Liberale auf neuem Atomkurs: FDP will endgültig abschalten
Nach dem Denkzettel bei den Landtagswahlen am Sonntag setzt bei der FDP das Umdenken ein. Die Parteispitze will die vorübergehend abgeschalteten Atomkraftwerke für immer stilllegen.
BERLIN afp/dapd | Die im Rahmen des dreimonatigen Atom-Moratoriums der Bundesregierung vorübergehend abgeschalteten Atomkraftwerke sollen nach dem Willen der FDP für immer stillgelegt werden. FDP-Generalsekretär Christian Lindner sprach sich nach Angaben eines Parteisprechers am Dienstag in Berlin für eine entsprechende sofortige Vereinbarung mit der Atomindustrie aus. Es müsse rasch Rechtssicherheit geschaffen werden, forderte Lindner den Angaben zufolge.
Auch Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle sprach sich für einen "schnellen, aber machbaren Umbau" der deutschen Energieversorgung aus. Die Diskussion in den FDP-Spitzengremien zum Thema Atomausstieg am Montagabend habe zu einer "Kursänderung hin zu den regenerativen Energien" geführt, sagte der FDP-Politiker am Dienstag. Er wies aber auch darauf hin, dass dies ein "Ja zum Leitungsbau" bedeute.
In Deutschland fehlten 3.600 Kilometer Stromleitungen, sagte Brüderle. Die "Lehre aus Stuttgart 21" sei, dass man keine Leitungen bauen könne, wenn die Menschen das nicht wollten. Es bedürfe daher eines intensiven Dialogs mit Naturschutz- und anderen Verbänden, um die Folgen der neuen Energiepolitik zustimmungsfähig zu machen. Er zeigte sich allerdings zuversichtlich, dass das gelinge. "Es gibt keine politische Kraft, die den Umbau hin zu den regenerativen Energien nicht will."
Die neue Energiepolitik werde sich aber auch in den Strompreisen niederschlagen, meinte der FPD-Politiker. Zu einer möglichen Rücknahme der Laufzeitverlängerung für die Atomkraftwerke sagte er nichts, sondern verwies auf die gerade erst begonnenen Prüfungen im Rahmen des von der Bundesregierung ausgerufenen dreimonatigen Moratoriums. "Erst klären, dann entscheiden", gab er als Parole aus.
Nach dem als Reaktion auf die Atomkatastrophe in Japan verkündeten Moratorium waren die sieben ältesten deutschen Akw vorübergehend abgeschaltet worden. Das zur jüngeren Reaktorgeneration gehörende Kraftwerk Krümmel ist nach einer Pannenserie zudem schon seit längerem vom Netz. Die Bundesregierung betrachtet die dreimonatige Aussetzung der erst im vergangenen Herbst beschlossenen Laufzeitverlängerung einschließlich der vorübergehenden Abschaltung der sieben Akw als ergebnisoffen und will erst nach der geplanten Sicherheitsüberprüfung über deren Zukunft entscheiden. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte sich aber am Montag für einen beschleunigten Atomausstieg ausgesprochen.
Leser*innenkommentare
margor
Gast
Bereits mit der hinterhältigen Kehrtwende Genschers von SPD zu CDU hat diese Partei sich selbst ins unwählbare Lager katapultiert.
Seitdem ist es immer schlimmer geworden.
Wird wirklich Zeit, daß sich dieser Haufen abschaltet.
Wer kennt den noch?:
Was ist die Einheit für eine blitzschnelle Drehung um 180 Grad?
Richtig: 1 Gensch.
Jack
Gast
Die FDP will sich abschalten?
Jetzt - so schnell wie möglich?
Sie ist ja schon seit einiger Zeit dabei und jetzt rastet der Wendehebel richtig ein - endlich!
Uli
Gast
wie weit die FDP neben der Spur ist, beweist die Meinung des sächsischen FDP-Chefs Zastrow an seinem Parteichef: "Westerwelle hat sich bleibende Verdienste erworben, als er die Liberalen vom Mief der reinen Klientelpartei befreit hat".
Hä ? Geht's noch ? Und ich dachte, seit der "Wende" ist Sachsen aus dem "Tal der Ahnungslosen" raus.
Felber
Gast
Der Preis für das Umdenken von CDU/CSU und FDP ist leider sehr hoch. Und sie haben über Jahre mit unserer Sicherheit und Gesundheit riskant gespielt, indem sie erst nach Fukushima eine Sicherheitsprüfung der älteren AKW einleiteten. Zuvor hieß es, sie seien die sichersten der Welt. So wurden wir lange für dumm verkauft. Für ihre Unglaubwürdigkeit haben sie nun die richtige Quittung vor allem in Baden-Württemberg bekommen. Dass man dort nun noch lange mit dem Mappus-Erbe Probleme haben wird, steht fest. Mappus müsste haftbar gemacht werden können, denn das was der vor der Wahl alles bei der EnBW noch festgeschrieben hat, sieht nach Vorsatz aus, damit die (wohl schon von ihm befürchtete) neue Nicht-CDU-Regierung hier vor vollendeten Tatsachen steht. Die Bürger müssen nun den Verlust bezahlen und Versager wie Mappus kommen davon.
Wann wird bei uns eigentlich Leuten wie Mappus und Konsorten das Handwerk gelegt?
freidenker
Gast
Ich danke den tektonischen Platten für den Anstoss des Umdenkens.
TheOrbitter
Gast
Atomkraftwerke dauerhaft abschalten ist schonmal fortschrittlich. Ich fände es allerdings komplett grandios, wenn man auch die FDP dauerhaft abschalten und stilllegen würde. Die Hei-o-Peis braucht doch nun wirklich keiner ...
Michael
Gast
Das zeigt doch, wie realistisch die Betreiber und die FDP die Zukunft der Atomkraft einschätzen .
Sie wissen, daß abgeschaltet werden wird. Jetzt soll, schnell schnell, wenigstens der Weg für die Stromtrassen freigelobbyd werden. Ebenso soll die FDP, auch deshalb schnell schnell, die Entschädigungszahlungen für die 4 Monopolisten während der noch verbleibenden Monate der Regierungsbeteiligung auskungeln.
Man sollte die Montagsmahnwachen neben dem Denken an die Menschen in Japan dazu nutzen, die Stadtwerke auf den Marktplatz zu zerren. Die Stadtwerke sollen lokal investieren ! Nicht riesige Windparks und dicke Stromtrassen sind die Zukunft, sondern dezentrale Energieerzeugung. Die ist weniger anfällig für Mega-Störungen ....
Jenny
Gast
Verbal stellt sich jetzt mal die FDP, mal die CDU/CSU an die Spitze der Bürgerbewegung. Die parteiinternen Atomkritiker werden ein bißchen zum Vorzeigen in den Vordergrund geschoben. Zurückpfeifen kann man sie schon auch noch im Oktober (diesjähriges vorläufiges Ende der Landtagswahlsaison.) Dennoch: In den parlamentarischen Mühlen hat man noch jedes Vorhaben zerredet bekommen, warum nicht auch das Atomenergieende ? Oder es erfindet ein Regierungsjurist einen politischen Deal mit der Opposition. Nur eines wird es nicht geben, obwohl derzeit ja offiziell alle im Bundestag vertretenen Parteien für den unbefristeten Atomausstieg sind: Die Verankerung des entschädigungslosen und sofortigen Atomenergienutzungsverbots im Grundgesetz.
Wenn man das ohne Übergangsfristen hinbekäme, wäre Angies Atomdrops gelutscht. Tja, aber das ist halt der feine Unterschied zwischen den Erfordernissen der Atomkatastrophenrealität und dem Berliner Koalitionsgefasel.
Branko
Gast
Solange noch Dinger in Betrieb sind, ist das Ganze trotz aller Worte noch lange nicht ausgestanden.
Druck machen! Auf allen Ebenen!
z.B. hier
http://sofort-abschalten.de/
weil
http://www.bbc.co.uk/blogs/adamcurtis/2011/03/a_is_for_atom.html
Horst Zickler
Gast
Wenn die weinkönigin Brüderle von höheren Strompreisen spricht, ist doch klar wohin die Reise gehen soll.Seinen Stromfreunden die Gewinne sichern !
Statt sich mal ernsthaft um den flächenhaften Einsatz von Mini-BHKW in den Privathaushalten zu kümmern, wird weiter Weinselig dahergeredet.Der Einsatz der BHKW würde das Stromnetz massiv ENTLASTEN ;dem Privatmann Geld sparen durch selbst erzeugten, nicht bezogenen Strom; gleichzeitig mindestens 25 % Co² einsparen und gute 20 Großkraftwerke überflüssig machen.Das passt nicht zur Gewinnstrategie der Konzerne und Aktionäre. Deshalb hat Merkel VOR ihrem (Atom)- Energiegesetz ja auch die Förderung RÜCKWIRKEND gestrichen.Schnell BHKW flächendeckend einsetzen mit vernünftiger Förderung und Einspeisevergütung und dann in Ruhe die Alternativenergien ausbauen !
Ralph
Gast
Wieso auch nicht? Das Gesetz über die Laufzeitverlängerung ist beschlossen, die Energiekonzerne sind nun in der Position im Falle eines früheren Ausstiegs Schadensersatz zu fordern. Zumindest die Gelben haben erreicht was sie wollten: noch mehr Milliarden in den Taschen ihrer Klientel. Ob die Atomkraftwerke nun tatsächlich weiter laufen ist doch egal. Das große Geld wird ohnehin mit politischen und wirtschaftlichen Tricks gemacht, nicht in der Industrie, die als Grund für die Notwendigkeit von vermeintlich billigem Atomstrom vorgeschoben wurde. Und als nächstes können die Konzerne dann am Netzausbau und gewaltigen Pseudo-Ökologischen Kraftwerken verdienen, wobei sie sich natürlich wieder massiv an der Staatskasse und der Brieftasche des Endkunden bedienen werden.
BlickWinkel
Gast
Welche ein Sturzflug der FDP, welch falsches Spiel will man da uns Bürger verkaufen um sich nicht in die Unbedeutsamkeit zu verlieren.Das alles kommt zu spät für die FDP und wenn die CDU nicht aufpasst wird sie von den Liberalen noch mit in die Tiefe gerissen. Nicht mal einen Abschuß für Westerwelle,Homburger,Lindner,Brüderle,Solms,Rössler und und und..das wäre fast die ganze Partei,würde die FDP von den Toten auferstehen lassen! Die Partei ist for ever out !
der ich
Gast
die glaubwürdigkeit dieser partei wird dadurch natürlich weiter steigen, dass wahlergebnisse und authentizität manchmal zusammenhängen ist eine erkenntnis die sich bei den gelben irgendwie noch nicht durchgesetzt hat...
abgesehn davon finde ich das natürlich super (und werde weiterhin grün wählen)