Champions League: Barca gegen PSG: Picassos vollendete Kurve
Paris St. Germain und der FC Barcelona trennen sich 2:2. Star des Spiels ist weder Ibrahimovic noch Messi, sondern ein formvollendeter Pass von Dani Alves.
BERLIN taz | Die Startbedingungen: Das Prinzenparkstadion ist ausverkauft. Überraschend steht der aus den USA eingekaufte, 37-jährige Frührentner David Beckham bei Paris St. Germain (PSG) auf dem Platz. Zwangsläufig kommt einem, sieht man sich Zlatan Ibrahimovic und Lionel Messi, die Ausnahmekönner auf beiden Seiten, an, ein überlieferter Satz des Schweden während seines Gastspiels bei Barcelona in den Kopf. Ibrahimovic war kein Freund des damaligen Trainers Pep Gardiola und sprach sich knackig für ein Führungsduo aus: „Diesen Philosophen braucht hier keiner, der Zwerg und ich genügen“.
Das Spiel: Die erste Halbzeit gehört PSG. Die Franzosen machen mit zwei kompakten Viererketten die Räume eng, lassen Barca kommen (70 Prozent Ballbesitz) und kontern dann ungemein effektiv. Bereits nach fünf Minuten trifft Lavezzi den Pfosten. Barcas Innenverteidigung wird ein ums andere Mal überumpelt. Defensiv agieren die Pariser entschlossen und gewinnen alle entscheidenden Zweikämpfe.
Messi, Xavi, Inesta und Dani Alves verirren sich mit stetiger Regelmäßigkeit im Deckungsdickicht aus blau-bestutzten Beinen. Ibrahimovic donnert nach 15 Minuten einen Freistoß an den Unterarm von Valdez. Der alterweise Beckham zieht im zentralen Mittelfeld seelenruhig die Fäden. Dann kommt die 38. Minute und mit ihr ein genialer Pass von Dani Alves auf Lionel Messi, der dank eines extrem flexiblen Sprunggelenks aus spitzem Winkel einschiebt. Stille. Staunen. Der PSG bleibt bis zur Pause irritiert von soviel formvollendeter Fussballkunst.
Im zweiten Durchgang – ohne den am Knie blutenden Messi, mit Fabregas – hält der Zauber des Moments an. Die Pariser schalten trotz Rückstand einen Gang runter, Barca breitet das gewohnt lässige Kurzpassspiel über den Rasen aus. Busquets, Alexis Sanchez und Dani Alves feilen bis zur sechzigsten Minute an der Feinjustierung und finden im Pariser pasablen Schlussmann Sirigu einen willigen Gegner.
„Ich bin der größte hinter Ali“
Paris kommt dennoch nochmal und nach einem Freistoß, der erst den Kopf von starken PSG-Verteidiger Thiago Silva und dann den Pfosten findet, ist der schwedische Urviech-Knipser („Ich bin der größte hinter Ali“) zur Stelle. Allerdings aus klarer Abseitsposition. Barca ägert sich und spielt kontrolliert weiter. In der 89. Minute ist Alexis Sanchez durch und wird vom hilflosen Sirigu gelegt. Klarer Elfer. Der deutsche Schiedsricher Wolfgang Stark pfeift. Xavi verwandelt.
Vier Minuten Nachspielzeit. Paris rennt ein letztes Mal an. Ibrahimovic erwischt eine Flanke von Jallet mustergültig, der Ball segelt punktgenau vor die Füße von Matuidi. Schuss, Barca-Keeper Valdez geht zu früh in die Knie. Der ausgestreckte Arm ist einfach zu kurz. 2:2 – Schluss.
Der entscheidende Moment: Hätte Picasso sein Leben ausschließlich damit verbracht, den Versuch zu unternehmen, die perfekte Kurve zu zeichnen, er wäre nicht annähernd an jenes von Dani Alves fabriziertes Zauberzuspiel, das in der 38. Minute zum 1:0 für Barca führte, herangekommen.
Alves schlägt per Außenrist einen Pass, der sich millimetergenau an Messis Fuß kuschelt, nachdem er die gesamte Pariser Hintermannschaft im Kunstflug überwunden hat. Wahrlich ein Meisterwerk. Prädikat „besonders wertvoll“. Die Pfeife des Spiels: Schiri Stark hätte Ibrahimovics Ausgleichtreffer zum 1:1 nicht geben dürfen. Aus dem passiven Abseits wurde ein aktives. Nach dem Pfostentreffer entstand keine neue Spielsituation.
Zlatans Bestnote mit Abstrichen
Der Spieler des Spiels: Zwei Scorerpunkte für Zlatan Ibrahimovic. Ein Tor vorbereitet, eins selbst erzielt. Allerdings gibt es die Bestnote nur mit Abstrichen: der Schwede agierte oft hölzern, ungeweglich und ließ die gewohnte Spritzigkeit vermissen. Dennoch war er in zwei Momenten gnadenlos effektiv.
Die Schlussfolgerung: Ein dem Spielverlauf entsprechendes Untendschieden, auch wenn es – mit dem Ausgleich für den PSG in der 94. Minute – etwas glücklich zustande kam.
Und sonst? Schön, dass Barcas Trainer „Tito“ Vilanova nach seiner Krebstherapie wieder an der Seitenlinie steht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
NGO über den Machtwechsel in Syrien
„Wir wissen nicht, was nach dem Diktator kommt“
Sturz des Syrien-Regimes
Dank an Netanjahu?
Unterstützerin von Gisèle Pelicot
„Für mich sind diese Männer keine Menschen mehr“
Schwarz-Grün als Option nach der Wahl
Söder, sei still!
Trump und Selenskyj zu Gast bei Macron
Wo ist Olaf?
Paragraf 218 im Rechtsausschuss
CDU gegen Selbstbestimmung von Frauen