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■ Cash & CrashNeuer Goldrausch am Meeresgrund

Berlin (taz) – Die einen suchen Schätze an der Börse, die anderen am Meeresgrund. Die einen geben sich mit jährlichen Renditen von unter zehn Prozent zufrieden, die anderen versprechen, das eingesetzte Kapital binnen drei Jahren zu verdreifachen. Die anderen, das sind Firmen wie die Caribbean Marine Recovery, die vor Bermuda und Antigua nach Schiffwracks sucht, oder die Osloer La Capitania Invest, die den Inkagoldschatz einer vor Ecuador gesunkenen Galeone heben will. Auch die Hamburger Lex Rhodia taucht nach Schätzen.

Wenn ihn jemand Schatzsucher nennt, zuckt Seine Hoheit Nikolaus Graf von und zu Sandizell zusammen. Der sonnengebräunte Vorstand der Arqueonautas East Atlantic Arqueologia Subaquática S.A. und sein seebäriger Aufsichtsrat in Kapitänstracht, Nils Peter Sieger, legen Wert auf die Feststellung, daß ihnen nicht nur das Streben nach Gewinn, sondern auch nach wissenschaftlichen Erkenntnissen am Herzen liegt.

Die Arqueonautas hat mit der Regierung der Kap Verden einen exklusiven Konzessionsvertrag zur Suche und Bergung historischer Schiffswracks geschlossen. Vor den Inseln, die auf den portugiesischen Schiffahrtsrouten nach Brasilien und Indien liegen, sollen bis zu 350 Schiffe gesunken sein. An Bord mutmaßlich nicht nur Gold- und Silberladungen, sondern auch Antiquitäten, die auf Auktionen erhebliche Summen einbringen könnten. Neun bislang geortete Schiffe sollen Schätze im Wert von über 25 Millionen US-Dollar freigeben.

Für das Orten und Bergen braucht die Arqueonautas, deren Verzeichnis von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern sich streckenweise wie ein Who's who des internationalen Adels liest, allerdings erst einmal Investoren. Die Aktionäre der Gesellschaft mit Sitz auf der portugiesischen Insel Madeira müssen daher zusätzlich zum nominalen Aktienwert von umgerechnet 10 Mark zusätzliches Kapital zur Verfügung stellen. Der Minimumeinsatz beträgt 25.000 US-Dollar, die bis Projektende in gut drei Jahren einen Gewinn von 354 Prozent abwerfen sollen.

Allein, die ohnehin kaum nachvollziehbare Berechnung basiert laut einer Selbstdarstellung „auf Grobschätzungen, die Arqueonautas als realisierbar ansieht, aber keinesfalls eine Garantie darstellen können“. Nach eigenen Angaben hat die Gesellschaft schon 3,7 Millionen Dollar zusammenbekommen und sucht noch risikobegeisterte Anleger für weitere 2,5 Millionen.

Das Geschäft mit der Schatzsuche boomt und zieht weltweit Abenteurer und Investoren an. Seriöses, wenngleich riskantes Investment oder Seeräuberei? Die Grenzen sind fließend. Erst im März will die norwegische La Capitania Invest ein Schiff mit einem Märchenschatz von 7 Milliarden Dollar entdeckt haben. Süffisant bemerkte der Spiegel daraufhin, die Galeone hätte demnach 350 Tonnen Gold getragen haben müssen. Die Schiffbaukunst der alten Spanier wäre noch sagenhafter gewesen als der Schatz der Inkas. Nicola Liebert

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