Cannabis und die FDP: Einfach Shit verkauft
Die FDP hat in einer Kleinen Anfrage nach dem THC-Anteil bei von der Polizei sichergestelltem Gras gefragt – die Anwort ist erhellend.
Kiffen kann manchmal ein ziemlicher Blindflug sein und nicht unbedingt ein schöner. „Merkst du was?“, gehört ja zu den legendären Fragen jugendlicher Raucherrunden, und wenn dann die etwas verdruckste Antwort „Nee, nicht wirklich“ kommt, kann das einen guten Grund haben. Nämlich den, dass man schlicht nichts merken kann.
Diese Erkenntnis verdanken wir der FDP, genau jener Partei also, die vor allem auf Tegel abfliegt, auch nichts mehr merkt, und das nicht nur aufs Kiffen bezogen. Ihr Abgeordneter Marcel Luthe hat in einer Kleinen Anfrage an den Senat nach dem Anteil von Tetrahydrocannabinol – kurz THC – gefragt, der bei von der Polizei sichergestelltem Gras und Haschisch festgestellt wurde.
Und siehe da, die am gestrigen Mittwoch veröffentlichte Antwort der Innenverwaltung ergab: Seit 2007 gab es fast kein Jahr, in dem nicht Haschisch, also Cannabisharz, mit einen THC-Wert von 0,001 (und weniger!) Prozent oder knapp darüber beschlagnahmt wurde.
Da kann wirklich nichts wirken. Den Leuten wurde im wahrsten Sinne des Wortes Shit verkauft.
Statt kleinem Rausch ein großer Bang
Noch ein bisschen interessanter sind freilich die Daten in die andere Richtung. Schon seit geraumer Zeit warnen Drogenexperten davor, dass der THC-Wert in Cannabis stetig steige und damit auch die Wirkung: Statt einem netten Rausch gibt es also einen großen Bang, was vor allem für jugendliche Konsumenten gefährlich ist.
Zumindest für Hasch in Berlin lässt sich das nun in Zahlen belegen: Der THC-Mittelwert stieg von 9,5 Prozent 2007 auf 13,8 Prozent im vergangenen Jahr. Bei Gras, also Cannabis-Blüten, ist der Anstieg deutlich smoother: Von 11,1 auf 13,7 Prozent im selben Zeitraum – wobei schon 2009 ein gleich hoher Durchschnittswert registriert worden war.
Die FDP setzt sich im Land und auch im Bundestag für die Legalisierung von Cannabis ein. Kein Wunder also, dass auch Marcel Luthe etwaige Wissenslücken über die Wirkung des Krauts schließen will. So fragt er nach der Möglichkeit, durch „Passivkiffen“ THC aufzunehmen. Die Antwort der Senatsverwaltung ist positiv.
Allerdings kann man sich später nicht damit rausreden, dass man vom vielen Dope in der Luft nichts mitbekommen habe. „Die passive Aufnahme erhöhter Mengen an THC“ sei durchaus möglich, so die Innenverwaltung, „jedoch nicht, ohne dies zu bemerken.“ Das gilt natürlich nicht nur fürs Autofahren, worauf Luthes Frage zielte, sondern auch aufs Quatschreden. Womit Scherze über die FDP nur eine Frage des THC-Gehalts sind.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart