CSU-Funktionär läuft über: Schwabens JU-Chef wird Grüner
Alexander Kolb, der Vorsitzende der Jungen Union im mächtigen Bezirksverband Schwaben, wechselt die Fronten: wegen der CSU-Atompolitik und für seine Tochter.
MÜNCHEN taz | Für seine alten Parteifreunde klang Alexander Kolb schon länger nicht mehr wie ein überzeugter CSUler. In Sitzungen kritisierte Kolb Stuttgart 21, im Vorstand bei der Jungen Union in Schwaben stellte er sich offen gegen die Atomlaufzeitverlängerung der Bundesregierung.
Diesen März trat der Vorsitzende der Jungen Union im mächtigen Bezirksverband Schwaben aus der CSU aus. "Ich dachte mir: Jetzt setze ich schon mal ein Zeichen", sagt Kolb. Vor einer Woche wurde er Mitglied bei den Grünen.
Dass in Bayern ein Politiker mit einem Spitzenamt in der Staatspartei CSU zur Opposition wechselt, ist ein Ereignis. Die beiden Grünen-Landesvorsitzenden verschickten nach Kolbs Wechsel gleich eine euphorische Pressemitteilung: "Sein Schritt ist ein Beleg dafür, dass grüne Positionen auch in der Mitte der Gesellschaft immer mehr Zuspruch finden", so die Landeschefs.
Alexander Kolb, 35, Berufsschullehrer aus Untermeiting, war im Studium zur Jungen Union gekommen. Ihn faszinierte die Wirtschaftsorientierung der CSU-Jugendorganisation und dass man dort auch als junger Politiker etwas erreichen konnte. 2008 wurde Kolb in den Augsburger Kreistag gewählt. 2009 scheiterte er im Kampf um einen Listenplatz für die Bundestagswahl.
Zur Entfremdung mit der CSU kam es im vergangenen August. Kolb wurde Vater - und wollte die Atompolitik seiner Partei nicht mehr mittragen, seiner Tochter zuliebe. "Wenn man diese Verantwortung trägt, denkt man über vieles anders."
Faire Reaktion der Jungen Union
Kolb konnte sich auch mit den CSU-Positionen zur Bildungspolitik und zur Integration nicht mehr anfreunden. Letzter Auslöser für den CSU-Austritt war die Atomkatastrophe in Japan.
Die Junge Union reagierte verständnisvoll auf Kolbs Austritt. Der sei "das Ergebnis einer politischen Neuorientierung, die man respektieren muss", so JU-Landeschef Stefan Müller. "Die Junge Union ist sehr fair mit mir umgegangen", meint Kolb. Die CSU-Spitze stilisiert die Grünen gerne noch zum unwählbaren Feind. Bei der jüngeren Generation sei die Distanz gar nicht so groß, sagt Kolb: "Ich glaube schon, dass es Anknüpfungspunkte gibt, wenn man einmal miteinander redet."
Der ehemalige Bezirkschef möchte bei den Grünen vorerst im Kreistag und als einfaches Mitglied arbeiten. Am Sonntag war Alexander Kolb zum ersten Mal bei einer Wahlparty der Grünen und feierte den Sieg bei der Wahl in Baden-Württemberg.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen