■ Cash & Crash: Highsociety unter sich
Nürnberg (taz) – Natürlich kann man auch bei Aldi kaufen, einen Opel Corsa fahren und sein Geld bei der örtlichen Sparkasse deponieren. Doch für die Reichen ist das nichts. Laut Gemini Consulting gibt es in Deutschland rund eine Million Millionäre – mit wachsender Tendenz.
„Zu Recht erwartet der anspruchsvolle Privatkunde bei der Anlage seines Vermögens eine individuelle und sachkundige Beratung“, heißt es bei Delbrück & Co., Privatbankiers aus Köln. Auch beim Münchner Bankhaus Reuschel & Co. ist von anspruchsvollen, vermögenden Privatkunden die Rede, die „meist sehr sensibel auf Veränderungen im politischen, ökonomischen und steuerlichen Umfeld reagieren und schon deshalb hohe Ansprüche an die Beratungsleistung einer Bank stellen“. Stefanie Wagner-Fuhs von Merck Finkh & Co., Privatbankiers in München, verrät, was sich hinter dem Begriff „vermögende Privatkunden“ verbirgt: „Individuelle Vermögensverwaltung ab DM 500.000, Jahreseinkommen ab DM 250.000.“ Zwar stehen die meisten Privatbanken auch für ihre mittelständischen Firmenkunden mit Krediten zur Verfügung. Hauptsächlich spielt sich das Geschäft jedoch bei der Betreuung großer Vermögen ab.
Vor allem die beiden Bankhäuser Oppenheim in Köln und Warburg in Hamburg gelten als Spezialisten für die Superreichen mit Vermögen im zweistelligen Millionenbereich. „Ziel ist es, Performance, Diversifikation, Risiko und Steuerlast des Vermögens in der Vergangenheit zu analysieren, um bestehende Fehlallokationen und damit unausgewogene Risiko- bzw. Renditestrukturen zu erkennen“, meint Jutta Wodopia vom Bankhaus Reuschel, das zur Dresdner Bank gehört. Selbstverständlich hilft die Bank bei der Auswahl von „steueroptimierenden Produkten“.
Trotz geringer Volumen und personell nur bescheiden ausgestatteter Researchabteilungen können die Privatbanken beim Anlageerfolg ihrer Fonds mit den Großen der Branche mühelos mithalten. Ganz im Gegensatz zur gebührenempfindlichen Massenkundschaft, die in Scharen zu billigen Discountbrokern oder Direktbanken strömt, lassen sich vermögende Privatkunden die Leistungen ihres Bankiers etwas kosten – bei Aktientransaktionen ist zumeist ein Prozent des Kurswertes fällig, für die komplette Verwaltung des Vermögens ist in der Regel jährlich ein Prozent des Depotwertes zu zahlen. Doch die Gebührenaushänge bei Privatbanken sind ohnehin nur von begrenztem Aussagewert – die Damen und Herren Millionäre regeln solche Fragen individuell.
Zwar haben sich viele Privatbankiers schon die kapitalkräftige Unterstützung von Großbanken gesichert und Teile ihrer edlen Geldhäuser verkauft, doch selbst die anonymen Universalbanken tragen Sorge dafür, dass die Unabhängigkeit ihrer Privatbanktöchter erhalten bleibt. Durch kostensparende Eingriffe, das weiß man auch in den Frankfurter Großbankvorständen, würden die vermögenden Privatkunden nur verärgert und abgeschreckt. „Durch die Großfusionen in der Bankenwelt“, so hofft Wodopia, „öffnen sich für uns zusätzliche Nischen.“
Vor allem, so wissen auch die Privatbanken, genießen ihre Kunden das besondere Gefühl der diskreten Zugehörigkeit zu einem kleinen, feinen Kreis. Großverdiener treffen sich bei exklusiven Sport- oder Kunstveranstaltungen. „Diese Anlässe leisten einen wertvollen Beitrag für die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen unserer anspruchsvollen Klientel und uns als Privatbank“, findet Wagner-Fuhs. Auf klotzige Werbung verzichten die meisten Privatbanken ohnehin – nicht nur aus Kostengründen. Denn auf Krethi und Plethi legen Inhaber und Kunden von Privatbanken nun wirklich keinen Wert.
Horst Peter Wickel
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