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■ Cash & CrashAngst vor Zinsen

Berlin (taz) – Gestern früh um neun Uhr lüftete die Bundesbank ihr Geheimnis: Zunächst bleibt alles beim alten. Damit können die Banken auch heute im Tausch gegen Wertpapiere frisches Geld zum Zinssatz von 3,0 Prozent ordern – so wie seit einem Jahr.

Doch Banker und Spekulanten sind nervös, kaufen und verkaufen hektisch Devisen und Aktien. Dax und Dollar stürzten gestern zwischenzeitlich ab. Für Termingeld, an das die Anleger erst in Monaten wieder herankommen, gibt es schon heute höhere Zinssätze. Alle rechnen damit, daß die Bundesbank ihr Geld bald teurer macht. Schließlich sind die Verbraucherpreise im Vergleich zum Vorjahr um zwei Prozent gestiegen – und die Bundesbank verteufelt die Inflation wie der Papst Kondom und Pille.

Schuld an der Preissteigerung ist auch der in den letzten Wochen hohe Dollarkurs, der die Importpreise für Rohstoffe in die Höhe getrieben hat. Die Schokoladenfabrik Stollwerck hat schon angekündigt, daß sie die gestiegenen Kakaopreise auf dem Weltmarkt an ihre Kundschaft weitergeben will. Reichlich Nahrung hatten die Zinsängste am vergangenen Donnerstag bekommen. Da hatten die Bundesbanker bekanntgegeben, daß sie fortan nicht mehr zwei Wochen im voraus sagen wollen, zu welchen Bedingungen sie Geld verteilen werden. Zum einen möchten die Währungshüter in unruhigen Zeiten schneller reagieren können. Zum zweiten wollen sie nicht mehr allein herausfinden, welcher Preis für frisches Geld der Marktlage angemessen ist.

Damit ist in den kommenden Wochen auch ein sogenannter Zinstender nicht mehr ausgeschlossen. Hierbei müssen die Banken sagen, wieviel Zinsen sie bereit sind für ihre Kredite bei der Bundesbank zu zahlen. Die Geldhäuser mit den höchsten Geboten bekommen dann Geld, solange der Vorrat von 70 bis 80 Milliarden Mark reicht, den die Bundesbank durchschnittlich jede Woche ausgibt. Wer dringend Geld will, bietet hoch – und treibt den Zinssatz in die Höhe. Die Gefahr: Teures Geld schreckt Investoren und Verbraucher ab und knebelt die Konjunktur. Annette Jensen

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