CSD in Berlin: Mehr Politik als Party
Nach einem Jahr Coronapause zieht die Pride-Parade wieder durch Berlin. Dieses Mal liegt der Fokus auf dem Protest gegen Gewalt gegen queere Menschen.
Im Gegensatz zur Vor-Corona-Zeit gab es keine Party-Trucks, sondern eine Kundgebung mit mehreren Redner*innen und eine Fußdemonstration durch die Innenstadt. Die Teilnehmer*innen führten viele Regenbogenfahnen mit sich.
CSD-Anmelder Nasser El-Ahmad sagte dem Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB), Homo- und Transphobie hätten auch in der Pandemiezeit keine Pause eingelegt. Die entsprechenden Anzeigen hätten sich in dieser Zeit sogar verdoppelt. „Und das passiert halt nicht nur virtuell, sondern auch auf der Straße“, betonte El-Ahmad. Er verteidigte zugleich die stärkere politische Ausrichtung der Veranstaltung: „Die Community ist schrill, bunt, laut, und das ist gut so. Aber das Politische muss einfach in den Vordergrund.“
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) rief anlässlich der Parade zur Bekämpfung homophober Denkmuster auf. Zwar gelte die deutsche Hauptstadt „als die Regenbogenhauptstadt Europas“, erklärte er. Aber auch hier sei homophobes Denken und Handeln ein Problem: „Dem müssen wir uns gemeinsam entgegenstellen.“
Wegen der Coronavirus-Pandemie galten strenge Hygiene- und Abstandsregeln, Masken zur Bedeckung von Mund und Nase mussten dauerhaft getragen werden. Die Route führte ab Mittag von der Leipziger Straße über Potsdamer Platz und Brandenburger Tor bis zur Siegessäule und weiter zur Urania. Die Polizei sprach auf von rund 35.000 Teilnehmer*innen. Manche Menschen mussten nach Aussage eines Polizeisprechers an die Corona-Abstandsregeln erinnert werden.
Denkmal für homosexuelle Bewegung beschädigt
Vor der Pride-Demonstration war im Tiergarten am dortigen Denkmal der in der NS-Zeit verfolgten und ermordeten homosexuellen Menschen gedacht worden. Deren Schicksal sei viel zu lange totgeschwiegen worden, schrieb Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Linke), der später den CSD offiziell eröffnete, auf Twitter und appellierte: „Kein Vergessen!“
Empfohlener externer Inhalt
An der Demonstration beteiligt war auch in diesem Jahr der Evangelische Kirchenkreis Berlin Stadtmitte. Die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz hatte am Freitagabend bei einem Gottesdienst um Vergebung für die Diskriminierung und Ausgrenzung queerer Menschen in den eigenen Reihen gebeten.
Am Vorabend des 43. Christopher Street Days war in Berlin eine Gedenktafel für die homosexuelle Emanzipationsbewegung in Deutschland beschädigt worden. Wie die Polizei mitteilte, wurden Teile der dort abgebildeten Gesichter ausgebrannt. Der Polizeiliche Staatsschutz hat Ermittlungen aufgenommen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin