotic Front) abgeschnitten. Die Angst der Monrovianer ist begründet: Der Bürgerkrieg in dem kleinen westafrikanischen Staat entwickelt sich zu einem blutigen ethnischen Konflikt. In Monrovia werden immer mehr Angehörige der Gio- und Mano-Völker von Regierungssoldaten ermordet, wie amnesty international letzte Woche in einem Bericht dokumentierte. Die NPF ihrerseits wendet sich gegen die Mandingos, das moslemische Händlervolk Westafrikas, das sich in der Vergangenheit mit Präsident Doe arrangierte. Nach Augenzeugenberichten werden in von der NPF eroberten Ortschaften Moscheen und Koranschulen angezündet und die Imame ermordet. Das Eigentum ausländischer Investoren bleibe hingegen unangetastet.

Vor dem Hintergrund dieser Schreckensmeldungen werden die Kämpfe zwischen den beiden Armeen mit wachsender Härte ausgetragen. Seit Tagen toben erbitterte Kämpfe um den internationalen Flughafen von Robertsfield sowie die benachbarte riesige „Firestone„-Kautschukplantage.

Am Donnerstag stellten die Führer von Christen und Moslems gemeinsam einen Friedensplan vor. Darin schlugen sie einen von einer „neutralen Körperschaft“, möglichst der UNO, überwachten Waffenstillstand sowie direkte Gespräche an einem „neutralen Ort“ vor. Präsident Doe akzeptierte den Friedensplan, als seine Truppen gerade einmal die „Firestone„-Plantage zurückerobert hatten. Am Samstag benannte er eine Verhandlungsdelegation, die aus drei Ministern und mehreren Kirchenvertretern besteht. Die NPF, die zunächst den Rücktritt der Regierung Doe als Vorbedingung für Verhandlungen gefordert hatte, ernannte kurz darauf ebenfalls eine Delegation und meldete gleichzeitig, die Plantage sei wieder in ihrer Hand.

So werden diese Woche in Freetown, der Hauptstadt des Nachbarstaates Sierra Leone, die beiden Delegationen zusammentreffen, um einen möglichen Waffenstillstand zu beraten. Dies teilte der liberianische Kirchenrat am Wochenende mit. Von einer Waffenruhe, wie im Friedensplan vorgesehen, sprach er allerdings nicht.

D.J.

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