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CRYSTAL METHZweifel an der „Horrordroge“

Crystal wird als eine der schlimmsten Drogen verteufelt. Doch die Hauptstelle für Suchtfragen warnt vor Hysterie: Die Droge sei ein regionales Problem

Die Bilder vom Crystal-Opfer Shawn Bridges gingen um die Welt. Das billige Aufputschmittel machte ihn zum Pflegefall. In Deutschland sei Crystal aber keine Massedroge wie in den USA, sagen die DHS-Suchtexperten. In der Berliner Partyszene sei es ein Aufputschmittel unter vielen. Bild: AP

Jeder kennt die gruseligen Vorher-nachher-Bilder aus den USA: Sie zeigen entstellte, ausgemergelte Gesichter. Es sind Menschen, die ihren Körper jahrelang mit der synthetischen Droge Crystal vollgepumpt haben. Die Bilder haben die Droge weltweit bekannt gemacht. Seitdem berichten auch deutsche Medien regelmäßig Gruselgeschichten über die „Horrordroge“.

Für die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) handelt es sich dabei vor allem um ein Medienphänomen. Bei der Vorstellung des neuen Jahrbuch Sucht am Mittwoch warnte die DHS vor Hysterie: „Für jeden Einzelnen, der Crystal nimmt, ist das Risiko hoch. Aber in der Breite ist die Droge kein Problem“, sagte Gabriele Bartsch, Referentin für Grundsatzfragen bei der DHS.

Die Droge, die in der Szene "C", "Crystal", oder "Meth" genannt wird, ist eine hochwirksame Stimulanz auf Amphetaminbasis, ein Aufputschmittel, das in Europa vor allem in privaten Laboren in Tschechien billig hergestellt wird. „Die Droge passt ideal zu den Anforderungen der heutigen Zeit“, sagte der stellvertretende DHS-Vorsitzende Theo Wessel. „Immer schneller, immer länger und dabei immer besser drauf sein.“

Diese Wirkung sei mit Crystal zu erreichen, solange man sie gelegentlich konsumiere, sagte er. Neu ist Crystal aber nicht: Die Substanz ist seit Ende des 19. Jahrhunderts bekannt.

Laut DHS gibt es bislang noch keine aussagekräftigen Studien über die Verbreitung der Droge. Die Suchtexperten der DHS gehen aber davon aus, dass es sich um ein regionales Phänomen handele. In Berlin gebe es Crystal seit Jahren, sagte Bartsch. Die Verbreitung sei hier aber gering.

Betroffen sind vor allem die Länder an der Grenze zu Tschechien: Zumindest deuten die Zahlen des Bundeskriminalamts darauf hin: Fast die Hälfte der 2011 beschlagnahmten Gesamtmenge Methamphetamin von 40 Kilogramm wurde in Sachsen (17.61 kg) sichergestellt. In Bayern hat das BKA rund ein Viertel (11,74 kg) beschlagnahmt. Die restliche Menge entfällt vor allem auf Hessen, Nordrhein-Westfalen und Thüringen. In Berlin und Brandenburg waren es zusammen 482 Gramm. Laut BKA hat die Gesamtmenge bundesweit um 48,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zugenommen. Allerdings handelt es sich um eine Zunahme auf niedrigen Niveau. Zum Vergleich: Von Kokain wurden bundesweit 1.940 kg sichergestellt. So die letzten Zahlen für das Jahr 2011 des Bundeskriminalamts.

Bartsch erklärt das so: In Berlin sei Crystal in der Drogenszene nur ein Aufputschmittel unter vielen. „In Sachsen sieht der Markt anders aus.“ Dort sei es vor allem in den ländlichen Regionen viel schwieriger, an illegale Drogen zu kommen. „Crystal ist wegen der Nähe zur Grenze leicht zugänglich und billig.“

Tatsächlich hat die Anzahl der erstauffälligen Konsumenten der Droge zugenommen: Wurden im Jahr 2009 deutschlandweit 364 erstauffällige Konsumenten gezählt, waren es zwei Jahre später bereits 1.693. Gemessen an der Zahl aller erstauffälligen Konsumenten amphetaminartiger Substanzen erscheint die Zahl aber gering: 2011 waren dies 14.402 Personen.

Nicht sofort crystalsüchtig

Doch was ist dran an den Gruselgeschichten? Gehört Crystal nun zu den gefährlichsten Drogen? Crystal Meth sei sicher gefährlicher als jedes andere Amphetamin, sagte Bartsch. „Aber man wird nicht unbedingt sofort abhängig werden, wenn man die Droge nur zweimal konsumiert“, so Bartsch weiter. Regelmäßiger Konsum würde auf Dauer aber irreparable, kognitive Schäden anrichten.

Wird die Substanz gespritzt oder geraucht, sei das Risiko, abhängig zu werden, am größten. Diejenigen, die davon süchtig werden, würden meistens bereits im Vorfeld an einer psychischen Störung leiden, glaubt Bartsch. Die größten Schäden würden die Streckstoffe verursachen.

Die Hauptstelle für Suchtfragen geht davon aus, dass die Zerschlagung von Drogenlaboren wenig Wirkung habe. „Wenn ein Labor dichtgemacht wird, macht anderswo ein neues wieder auf“, sagte Wessel. Er forderte stattdessen eine bessere Präventionspolitik: „Wir brauchen eine gesetzlich abgesicherte Finanzierung für Prävention.“

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5 Kommentare

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  • N
    Nichtraucherschnecke

    Hallo TAZ :

     

    schreibt mal einen Artikel über die Morddroge TABAK.

  • RB
    Rainer B.

    Genau. Keine Panik. Auch Adolf Hitler war Pervitin-abhängig und es hat Ihm nicht geschadet. Den Soldaten hat man damals Crystal als "Panzerschokolade" in den Rucksack gepackt. Das Zeug macht einfach nur cool und erleichtert den 24-Stunden-Einsatz im Kriegshandwerk.

  • H
    Haha

    Klingt nach einem massiven Drogenproblem des Autors. Wer Crystal Meth schon mal in der Einleitung "Crystal" nennt um dann weiter im Text "Crystal" als üblichen Szenebegriff für Crystal Meth zu nennen, der ist besonders geil.

    Ansonsten klingt das nach dem üblichen Drogenverharmlosen welches seit den 70ern mehr Tote gefordert hat als der Vietnamkrieg.

  • MB
    Miriam Bierschiss

    Ein Blick in den Spiegel genügt zu sehen, was Alkohol anstellt. Aber trotzdem dürfen sich damit Studenten als Lohnsklaven der Dealer und sogar religiöse Kioske bereichern. Allgegenwärtiger Alkoholkommerz führt dazu, daß sich Millionen nicht mehr aus dem Haus trauen und Therapeuten ihnen auch noch dreist die Schuld an ihrer Sucht zuschieben.

  • W
    winni

    Meth ist Dreck, Herstellung, Reinheit und Konsumform sind Mist und machen das Zeug so wahnsinnig gefährlich.

     

    Gäbs das Zeugs in Tablettenform in der Apotheke (-> Pervitin) zu kaufen inkl. Risikoaufklärung und Beratung, wenn mans zu oft kauft, dann hätten wir ein sehr grosses Problem weniger. Wahlweise auch viele Probleme..

     

    Legalisiert das Zeugs endlich! Heinrich Heine ist ja auch nicht dran gestorben..

     

    Und die meisten Drogenkonsumenten sterben nicht an den Drogen oder den Begleiterscheinungen, auch nicht bei Meth! Das ist eine kleine Minderheit, die ohne Meth sich an etwas anderem ruiniert hätten.

     

    Die meisten Leute können gut mit Drogen umgehen und bekommen keine körperl./psychischen Probleme damit. Die hat man nämlich meist vorher und dann kommen die Drogen. Mit einer umfassenden Beratung und frühzeitigen Therapiemöglichkeiten in die der Verkauf eingebettet ist würde man das sehr schnell bemerken...

     

     

    Aber ist ja sowieso sinnlos sich darüber aufzuregen. Egak, zum Abregen trink ich jetzt erstmal eine Flasche Hochprozentiges. Dann sieht die Welt schon besser aus.^^