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■ Cash & CrashMilliarden liegen brach

Bonn/Berlin (AFP/AP/taz) – Nachdem der Börsengang der Telekom zwei Millionen Deutsche zu ihrem eigenen ersten Börsengang bewegt hat, wittern Banken das große Geschäft. Milliardenbeträge der nicht vollständig befriedigten Anleger liegen auf ihren Konten brach. Sie warten nur darauf, an den internationalen Kapitalmärkten zu kursieren, hoffen die deutschen Großbanken.

Ein Teil der Milliarden soll möglichst in Aktienfonds fließen. Da haben sich die Deutschen nämlich in den vergangenen Jahren zurückgehalten. Von ihren 4,6 Billionen Mark Privatkapital legten sie 1995 nur 246 Milliarden Mark in Aktien an. Lediglich 49,2 Milliarden davon verwalten Fonds. Anlageberater haben in Zeiten schwindender Rentensicherheit Fonds schon seit längerem als gewinnbringende Investition angepriesen. Jetzt hilft ihnen ein weiteres Argument: Sie kümmern sich um das Auf und Ab der Aktien, der aufgewachte Kleinaktionär könne sich über die Dividende freuen.

Auch an die Börse strebende Unternehmen hoffen auf das Geld der Kleinanleger. Einmal von der Telekom aufgerüttelt, könnten sie nun auch Gefallen an weiteren Neuemissionen finden, hoffen Firmen wie der Spezialfußbodenhersteller Rinol AG oder der Fernsehsender Pro7. „Wenn die Telekom-Aktie ein Erfolg wird, dann haben die Leute Blut geleckt“, sagt ein Börsenanalyst.

Grob geschätzt 20 Börsengänge stehen bis Ende 1997 an. Sie betreffen überwiegend mittelständische Unternehmen, aber auch die letzten Bundesanteile der Lufthansa, die bundeseigene Tank und Rast AG sowie Teile der Postbank. „Die positive Stimmung in Sachen Aktie schlägt auf uns zurück“, sagt Thomas Lang, Sprecher der Rinol AG. Am kommenden Montag ist für die Firma der erste Börsentag.

Mulmig dürfte es manchem Börsenanwärter werden, wenn die T-Aktie fällt. Ohnehin gelten die internationalen Börsen derzeit als überbewertet. Analysten fürchten, daß die Kurse in absehbarer Zeit bröckeln könnten. Kleinanleger könnten der Börse dann enttäuscht den Rücken kehren. In New York und Tokio jedenfalls wurde die T-Aktie an ihrem ersten Tag genauso hoch wie in Frankfurt am Montag gehandelt.

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